286 Afrikanische Wege Nr. 286 Fred Keil Aachen 2008 Als die Beiden am anderen Vormittag aufwachten, wurden sie von den Kindern bestürmt, weitere Mäuserennen zu machen. Die drei Ältesten traten zu den Beiden und meinten, die Kinder könnten doch von ihnen etwas lesen lernen. Berg fragte Korthaus, ob er noch einige Tage in der Oase bleiben wolle. Dieser antwortete:" Ja, ich könnte einige Tage Ruhe gebrauchen." " Machen Sie mit beim Unterricht?", fragte Berg. " Natürlich. Was halten Sie davon nach dem Unterricht Mäuserennen zu veranstalten." Berg meinte: " Versuchen wir es, vielleicht spornt es sie an mit uns zu lernen." Berg sagte daher den Alten. dass sie nach dem Frühstück und nach der schlimmsten Mittagshitze mit der ersten Unterrichtsstunde anfangen würden. Dann gingen sie zu den Anderen und frühstückten am langen Tisch, jenem Brett am Boden, das sich so gut zum Mäuserennen eignete. Als die Sonne hochstieg, legten sich die Bewohner in den Schatten. Berg und Korthaus suchten sich ein schattiges Plätzchen unter einer Palme. Berg sprach zu Korthaus: " Es ist gut auszuhalten hier. An den Tanz habe ich mich nun gewöhnt, auch an die neue Geschäftsführung in Hamburg, an Müllers Hubschrauber, - ich fühle mich schon ganz als Privatier. Ich habe mich auch an den Sand, das Nicht-tun, die Leere, die Pallaver und Besäufnisse gewöhnt." Korthaus antwortete: " Aber woran haben Sie sich nicht gewöhnt ?" Berg erwiderte: " An diese Art Höhle, die durch das ständige Zusammensein Aller mit Allen gebaut wird. - Ich weiss, sie sind so schwer und einsam, dass sie sich mit Jedem und Allen zu jeder Stunde vergewissern müssen, dass sie nicht allein sind." Korthaus meinte: " Könnten sie vielleicht etwas europäische Verlogenheit gebrauchen, den Selbstbetrug, die Selbstverwirklichung, die Individualität usw.?" Berg meinte: " Selbst gesetzt, es wäre möglich davon etwas nach hier zu importieren, was wäre das eine trostlose Wiederholung des europäischen Alptraums." Sie zogen sich spät in der Nacht, als alle schliefen, zu einem Spaziergang vor die Oase zurück. Sie gingen hinaus in die trockene einsame Savanne, besprachen ihre Ziele und Ziellosigkeiten, die möglichen und nie zu findenden Wege zwischen dem tieferen geistigen Europa und dem noch viel tiefer liegenden Vulkan der afrikanischen Seele, der die heitere Oberfläche brauchte, so wie Europa seine Hölle. In einer der folgenden Nächte sagte Korthaus zu Berg: " Wir sind an einer durch und durch ästhetischen Aufgabe angelangt: Im Heterogenen zum Paradoxon zu finden, zum ästhetischen Höhepunkt und Artefakt."Berg meinte: " Das trifft es wohl, - nirgend treten die Widersprüche stärker hervor, als in dieser zukünftigen europäisch afrikanischen Legierung, die nicht möglich erscheint. Der Unterricht der Dorfkinder verlief spielerisch mit Mäuse- rennen, Wettgraben, Wasserträgerlaufen und anderen Spielen. Berg und Korthaus wollten die Eigenarten der Mentalität dieser Kinder erhalten und ihnen die wichtigen Dinge der Sprache und des Rechnens spielerisch beibringen. Die Kinder mochten die beiden Alten. Berg nannten sie "Grossbrummbrumm" und Korthaus war der "Stopbrummbrumm", weil dieser schon einigemale dabei erwischt worden war, wie er durch vorgetäuschte Fehler am Motorrad die Runden- fahrerei gestoppt hatte. In der späten Nacht als alle schliefen, gingen Berg und Korthaus in der Savanne spazieren. Berg sagte: " Ich beginne die Dinge anders zu sehen. Die Kunst steht an einer anderen Stelle, als ich es gedacht habe. Im Gegensatz zu den Spielen ist sie eine individuelle, einsame Sache. Coubertin hatte recht, die Verbrüderung der Völker und Nationen im Spiel, im Wettkampf und in der Fairnis zu sehen." Korthaus fragte: " Ist Ihnen das neu ?" Berg antwortete: " Natürlich nicht, aber es trennen Welten zwischen der Kunst als ästhetischer Höhepunkt und den individuellen Artefacten. Und es trennen ebenso Welten zwischen den Spielen und Wettkämpfen einerseits und den ästhetischen Erlebnissen unserer Reisen andererseits." Korthaus fragte:" Und