Fred Keil Formalisierungen Nr. 261 Aachen 2002 Identität und Nichtidentität Der Nutzen von Formalisierungen in mathematisch nicht vollständig erfaßten Bereichen, in Fragen der Philosophie und Kosmologie ist strittig. Russels Versuche sind wie die von Wittgenstein schwer zu bewerten. Indirekt dürften sie zu un- konventionellen Fragestellungen anregen. Ihr negativer Aspekt ist eine Ausrichtung der Gedanken auf identitätslogische Aussagen. Dennoch versuche ich das Formalisierungsproblem auch durch Erprobung von Formelsätzen zu präzisieren. Wenn hier mit einer allgemeinen Standartformel begonnen wird, ist dies nicht im Sinne der Begründung eines letzten und ursprünglichen Erkenntnisbausteins zu sehen, sondern nur ein Arbeitsanfang ohne Anspruch auf Ursprünglichkeit. a = a Der Grundsatz der Identitätslogik setzt eine Größe die sich selbst identisch ist. Mit ihm sind mehrere Aussagen möglich u.a: 1. In einer als objektiv verstandenen Welt von Dingen kann ein Ding vollständig als Objekt definiert werden. Es ist dann im Bewußtsein vollständig widergespiegelt. Vorausgesetzt wird, daß eine objektive Dingwelt möglich ist, die unabhängig von der Wahrnehmung durch das Subjekt existiert, und daß der menschliche Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozeß eine vollständige Widerspiegelung im Subjekt leistet. 2. In einer idealistisch aufgefaßten Welt sind alle Dinge für alle Subjekte gleich. Die Frage ihrer Objektivität wird auf Intersubjektivität reduziert, die im Subjekt sich konstruiert. Diese Intersubjektivität ist wie die Objektivität so beschaffen, daß ein bestimmtes Ding dieses bestimmte Ding ist. 3. In einer konstruktiv idealistischen Auffassung der Dinge sind diese vollständig durch ihre Produktion im Subjekt definiert, die in den Subjekten in einer bestimmten Situation immer gleiche Produkte hervorbringt. Das Subjekt konstruiert mit intersubjektiven Elementen ein Ding, welches den Objekten gleicht, aber produziert ist. Eine Maschine mit einer genau definierten Aufgabe wäre ein Modell für ein solches Ding. Diese Maschine würde von jedem Produzenten gleich produziert, denn nur dann, wenn sie gleich allen Maschinen produziert würde, könnte sie die genau definierte Aufgabe bewältigen. Aber es wären in dieser Produktion bestimmte Varianten möglich, die doch zur gleichen Lösung führen würden. Der konstruktive Ansatz ist eine Abkehr vom identitäts- logischen Grundsatz: a = a insofern er komplexe Zusammenhänge betrifft. Aber das nichtidentische Element wird vom positivistischen Verfahren wieder zugedeckt. 261/2 Hier die Formelsätze aus "Versuch der Totale 3" von 1992 "A produziert A 1. Dieses A 1 ist das was aus dem A geworden ist. Es enthält identische Momente, daher A, es enthält nichtidentische Momente, daher A 1. Der Ausgangspunkt allerdings, jenes A, muß selbst schon als A ungleich A verstanden werden. A ist bereits ein A 1. Es gibt streng genommen kein erfahr- bares A. A 1 ist aus verschiedenen Gründen bereits beim Auftreten kein A 1 mehr. Es ist sogleich wieder ein A 1 welches identische und nichtidentische Momente enthält. Es ist ein A 1 welches zum A 2 geworden ist. Dem A 2 widerfährt das gleiche wie dem A 1. Der allgegenwärtige Verwandlungsprozeß, anders: die Zeit zeigt