wo liegt für Sie nun der Schwerpunkt ?" Berg meinte:" Wissen Sie, es irritiert mich, dass dieser Kontinent spielt ohne zu spielen, ästhetisch lebt ohne um die ästhetischen Höhepunkte zu wissen." Korthaus sah die Verwirrung, in die Berg geraten war, seit sich die Beiden auf das afrikanische Leben eingelassen hatten. Er sagte spontan:" Aber das ist doch völlig einfach." " Einfach ?", fragte Berg. Korthaus antwortete: " Aber ja, wir machen einfach alles. Das was gebraucht wird, hat Bestand. Sehen Sie die UNO, Ich bin sicher, dass sie ohne Coubertin nicht entstanden wäre. Und obwohl die künstlerischen Wettbewerbe nicht in den Olympischen Spielen integriert werden konnten, die Kunst sozusagen unsichtbar in den Veranstaltungen heimisch geworden ist, hat er doch alles erreicht. Die Menschheit beginnt zu entstehen." Berg überlegte und schwieg. Schließlich, als sie an der Oase wieder angelangt waren, sprach er:" Mm, sie haben es getroffen. Machen wir also auf allen Ebenen weiter. Im Grunde haben wir es von je so gewollt: Hier die Philosophie, dort die Wirtschaft, wieder an anderer Stelle die Politik, - und nicht zuletzt Ihre Liebesgeschichten. Dabei lag ein feiner ironischer Unterton in seiner Stimme. Da die Regenzeit nahte mussten Berg und Korthaus ihre Reise in den Norden fortsetzen oder aber bis zum Ende der Regenzeit in der kleine Oase bleiben. Sie beschlossen weiter zu fahren. An einem Vormittag landete der Hubschrauber neben der Oase, brachte Benzinzusatztanks, Wasserbehälter und Lebensmittel für die Weiterfahrt und einige Kanister für die Dorfbewohner um in der Regenzeit Wasser sammeln zu können. Der Abschied war nicht leicht für alle, es wurde getrommelt und getanzt als die Beiden davon fuhren. Wie es vorauszusehen war, gerieten die Beiden in einen Sand- sturm. Sie bauten mit ihren Motorräder und Stangen sowie den Planen einen Unterstand, der sie einigermassen schützte. Es dauerte fast den ganzen Tag, bis sie weiterfahren konnten. Dann gechah etwas Merkwürdiges, der Kompass fiel aus und es kam keine Telefonverbindung mehr zustande. Das war bei bestimmten Wetterlagen nicht selten. Sie fuhren nach dem Sonnenstand weiter, aber es war eine ungewisse Sache, da der Himmel von Staub verhangen war. Sie kamen an den Rand einer Schlucht, in deren Mitte ein kleiner Fluß war. Antilopen weideten auf dem schmalen Wiesensaum und Flußpferde lagen im Wasser. Berg schlug vor hinab zu fahren und am anderen Ende der Schlucht wieder hinauf zur Hochebene zurück zu kehren. Sie fuhren hinab und gelangten zur anderen Seite der Schlucht. Aber es waren nur Sanddünen, die nicht auf ein Hochebene führten sondern in ein welliges Sandtal, welches wiederum zu Dünen führte. Das kam den beiden Fahrern merkwürdig vor. Sie fuhren in die Dünen hinein und befanden sich unverhofft am Strand eines Sees oder sogar Meeres. Es war aus ihrer Position nicht das Ufer der Gegenseite zu sehen. "Ist das der Tschad See ?", fragte Korthaus. Berg meinte: " Ich kann es nicht glauben. Wir sind noch etwa 1500 km davon entfernt, und das Ufer hier gleicht mehr der Küste eines Meeres. Hier sind keine Ablaufrinnen, keine Schlick- reste. Und dann diese Wellen. - Aber wir können doch an gar keinem Meeresstrand sein." Korthaus sah ebenfalls erstaunt zum Meer, welches nun auch Wellen zeigte, typisch für den Atlantik oder das Mittelmeer. Es war nicht ein See, schon gar nicht der Tschadsee, dessen Ufer in Savanne übergingen. "Wissen Sie woran es mich erinnert?", fragte Korthaus:"An die Küste bei Bordeaux, Sanddünen, die bis zum Wasser reichen und Wellen, wie sie vom frischen Wind erzeugt werden. Der Tschadssee ist meist spiegelglatt mit sehr flachen Ufern und einem weit hinaus noch sichtbaren Grund. Sehen Sie hier, das Wasser wird schon bald tief. Die Farbe wird dunkelgruen. Es ist jedenfalls tiefer als die wenigen Meter, die der Tschadsee hat." Berg erwiderte: " Wenn es nun kein Binnensee ist, was dann ? Und wie kommen wir hierher." fragte Berg. Zunächst fanden die Beiden keinen Grund für diese Landschaft. Daher kam Korthaus zu der Frage: " Halten Sie es für möglich, dass hier ein Fiebertraum vorliegt ?" Berg antwortete: " Möglicherweise, aber wenn die Farben und Gerüche Ihnen vollständig bewusst sind, träumen Sie nicht. Vielleicht gibt es noch weisse Flecken, unerforschte Gebiete, die wir zufällig gefunden haben. Warten wir, bis eine Telefon- verbindung zustande kommt. Der Test fiel negativ aus, allerdings aus einem ganz anderen Grund, als denen die Berg und Korthaus vermuteten. In Abidjan war im Kontrollzentrum der Sender für die besondere Handyverbindung beschädigt, die für den Fall vorgesehen war, dass die Beiden ausserhalb der Reichweite der afrikanischen Handynetze gelangen würden. Müller und seine Helfer bemerkten den Schaden nicht, er war nicht leicht zu entdecken, denn der Sender sendete, nur eben viel zu schwach. Müller suchte die Beiden mit der Satelliten- kamera. Dies blieb zunächst erfolglos, da die Luft noch durch die Wirbelwinde verstaubt war. Berg stellte die Vermutung an, sie würden vielleicht in eine Art von Zeitverschiebung geraten sein, verwarf das aber wieder als zu phantastisch. Das Benzin reichte noch für etwa 100 Kilometer. Sie fuhren deshalb am Ufer entlang in Richtung Norden. Die Landschaft war geprägt von Wiesen und einzelnen Bäumen. Sie sahen Antilopenherden und Krokodile. Berg schlug vor, das Wasser zu untersuchen. Es war klar und sehr kalt. Sie fanden sehr wenig Leben darin. Deshalb meinte Korthaus: " Das Wasser gehört vielleicht zu einem neu entstandenen See. Die Abwesenheit von Muscheln, Quallen, Krebsen und Algen spricht dafür. Während sie am Ufer entlang fuhren, sahen sie am Horizont Berge auftauchen. Als sie näher heran kamen sahen sie eine Steilwand. Sie fuhren noch näher heran. In der Steilwand waren Löcher, Fensterhöhlen vielleicht. Sie fuhren weiter heran. Nun wurden auch Treppen, die in den Fels gehauen waren, sichtbar. Sie sahen keine Menschen und keine Tiere. Alles wirkte ausgestorben. Korthaus schlug vor, die Fragen nach den Ursachen dieser Erscheinungen und der Situation, in die sie geraten waren hintenan zu stellen und sich zunächst nur mit der Aufnahme der Eindrücke zu befassen. Er sprach: " Wenn wir es mit einem unbekannten Zeit- oder Raum- phänomen zu tun haben oder mit den Folgen eines Fieber- traums oder gar eine Art Todeskampf führen, so hilft uns die Untersuchung dessen ebenso wenig weiter als wenn wir sie später machen. Aber wir versäumen die möglichen Entdeckungen. Die buddhistische Methode der Versenkung in die Beobachtung, dieses "Beobachter und Beobachtetes sind eins", ist vielleicht eine grosse Möglichkeit, ein ästhetischer Artefakt." Sie stellten die Motorräder an einen Baum und gingen an die Felswand heran. Die Höhlenöffnungen und die Treppenaufgänge waren offensichtlich für kleine Menschen gemacht. An einer Stelle der Felswand waren viereckige Löcher eingehauen, die möglicherweise Tragebalken für ein Dach aufgenommen hatten. Behutsam gingen sie die kleinen Steinstufen etwa 10 Meter nach oben und kamen an einer Höhlenöffnung an, die etwa 1.50 Meter hoch und 80 Zentimeter breit war. Bearbeitungs- spuren von offenbar groben Werkzeugen waren zu sehen. Berg meinte:" Das erinnert mich alles an die steinzeitlichen Höhlen in Südfrankreich." Der Eindruck verfestigte sich, als sie oben ankamen und in die Höhle hinein gingen. Die Höhle war unförmig und in den Wänden mit eingehauenen Nischen versehen. Reste einer einfachen Feuerstelle und ein Durchbruch zu einer weiteren Höhle fanden sie kurz darauf. Diese Höhle hatte an der Rückseite eine Steinplatte, die eine ungefähr gleichförmige Dicke von 10 cm, eine Höhe von 60 cm und eine Breite von 70 cm hatte. Berg schlug vor, die Platte nach vorn zu kippen um nachzusehen, ob etwas damit verdeckt worden wäre. Die Beiden kippten die Platte etwas nach vorn und sahen ein Loch in der Wand. Sie schoben die Platte mit Mühen zur Seite und sahen in das Loch hinein. Es war eine weitere Höhle. Berg leuchtete mit seiner Taschenlampe hinein. Sie sahen