sich in einer ständigen Entfaltung aller Elemente von einem A 1 zu A 2, zu A 3, A 4, A 5, usw. Aber auch dieses Modell verliert bald seine Relevanz. Das A 20 zum Beispiel könnte bereits derart entleert von identischen Momenten sein, daß es zu einem anderen Element sich gewandelt hat. Aus A wird B. A ist aber auch dann nicht zu definieren als A = B sondern A ist ungleich B mit identischen Momenten in seinem Entfaltungsprozeß. Setze ich dafür den Begriff Wachstum, so finde ich zugleich eine Formel für den Lebensprozeß: A 1 produziert A 2, A 3, A 4, usw.bis B und B 1. Dann geht es weiter, von B zu C usw." In anderen Zeichensätzen wäre a = a mit nicht- identifizierbaren variablen, also nichtidentischen Elementen: ? Also: a = a +? Ich nenne ihn den Satz der nichtidentischen Identität. Wenn das Ding generell, auch das einfachste denkbare Ding als komplexer Zusammenhang definiert wird, gilt der identitätslogische Satz a = a nicht. Er gilt aber in der Mathematik, sofern sie im definitorischen Rahmen ihrer Axiome verbleibt. Der Identitätssatz der Mathematik ist unter nichtidentischer Identität: a = a ist hier a = a+? - ? oder: a+? - ? = (a = a) Das ? steht für nichtidentische Elemente im Ding. 261/3 Der Prozess im Ding, also die bestimmte Zeitstrecke t bringt identische und nichtidentische Elemente hervor: a+? + t = a+?t a+?t + t + t + nt = ant (n steht für endlose Reihung) ant = a+n? + nt = a+n?t a ist daher als Ding im Prozess immer: a = a+n?t Da die identischen Elemente im Ding keine Reihung und Summierung zulassen, die nichtidentischen Elemente aber im Prozess sich summieren, entfernt sich a in der Zeitstrecke von a. a+? + t = a+n? oder a' das verwandelte a ist a' Also ist: a ungleich a a+?+t = a' aus a wird a' a = a' oder: a # a Die ständige Verwandlung und Verflüssigung ist die fünfte Grenzfunktion in den Modellen des Textes Nr.238. --- Die endlosen Rückspiegelungen: a' erscheint als a'2 in der ersten Spiegelung a'3 erscheint als a'4 in der zweiten Spiegelung usw. bis: a n' Dieses Phänomen tritt auf bei den Grenzbereichen der Erfahrung: kosmologische und mikrologische Grenzen u.a. --- Produktion Im Prozeß der Produktion ist nur Addition möglich. Das heißt alle nichtidentischen Elemente addieren sich den identischen. Sie überlagern identische Elemente bis diese zuletzt nicht mehr erscheinen. Analyse erfordert Subtraktion. Mit ihr werden Abstraktionen gebildet, die dem Additionsprozess der Identifizierung der Dinge in der Zeitstrecke entgegenwirken. Wenn die Subtraktion die nichtidentischen Elemente des a' vollständig ergreifen könnte, wäre eine Rekonstruktion des a zumindest als Modell möglich. Das technische System einer Maschine ist genau dieser Fall, aber um den Preis einer komplexen Produktion. Erst die weitere Analyse dieses Produkts, seine Zerlegung bis in die Funktionen ermöglicht Aussagen die dem a = a stark genähert sind. Die Wiederherstellung des a auf das einzelne Ding bezogen gelingt jedoch nicht. 