Schutt und undefinierbare Dinge am Boden. Sie krochen durch das Loch in die Höhle hinein. Es lagen bergeweise Knochen aufgehäuft. Sie hatten eine Bestattungsstätte gefunden. Korthaus fragte: " Sehen Sie den Lichtschimmer gegenüber ?" Berg antwortete: " Ja, lassen Sie uns herausfinden, wo er herkommt." Sie gingen zu der Stelle des Lichtspaltes. Das Licht kam neben einer Steinplatte durch, die an der Wand stand und nicht dicht schloss. Wie schon bei der ersten Platte, schoben sie den Durchbruch frei. Das helle Sonnenlicht, das herein- fiel, liess sie blinzeln. Als sie sich etwas daran gewöhnt hatten, fanden sie sich in einer Felswand wieder, die unter ihren Füssen 50 Meter hinab reichte. Im Tal, das sie unten sahen, waren Wiesen, Holzhäuser, ein Fluss und Menschen. Die Beiden sahen sich fragend an. Gleich neben dem Durchbruch ins Freie war eine schmale Treppe in den Fels gehauen, die nach unten in einen Hof führte. Die Beiden gingen hinunter und kamen im Hof hinter einem runden Steinbau an. Er hatte kleine quadratische Fenster und eine Türöffnung ohne Tür. Sie gingen hinein und kamen in einen Raum, der auf der anderen Seite wieder eine Türöffnung hatte. Der Raum war leer und wirkte unbewohnt. Sie sahen nach draussen auf die Strasse. Viele Leute gingen dort teils hektisch teils lamgsam hin und her. Sie hatten eine hellbraune Hautfarbe, trugen ockerfarbene Gewänder, ihre Haare waren schwarz, einige blond, die Gesichter wirkten indianisch. Einige afrikanische Menschen waren auch dabei. Die Leute beachteten die beiden nicht. Korthaus sprach:" Haben Sie auch den Eindruck. dass man uns nicht wahrnimmt ?" "Ja, es scheint so, als wären wir nicht da. Ich probiere mal etwas aus", antwortete Berg. Als ihnen kurz darauf zwei Männer entgegen kamen, grüsste Berg sie, indem er den Kopf neigte und :"Guten Tag", sagte. Die Beiden sahen ihn an und grüssten ebenfalls mit einem Kopfnicken und sagten so etwas wie das englische: "Good morning".Berg meinte nun: " Also sie sehen uns, das erleichtert mich etwas. Wir leben nicht in einer Halluzination und werden daher auch nicht im Wüstensand liegen und Fieberträume haben." Korthaus meinte: " Einerseits ist es auch beunruhigend, ein wahnsinniger Wach- traum kann auch gefährlich werden." Korthaus schlug vor, bei der ersten Gelegenheit mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, da sie möglicherweise englisch verstehen können. Berg fragte Korthaus:" Was meinen Sie, welche Fragen sie verstehen werden ?" Korthaus meinte: " Vielleicht fragen wir nach einer Poststation. Nachrichten werden überall übermittelt." Korthaus meinte: " Lebensmitteltransport wäre auch gut, das gibt es schon in der frühen Steinzeit. Sie gingen die Strasse hinab. Der Boden aus festgetretenem Lehm wurde abgelöst durch eine helle Teerdecke. Die Hütten verschwanden. Es gab nun Fachwerkhäuser, dann Steinhäuser, die stilistisch in die Zeit des achtzehten Jahrhunderts passten, aber schlichter ausgestattet waren. Je weiter sie gingen, umso mehr überwog das städtische Element in der Landschaft. Die Strasse wurde breiter, der Verkehr mit Karren, Ochsengespanne und Pferdewagen dichter. Es gab bunte Schilder an den Geschäften. Die Buchstaben erinnerten an phönizische Schrift. Technisch befand sich die Stadt vom ersten Eindruck her etwa im frühen achtzehnten Jahrhundert. Sie sahen gegenüber vor einem Gemüseladen einen jungen Mann, der versuchte einer Frau ihre Einkaufstüte wegzunehmen. Die Frau schrie, hielt die Tüte fest, der junge Mann riss verbissen daran. Nun kamen wie auf Verabredung gleichzeitig Passanten gelaufen, die den Mann von der Frau wegzogen, ihn beschimpften ud dann laufen liessen. Die Frau sass am Boden und ordnete ihre Tüte. Die Passanten zerstreuten sich. Korthaus sprach zu Berg: " Diese Gleichzeitigkeit des Eingreifens wundert mich, als ob es geübt worden wäre." Berg meinte: " Eine ungewöhnlich hohe Stufe der Zivilisation." In der Häuserzeile war eine Lücke. Der Eingang führte zu einem Park. Dort waren Bänke. Auf einer davon nahmen