261/4 Dieser dem a = a stark genäherte Analyseprozeß der technischen Produkte wird unbewußt und automatisch auf andere Wahrnehmungen und deren Interpretation übertragen. Der Darwinismus ist dafür ein Beispiel. Je mehr Technik im gesellschaftlichen Leben bestimmend wird, umso erfolgreicher ist die Modellerzeugung aus jener. Aber ebenso umso häufiger werden diese Erfolge in der Erkenntnis außertechnischer Bezüge vorausgesetzt. Das Ergebnis ist im Wortsinne lebensgefährlich. Das Aussterben der intellektuell hoch entwickelten Alt- bevölkerung Europas steht dafür. Der technische Produktionsprozeß: a = a - ax Die nicht benötigten Elemente von a werden als ax von a subtrahiert. a - ax = a" Diesem a" sind identische und nichtidentische Teile entzogen. Dennoch verbleiben nichtidentische Reste: a" = a"' Bei der Modellbildung des Prozesses wird: a"' - a' zu a" es nähert sich an dem a" = a" Dieses wird gesetzt als a = a in der mathematischen Operation. Eine möglichst fehlerfreie also dem wahrscheinlichen Zutreffen naheliegende Übetragung der Modelle auf neue komplexe Untersuchungsgegenstände wäre: a = a + ax (?") + ?' = a' Ausgeführt: dem formalen a = a wird das ausgeschiedene Element ax, welches den Gegenstand vom technischen Produkt unterscheidet zugeführt und es wird das nichtidentische Element ' berücksichtigt. Diese zwei Additionen: + ?" + ?' sind keine vollständige Synthese des a = a' weil das Nichtidentische unbekannt =? nur partiell und indirekt berücksichtigt werden kann. Daher steht am Ende der Modellübertragung ein: a = a' welches dem Ausgangssystem nicht deckungsgleich ist. a' # a' oder: a' = a'' 261/5 Also: a = a'- ax = a" = a"' techn.Produktionsprozeß a"' - a' = a" in M Modellbildung a" = a = a Modellübertragung in die Mathematik a = a + ax (?") + ?' = a' Die durchgeführte Modell- rückübertragung in die Realität. a' = a'' Wandlung des a am Ende der Rückübertragung. Das a hat also nichtidentische Elemente gewonnen und in Relation dazu hat die Bedeutung und Wirksamkeit der identischen Elemente abgenommen. a' im vollständigen Prozeß: a' + ' = a'' ___ Erkenntnis Erkenntnis ist als Produktionsvorgang immer zugleich technische Prozedur. Das zu untersuchende Objekt a wird zerlegt in Funktionen und Eigenschaften. Es folgen Subtraktion des ax: a : 10 = a1, a2, a3, a4, a5, a6, a7, a8, a9, a10. Die zerlegten Teile werden erprobt in Analogiefällen und reproduziert. Dazu werden einzelne a1, a2 usw. herausgenommen und in einer Versuchsanordnung synthetisiert: a1 + Elemente der Anordnung a1" + a2" usw. Die im praktischen Experiment erfolgreichen Anordnungen werden definiert, z.B a1" mit a2" usw. Die aus den verschiedenen Versuchsreihen erworbenen Kombinationen werden zu einem Modell M synthetisiert: M = a1" + a2" identitätslogisch M = a1"' + a2"' nichtidentisch. Das erprobte Modell wird zerlegt in Funktionen und Eigenschaften. Diese werden verglichen mit dem Ausgangs- gegenstand. Wenn das Modell M zutrifft, wird M aufgefasst als M = a. Der Vorgang a" + a' erfolgt nebenher, ist aber oft nicht als Problem erkannt und durchdacht. Die Stärke dieser Methode liegt in der technisch praktischen Über- legenheit der Erkenntnis und Produktion. Das Neue des technischen Produkts - und der praktizierbaren Erkenntnis, was zusammenfällt - summiert sich mit den menschlichen Fähigkeiten und verschafft eine Überlegenheit in der Auseinandersetzung mit konkurrierenden Wesen und Kräften. 