sie Platz. Korthaus meinte: " Das ist offensichtlich eine Mischgesellschaft einer Zeit kurz vor der technischen Revolution, eventuell noch ohne Dampfmaschinen. Wieso ist sie nicht entdeckt worden ?" Korthaus antwortete: " Vielleicht erfahren wir es später. Es wäre interessant, ob diese Menschen unsere gegenwärtige Welt kennen. Es ist mehr als merkwürdig, dass die Satellitenkontrolle sie noch nicht bemerkt hat, und dass wir keinerlei Funkkontakt mehr haben, kaum zu verstehen." Berg sprach: " Vielleicht kennen sie uns und verbergen sich. Welche Möglichkeiten gäbe es, nicht von Satelliten entdeckt zu werden ?" Er antwortete sich selbst:" Gar keine. Was wiederum die Frage aufwirft, ob wir in einer realen Welt leben oder einen Fiebertraum in der Wüstensonne durchleben." Korthaus meinte: " Ich bin sicher, dass wir real hier sind. Alles passt: Geruch, Farben, Druck auf der Haut, Motorik usw. Das kann nur real sein. Es gäbe aber einige physikalische Möglich- keiten." Berg sah Korthaus gespannt an. Dieser sprach weiter:" Nehmen wir einmal, alles ist real. Wir sind hier, dieser Erdenfleck ist nicht von Satelliten aus sichtbar, die Leute kennen unsere Welt nicht. Dann gäbe es mindestens zwei Richtungen der Hypothesenbildung. Die eine wäre: Wir sind durch einen Reisekorridor auf einen anderen Planeten gelangt. Wir könnten das untersuchen und feststellen. Die andere wäre: Wir sind in einen anderen Zeitraum versetzt, entweder in einen der relativ zu unserer Gegenwart in der Vergangenheit liegt, oder einen der in der Zukunft liegt." Berg meinte:" Das ist alles sehr unwahrscheinlich. Ich wüßte aber noch eine weitere Möglichkeit-" Korthaus fragte: "Die wäre ?" Berg antwortete: Wir befinden uns nicht auf einem anderen Planeten und nicht in einer Vergangenheit oder Zukunft, sondern in einem Mikrozeitabschnitt, der vielleicht auf unserer Welt nur einige Nanosekunden ausmacht. Das würde manches Problem lösen oder gar nicht aufkommen lassen." Korthaus sagte: " Ich bin gespannt." Berg fuhr fort: " Die Planetenreise kollidiert mit allen unseren meß- baren Zusammenhängen. Ich halte das für äusserst un- wahrscheinlich." Korthaus nickte zustimmend. Berg fuhr fort: " Die Vergangenheit ist wie die Zukunft Projektionsgebilde, und was die Vergangenheit angeht, Verwertung von Material- sammlungen. Wenn aber die Trennung zwischen unserer Gegenwart und dieser Welt real ist, bleibt nur noch ein Gegenwarts- phänomen, eine Zeitveränderung ohne eine Material- oder Raumveränderung. Eine Zeitstreckung ist unwahrscheinlich, das würde dem Energierhaltungssatz widersprechen. Eine Schrumpfung wäre denkbar. Das heisst, Müller in Aberdjan müßte für diesen Ort, falls er ihn gerade im Visier der Meßgeräte gehabt hätte, einen Lichblitz oder eine andere elektromagnetische Schockwelle gemessen haben, die aus der Energie hergerührt hatte, die wir freigesetzt haben durch den Eintritt in den mikrokurzlebigen Augenblick." Korthaus meinte: " Wir sind also in jedem Falle aus unserer Welt endgültig raus." Berg meinte: " Ja, bestimmt." Ein alter Mann, gekleidet mit einer Toga, ging vorbei. Korthaus stand auf und sprach ihn an. Es zeigte sich, dass er englisch verstehen und sprechen konnte. Korthaus stellte sich zu den Beiden. Berg fragte: " Wir sind Reisende von der Atlantikküste. Wir haben uns verfahren und sind durch Höhlen in der Felswand hier hin gekommen." Der Alte sprach: " Sind Sie aus Numidien oder Neurom ?" Berg antwortete: " Von der Südküste. Haben Sie Verbindung zu Rom?" Der Alte antwortete: " Wir sind in einer merkwürdigen Situation. Hier waren vor Jahren Engländer, die zur Zeit der Römischen Republik noch kein englisch sprachen. Sie sagten uns, dass wir in einem anderen Zeitrahmen leben, weil es Rom in seiner bekannten Weise nicht mehr gibt. Der Mittelpunkt läge heute in London und Paris. Wir haben es nicht völlig verstanden. Aber wir haben das Englische übernommen, weil es praktischer ist. Die "Engländer" sind bereits verstorben." Nun sprach Korthaus: " Wissen Sie welche Wagen und