261/6 Die Schwäche liegt in der Ersetzung des a"' durch M = a", mathematisch M = a = a. Sowohl der Modellcharakter des Denkens wie auch das aussortierte Nichtidentische fallen in je variablen Anteilen aus dem Bewusstsein heraus. Sie werden noch unbewusst berücksichtigt, weil ältere Schichten des Individuums weiter arbeiten, unterliegen aber nicht der Kontrolle der Erkenntnis im Steuerungszentrums. Betroffen von diesem Mangel sind in den Hochzivilisationen die nicht technisch-produktiven Bereiche. Es fehlen gesundes Verhalten, klare Fortpflanzung und langfristig stabile soziale Strukturen. Einfache archaische Gesellschaften sind umgekehrt technisch-produktiv schwach aber in elementaren Dingen lebenstüchtiger: stabile soziale Strukturen, Fruchtbarkeit. --- Das Reproduktionsproblem Das massenhafte Auftreten ähnlicher Strukturen im Kosmos wie es im Vorkommen der Wasserstoffatome sichtbar ist, kann derzeit nicht befriedigend erklärt werden. In Analogie zum Auftreten ähnlicher organischer Organismen, nehme ich an, daß die Wasserstoffatome durch Reproduktion entstanden sind. Die organische Reproduktion im identitätslogischen Modell ist: a + b = c - ? aus a - ? aus b = c (c = 2c,= 4c usw.) Wenn c ein neues Gebilde darstellt, dann entsteht 1c. Bei der Zellvermehrung entstehen 2c, 4c usw. oder: 2c, 4d, 8e usw. Die Subtraktion steht für die Ausscheidung. Hierbei sind a und b zwei Individuen, die ein drittes als c hervorbringen. Die Teilung bringt zwei differierende a hervor, also: a : 2 = 2a = a1 + a2 = b - ? aus a1 - ? aus a2 = b oder: a: 2 = a + b - ? aus a - ? aus b = c 261/7 Die Aussscheidung von Teilen des a und b weist auf unverträgliche Elemente hin. Im nichtidentischen Identitätsmodell ist für die geschlechtliche Reproduktion: a' + b'= c' - ? aus a' - ? aus b' = c' Die unverträglichen Teile aus a' und b' werden zugleich mit nichtidentischen Elementen dieser Teile ausgeschieden. Im identitätslogischen Modell wären keine unverträglichen Teile vorhanden. Die Vermehrung könnte additiv wie im mathematischen Modell ablaufen: a + b = c Dies ist nicht der Fall, die Ausscheidung weist zwingend auf nichtidentische Elemente hin. Die Vergleichbarkeit der Entstehung von Elementen mit der Entstehung von Organismen beruht in der Ausscheidung. Da die Entstehung der Wasserstoffatome unklar ist, kann die Fusion der Wasserstoffatome zu Heliumatomen herangezogen werden, von der einiges bekannt ist. Die Fusion: a1 + a2 = b setzt ? Teile von a1 und a2 als Energie frei. also: a1' + a2' = b' - ? aus a1' - ? aus a2' = b' --- Naturgesetze und Wille Schopenhauers Kritik an den Naturgesetzen ist noch immer gültig. Gesetze benötigen eine Fixierung und einen Mechanismus ihrer Durchsetzung. Im Kosmos gibt es dafür keine Hinweise. Sie sind Okultae, wie Schopenhauer sie nennt. Aber was sind die mit dem Begriff Naturgesetze bezeichneten Prozesse ? Schopenhauer sah darin den "Willen" einen universalen Willen, der zugleich sich im Einzelnen voll- ständig darstellt. Auch dafür gibt es keine Hinweise. Der Wille ist ein System des Lebewesens. Wenn elementare Prozesse Lebensprozesse sind, so enthalten auch sie ein Willenssystem. Willensaüßerungen sind: Ausdehnung, (Reproduktion, Stoffwechsel) Richtung (t) und Ziel (der nächste Reproduktionsschritt). Nach Nietzsches Worten: "Wille zur Macht". 261/8 Die Begründung von Naturgesetzen ist schwierig, weil sie gewissermaßen in der Luft hängen. Eine Speicherung im Kosmos und ein Durchsetzungsmechanismus sind nicht lokalisierbar. Wille ist dann begründbar wenn sämtliche Prozesse im Kosmos als Äußerungen von Lebewesen verstanden werden können. In diesem Fall sind die Mechanismen der "Natur- gesetze" im Lebewesen gespeichert und reguliert. Das Naturgesetz als Formelsatz: a gesetzt als a1 + U (Umwelt) = a2 ist: a1 + Ng (Naturgesetze) = a1 + Ng + U = a2 Wille als Formelsatz (wie: geschlechtliche Reproduktion) a' + b'= c' - ? aus a' - ? aus b' = c' b' steht für die beteiligten Teile der Umwelt c' steht für a' verwandelt = a'' Die geschlechtliche wie auch die nichtgeschlechtliche Reproduktion sind dem allgemeinen Stoffwechsel formal gleich. Sie führen zum gleichen Ziel: Wandlung und Erhaltung des a' in der Zeitstrecke t. Der Stoffwechsel ist die allgemeine Lebenstätigkeit des Willens. In ihm ist, je nach Ansatz der Definitionen, die Reproduktion ein Teil. Umgekehrt ist der Stoffwechsel Teil der Reproduktion. Der Wechsel des Ansatzes erfordert keine weiteren Formeln. --- Zerfallsreihen Radioaktive Elemente und organische Wesen haben eine Gemeinsamkeit, die Zerfallssequenz. Der Zerfall ist eine Rücksetzung des komplexen cn zu einem einfacheren a: c10 : b10 = a identitätslogisch und c'10 : b'10 = a' nichtidentisch Dieser Zerfall erfolgt in einer variablen Zeitstrecke c't10 : b't10 = a' Der Zerfall in einem belebten Kosmos ohne totes Material erfolgt durch konkurrierende Wesen oder durch die Entstehung nichtlebender Strukturen. Diese nichtlebenden Strukturen sind nur relativ totes Material, da die Zerfallsprodukte a'n selbst lebende Wesen sind. 261/9 Gesetzt die Entstehung nichtlebender Strukturen wäre erwiesen, so wären sie zusammengesetzt aus lebenden Wesen niedrigerer Stufen. Also z.B. Mineralien zusammen- gesetzt aus Atomen. Diese Atome wären im Zustand einer Mineralienanhäufung unter bestimmten thermischen Bedingungen vom Wachstumsprozeß vorübergehend abgesondert, bzw. ihre Aktivitäten sind herabgesetzt. Nichtlebende Strukturen sind in ihrer Aktivität herabgesetzte Ansammlungen lebender Mikrowesen. (Nietzsche hat gründlich geirrt, weil er Leben als Sonderfall eines vorrangig toten Materials angenommen hat.) --- Leibnitz Nach Leibnitz Theorie der Monaden sind alle Teile des Kosmos als lebendig aufzufassen. Demnach wären die einfachsten Teile: elektromagnetische Wellen, Photonen, Quarcks selbst Lebewesen. Tote Materie ist demnach ein Prozeß, in welchem die Elementarteilchen in einer Wechselwirkung nur Teile niederer Größenordnung, also Wärmewellen usw. ausscheiden, während beim organischen Wachstum höher- steigende Molekularverbindungen gebildet werden. Die chemischen Reaktionen stehen zwischen diesen Prozessen. In einer völlig belebten Welt ohne "Naturgesetze" ist Zerfall nur denkbar aus 1. Folgen von Konkurrenzkämpfen 2. als Folge eines Ausscheidungsvorganges, den die Lebewesen erworben haben um ein Reproduktionsintervall bilden zu können. --- "Sinn" des Reproduktionsintervalls Das Auftreten von "Lebenszyklen" bzw. Reproduktions- intervallen könnte erklärt werden als Reduktionsprozeß in dem nichtidentische Elemente reduziert werden. Nichtidentische Elemente nehmen