Schiffe die Engländer hatten ?" Der Alte antwortete: " Er sprach von Schiffen, die mit heissem komprimierten Wasserdampf angetrieben werden und von Metallbrücken. Wir denken, dass wir eine Entwicklung versäumt haben, die welt- weit stattgefunden hat, nur nicht hier." "Also sind Sie isoliert worden von der Welt." fragte Berg. Der Alte erklärte:" Völlig unfreiwillig. Wir kommen aus diesem Tal nicht mehr heraus." Korthaus fragte: " Haben Sie versucht rauszukommen ?" "Ja, mehrere von uns. Sie verschwinden und kommen nicht wieder." Korthaus fragte Berg: " Was meinen Sie, ist mit ihnen passiert ?" Berg antwortete: " Ich habe keine Idee. Wenn irgend etwas von unserem physikalischen System übrigbleibt, was auch hier gilt, müsste es mit dem hiesigen kollidieren. Auflösung ist das Wahrscheinlichste." Korthaus meinte: " Wir haben unseren Eintritt überlebt, die Engländer auch." Berg sagte:" Ja in dieser Richtung ist es denkbar, denn es wird vielleicht ein Energieüberschuss abgebaut, aber wieder herauszukommen, woher sollte die Energie genommen werden, die wieder hinein muss ?" Korthaus meinte: " Ich denke wir müssen noch mehr untersuchen." Er fragte den Alten:" Gibt es eine Bibliothek." Der Alte antwortete: " In der Nähe, ich bringe Sie hin." Als die drei die breite Strasse weiter gingen, sahen sie einige Leute mit modernen Kleidern. Sie trugen Hosen und Jacken, die denen ähnlich sahen, die in den Städten des frühen achtzehnten Jahrhunderts getragen wurden. Daher fielen die beiden Reisenden nicht besonders auf. Die Bibliothek war ein Sandsteingebäude im Stil des frühen dorischen Griechenlands. Aber genau besehen waren auch fremde Stilelemente in der Fassade eingebaut worden. Sie wurden am Eingang von einem Mann empfangen, der die Aufsicht führte. Die Räume waren mit Regalen versehen, in denen Schriftrollen und Bücher gelagert waren. Sie stöberten einige Stunden herum.Ein grosser Teil war mit Keilschrift oder einer noch älteren Schrift beschrieben, soweit das in der Kürze zu sehen war. Berg entdeckte eine Tafel mit den Zeichen jener Bewohner, die vermutlich als Atlantinen auf den Azoren gelebt hatten. Die Überraschung war gross. Es stellte sich aber heraus, dass den Bewohnern dieser Stadt die Entzifferung dieser Zeichen nicht geglückt war. Es waren also Zweifel angebracht, ob es sich um Nachfahren der Atlanter handeln würde. Gegen Abend wurden sie zu einem Hotel gebracht. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Pariser Hotel, das Berg schon kannte. Als die Beiden allein im Zimmer waren, sagte Berg: " Es stimmt etwas nicht. Wir haben es hier nicht mit irgend- einer Realität zu tun. Es tauchen immer mehr Elemente aus meiner Erinnerung auf. Es ist, als ob diese Welt nur in mir selbst wäre, ein Ich als Welt." Korthaus war erleichtert: " Dann kommen wir auch wieder zurück. Ich denke wir haben es mit dem gleichen Effekt zu tun, den ich bei der Venus- landung bemerkt habe: Eine gleichmäßige Verfremdung der Wirklichkeit, eine Art Ichfärbung." Berg widersprach: " Nein, da sehe ich anders. Es ist nicht die Realität ein Innenteil des Ichs, sondern das Ich ist in der Realität." Korthaus meinte:" Sie sind wieder ganz der Alte. Was halten Sie denn von einer durch Drogen bedingten Veränderung ?" Berg antwortete:" Das wäre möglich, es würde auch weder Ihnen noch mir eine Lösung der philosophischen Rätsel bringen. Wir hätten beide Recht." Korthaus sprach: "Der Gedanke ist eine Untersuchung wert." Berg meinte: " Haben Sie schon eine Idee wie wir es anfangen ?" Korthaus sprach:" Wenn wir unter Drogen stehen, kämen LSD Verwandte am Ehesten in Frage, denn es gibt keine emotionale Aufwallung." Berg sagte: "Es müßte eine Dauervergiftung sein, in der Luft oder dem Wasser gelöst, denn sonst wären wir schon wieder nüchtern." Das Leben der Beiden verlief fast normal. Der alte Mann, der sie begrüsst hatte, hiess sie als seine Gäste willkommen. Der Zahlungsverkehr wurde von ihm übernommen. Die Bewohner zahlten mit Münzen. Aber die Frage, wo sie sich befinden könnten, blieb