in der Zeitstrecke zu, d.h. die Ausgangsstruktur a' verschwimmt zu a'' dann a''' usw. Wahrscheinlich ist die Umwandlung in ein lebensfähiges b, c usw. nicht unbegrenzt möglich, so wie eine Sandaufschüttung nicht unbegrenzt steil und hoch ausfallen kann. Die Erhaltung des a'erfordert in diesem Fall einen Reduktionsschritt, eine "Geburt". Der Lebensprozeß wäre eine Oszillation zwischen Zeitstrecken hoher Identität und niedriger Identität, zwischen a' und an'. --- 261/10 "Ursprung" Der Lebenskreislauf, der "Sansara" der indischen Philosophie ist unausdenkbar. Die Suche nach einem Ursprung führt daher immer wieder zu einer variablen Grenze und zu den Grenzfunktionen. Das früheste gedachte Auftreten eines Dings ist ein duales Ereignis, eine Paarbildung. a # a oder +a mit -a usw. Dennoch ist jedes "Letzte" selbst wieder komplex. Es gibt keine Möglichkeit ein Ding von geringerer Komplexität als ein anderes Ding festzustellen. Eine "Rangordnung" wie sie bei den Lebewesen gedacht wird in höhere und niedere ist im subatomaren Bereich sinnlos. Die einfachsten Bausteine, Quanten, Photonen, Elektronen, Protonen usw. sind nicht einfach oder ursprünglich zu denken, weil sie im Grenzbereich liegen. In ihnen werden deshalb wiederum die Grenzfunktionen "entdeckt", das heißt sie haben alle Merkmale anderer Dinge, u.a.: Reproduktions- intervalle, Dehnung, Schrumpfung, Wandlung, Reduktion usw. Ihr nichtidentischer Anteil ' wächst im Grenzbereich an auf: a = an? = a n' Das weitere Spekulieren führt zu den Rückspiegelungen, das heißt man findet Bekanntes vor in undeutlicher Form. --- Wachstum Wachstum ist Vergrösserung aller möglichen Richtungen. Die Tiere zeigen Grössenwachstum, später Flächenwachstum der Hirnrinde, Erhöhung der Reichweite des Einzelnen, Neuer- werbungen wie der aufrechte Gang, Wachstum der Hilfsmittel, Panzer beim Nashorn, Maschinen beim Menschen usw. Wenn sowohl im Mikrokosmus wie im Makrokosmos, auf der Ebene der Elemente wie der von Galaxien Wachsum ist, so dehnt sich das All ebenso aus wie die Atomkerne und Elementarbausteine. Im Kosmos ist die Ausdehnung bekannt im Elementarbereich werden erste Hinweise wie die Veränderung der Konstante Alpha ge- funden. Der thermodynamische Satz der Entropie wird dann nicht zum Wärmetod des Universums führen, wenn der Wachstums- prozess auf allen Ebenen vorherrscht. Die Lebewesen sind eigenständige Prozesse, die der Entropie entgegen gerichtet sind. Die Frage, was mit der Gravitation in der Zukunft geschehen wird, hat ebenso Einfluss auf die Frage des Wachstums. Sollten im Universum ebenfalls Reproduktions- zyklen wirken, so käme dies dem Modell des pulsierenden Welt- alls nahe. Daß Leibnitz die Belebtheit nur im Mikrokosmos als unendlichen Prozeß vermutet, dürfte Rücksichtnahme auf die Kirche gewesen sein. Entrophie ist möglicherweise nur 261/11 eine Phase in der Entwicklung des Alls, die beim Eintritt in eine entgegengestzte Phase nicht mehr vorherrschend ist. Nicht nur der Raum im Makrobereich wird gedehnt und schrunpft im Wechsel sondern sehr wahrscheinlich auch der Raum im Mikro- bereich. Es verschieben sich sämtliche Verhältnisse. Die Atome werden grösser, neue Gebilde könnten heranwachsen. Später schrumpft der Raum wieder und andere