immer noch unlösbar. Die technischen Details der Gesellschaft passten zu einer vorindustriellen Manufakturindustrie. Als sie am anderen Morgen in die Bibliothek gingen, war Rebard, so hiess ihr Gastgeber, schon da. Er bat sie in einen kleinen Raum, wo sie an einem Tisch Platz nahmen und Tee bekamen. Rebard begann: " Kennen sie die Einheiten der Genarden ?" Berg und Korthaus verneinten. Rebard nahm ein Stück Papier und einen schwarzen Kohlestift. Er zeichnete einen Kreis, der an einem Punkt eine Verdickung hatte. Berg meinte es wäre ein Elektron. Deshalb machte er von der Verdickung ausgehend eine Kreis- bewegung mit dem Zeigefinger. Rebards Gesicht hellte sich auf. Er zeichnete einen zweiten Kreis der den ersten durch- schnitt. Wiederum dachten die Beiden an ein Elektron. Nun aber machte Rebard eine Ellipse, übertrug das bisher Gezeichnete auf ein neues Blatt, zeichnete aber den zweiten Kreis nun ebenfalls elliptisch. Damit war die Analogie zum Elektron unbrauchbar geworden. Nun bat Korthaus um ein Blatt. Er zeichnete ein Atomodell mit zwei Kernbausteinen und zwei Kreisen mit Verdickungen als Elektronen. Rebard wusste, was gemeint war.Er sagte: " Ihr Modell ist etwas anderes, es die Mikroebene, die wir mit der Grösse 8 bezeichnen. Mein Modell ist nicht real. Es zeigt nur einen Zusammenhang im Prozess. Es ist die Mikroebene mit der nicht schreibbaren Zahl." Nun erklärte Berg das Atom Demokrits, dannach das moderne Atommodell, welches aus Elementarteilchen besteht. Rebard verstand es sofort. Es dauerte einige Stunden und bedurfte vieler Zeichnungen, bis die Untschiede der beiden Vorstellungswelten für alle verständlich wurden. Es gab bei den Einheimischen kein statisches Modell. Alle standen für einen Prozess in der Bewegung. Scheinbar war ihnen der Begriff der Materie nicht so wichtig. Es zählten Abläufe in der Zeitstrecke, deren Elemente selbst Abläufe vetraten, die wiederum andere Abläufe darstellten. Es glich den unendlichen gegenüberliegenden Spiegelbildern. Als Korthaus und Berg am Abend allein im Speisesaal des Hotels sassen, sagte Korthaus: " Die Einheimischen kennen offensichtlich noch sehr viel mehr Mikroebenen als wir, unterhalb der Quarcks noch weitere strukturierte Welten. Das erinnert mich an Leibitz, der in jeder Monade wieder ein Universum vermutete und in jeder Monade dieser kleinren Welt wieder ein Universum und so immer fort." Berg meinte: " Ja. Es geht noch weiter. Die Zeit könnte ebenso in Mikro- zeitpunkte zerlegt gedacht werden. Es wäre unausdenkbar viel Platz in einem solchen Universum. Nach den Übelegungen, die aus unserer Kosmologie folgen, wäre das für uns ohne Konsequenzen, denn der Abbruch der Wechselwirkungen, der unausweichlich eintritt, entspricht dem Nichtsein der tieferen Mikrostrukturen." Korthaus erwiderte: " Ja, der Abbruch der Vermittlungen neutralisiert die Auf- lösung ins Kleinste nach einigen Abwärtsstufen hinab. Aber das gilt möglicherweise nicht hier in der Kosmologie der bewegten Strukturen." Berg griff das auf: " Die Einheimischen sehen in den Bewegungsstrukturen das, was wir Sein oder Substanz nennen. Unsere Dingewelt ist ihnen nur eine Art Stützgeflecht ohne Antrieb, Kreation oder Energie. Man könnte versucht sein, den Geist-Materie Gedanken des Mittelalters einzubringen. Aber sie betrachten die Bewegung nicht als eine mystische Macht sondern als exakt definerbar und komplex. Wenn wir ein bipolares Modell nehmen würden, in dem wir die Materie als ein Gerüst, die Bewegungen als den Prozess und die Struktur des Universums sehen, kämen wir den Ausführingen Rebards nahe." Korthaus antwortete: " So sehe ich das auch. Vor allem wäre der ästhetische Impuls besser zu integrieren als in unserem physikalischen Weltbild, wo er sich zum Geist verflüchtigt." Berg meinte: " Ja, der Geist ist ihnen ebenso solide im Sein verankert wie uns die Materie." "Auch das erinnert an die Inder. Die Ähnlichkeit zum kosmischen Bewusstsein ist verblüffend." meinte Korthaus. Berg fuhr fort: " Da wir die Materie vorrangig