Wachstumsformen treten auf. Dichte ist unter diesem Gesichtswinkel nur relativ aufzufassen. Eine völlig gleichmässige Ausdehnung mit gleichbleibenden Proportionen ist vielleicht nur ein vorüber- gehender Zustand. Es stellt sich hier die Frage der physikalischen Konstanten. Sie sind wahrscheinlich alle nur scheinbar stabil. Sterne galten im Alterum als Fix-sterne. Längst sind ihre Bewegungen erkannt. Ebenso wird es der Lichtgeschwindigkeit und der Masse-Energie-relation ergehen. Alles ist im Fluß, manches aber so langsam, dass es nicht beobachtet werden kann. Der Prozeß a = a' - n? = a' ist universal. In Zahlenrelationen: 1 = 1,0001 + t = 1,0002 - ? aus 1,0002 = 1,00011 neuer Zyklus: 1,00011 = 1,00012 + t = 1,00021 - ? aus 100021 = 1,00012 usw. bei nicht gleichförmigen Zyklen z.B.: 1 = 1,0001 + t = 1,0002 - ? aus 1,0002 = 1,00011 dann: 1,00011 = 1,00013 + t = 1,00023 - ? aus 1,00023 = 1,00009 usw. Die nichtidentischen Anteile an a' können in allen denkbaren Zahlenrelationen auftreten. Wahrscheinlich ist a bei langperiodischen Prozessen in der Zeitstrecke t näher an a = 1 als bei kurzperiodischen. also z.B. a = 1 = 1,000 0001 = a' bei kosmischen Konstanten a = 1 = 1,1 = a' bei organischen Formbildungen Sowohl die Aufbau - wie die Abbauperioden sind variabel zu denken, eine Konstante auch hier nur vorübergehend anzunehmen. --- 261/12 Grenze und Rückspiegelungen Die Grenze subjektiver Wahrnehmung und Erkenntnis ist flexibel, sie dehnt sich zugleich mit dem Wachstumsprozeß aus. Da sie nicht starr ist oder aus einem Material besteht, macht sie sich in den Paradoxien und Grenzfunktionen bemerkbar. Die Nichtsschwelle zeigt sich darin, daß jenseits einer bestimmten Größe scheinbar ein Nichts entsteht. So jenseits des Universums, jenseits der kleinsten Zeiteinheit, jenseits der kleinsten Raumeinheit. Die Rückspiegelungen setzen in der Nähe der Nichtsschwelle ein und zeigen Strukturen die den bekannten gleichen, aber immer mehr verschwimmen. Die Nichtsschwelle liegt zwischen A und B. A ist bis zu einem Grenzwert nahe B noch erkennen, aber die bekannten Strukturen überwiegen umso mehr, je näher die Nichtsschwelle ist. Von A aus ist B bereits nicht mehr vorhanden, bzw. es gleicht scheinbar A. In Zahlen: A = 1,1 + t = 1,2 + t = 1,3 + t = 1,4 usw. bis 1,99999usw. dann die Nichtsschwelle bzw. B als a +n? = a' Die Erkennbarkeit von gegenüber A abweichenden Strukturen ist bei hoher Identität: a' = 1,0001 = a'+t = 1,0002 usw. besser als bei niedriger Identität: a' = 1,1 = a'+t = 1,2 usw. Um nahe an 1,9 also B zu kommen sind im 1.Fall 9999 im zweiten Fall nur 9 Schritte möglich. Je näher daher eine Struktur sich A = B angleicht umso weniger Objektivität ist zu erwarten. Nahe B also 2 ist eine verschwimmende Rückspiegelung des Subjekts zu erwarten und unmittelbar darauf die Nichtsschwelle. Die Vermutung, daß alle Elemente lebendig sind ist mit sehr weiten und vielen Modell-und Reflexionsschritten verbunden. Es muß sich eine Widerspiegelung des Subjekts A darstellen, aber die Beweiskraft ist sehr gering. Die Frage, ob eine wahre Aussage nahe der Nichtsschwelle wahr ist, weil sie A zurückspiegelt oder gerade deshalb falsch ist, kann nicht beantwortet werden. Beide Fälle sind möglich, es ist ein Paradoxon. ---