sehen, wird uns Bewegung zur unterschiedslosen Energie. Die universale Quantität, die damit gedacht wird, lässt den ästhetischen Impuls und jede bewegte Struktur herausfallen. Daher der Hokuspokus der Immaterialität. Uns fehlt die Einsicht in die qualitative Struktur der Enegie. Insofern ist die Weltformel ein grosser Irrtum des nominalistschen Denkens. Sozusagen die Hysterie der Identität." Als die Beiden Rebard in der Bibliothek wiedertrafen, fragte Korthaus, ob seine Gesellschaft die praktische Produktion von der Kunst abtrennen würde, und ob daraus folgend sie eine Unterscheidung der kreativen Ideen von den praktischen Techniken und Theorien kennen würden. Es dauerte den halben Tag bis Rebard klar war, was gemeint war. Dieser legte nun dar, was er davon auch in seiner Gesellschaft kannte: " Wir haben eine Theorie für die Wiederholungen. Sie sind soziale Vereinbarungen, etwas bestimmtes in gleicher Weise zu tun oder mit Maschinen tun zu lassen. Daraus folgt eine bestimmte Sichtweise der Dinge. Sie selbst sind Panzer, die den Strom behindern und zugleich vor der Auflösung schützen. Ich denke, dass wir darin ähnlich sind wie ihr. Aber die Kunst fassen wir anders auf. Das Kunstwerk ist ein Ding, welches der Welt der Panzer angehört, oder wie ihr es seht, der Produktion mit Werkzeugen. Für uns ist der Eingriff in den Bewegungsstrom Kunst, der ästhetische Höhepunkt mit seinem ganzen Prozess: Aufstieg, Abfall, Sedimentation. Um es mit eurem Beispiel des Malers zu sagen: Wir sehen in seinem Wahrnehmen der Dinge und seinem Tun den ästhetischen Prozess, der mit der Sedimention, dem Kunstwerk endet. Diese ist für uns bereits Teil der Dingwelt, also ausserhalb unserer Kunst. Für uns sind auch Sägen, Messer und Räder Sedimentation und deshalb ebenso Kuntwerke." Berg meinte nun:" Der Vorrang, den wir den Dingen zugeben, beruht auch auf der Notwendigkeit sich zu bewaffnen." Rebard antwortete: " Gewiss, die Bewaffnung verschafft kurzfristig Vorteile, aber keine unbewegte Gesellschaft, das bedeutet keine anti- ästhetische Gesellschaft kann seine Linien erhalten. Es gibt keine Altgriechen mehr, keine Altägypter, keine Baby- lonier. Nicht alle sind durch bessere Waffen vernichtet worden sondern durch die zerbrochene Ästhetik." Korthaus hatte eine Einsicht und sprach begeistert: " So sehe ich es schon lange, aber Sie können es zur Sprache bringen." Berg sprach zu Rebard: " Wie bringen Sie das zusammen, ästhetische Höhepunkte und gesellschaftlicher Alltag?" Rebard antwortete: " Ich weiss nicht ob ich die Antworten finde, die Ihnen richtig erscheinen. Wir leben mit anderen Strukturen. Effektivität der Produktion findet immer seine Grenze in der Struktur. Sie ist ein Prozess, der nicht nur aus Wieder- holungen besteht, sondern dem ein,- Sie werden sagen, spielerisches Element innewohnt. Deshalb ist er zugleich nützlich und luxuriös. Stellen Sie sich vor, der Bauer erntet sein Getreide und malt zugleich Bewegungen in der Landschaft." Korthaus fragte :" Bewegungen in der Landshaft, wie ist das zu verstehen ?" Rebard antwortete: " Stellen sie sich das als Tanz vor. Es ist keiner, aber es ist wie Tanz." Berg hatte es verstanden. Er sagte : " Wir waren lange mit dem Zeppelin in 3000 m Höhe. Wir waren ein Bild." " Aber das Schwerste kommt noch", meinte Rebard und fuhr fort:" Bewegung und Expression ist kein Beiwerk sondern das Thema unseres Lebens. Alles andere ist nachgeordnet. Niemand würde einen mit Waffen gestützten Wettbewerb führen, es sei denn, man zwingt ihn. Allerdings konnte man uns in der Zeit vor den Mischkulturen nicht zwingen, weil wir die Macht hatten." Berg fragte nun, nachdem er damit bis zu diesem Zeitpunkt gewartet hatte: " Wie alt ist ihre Gesellschaft und woher kommt sie ?" Rebard antwortete: " Unsere Vorfahren kommen aus allen Teilen der Welt, und unsere Kultur ist eine Mischung aus allen Epochen der bis- herigen Menschheit. Man sagt, der Kern dieser Kultur wäre von einem untergegangenen Kontinent ausgegangen. Er lag vor Afrika vor etwa 10 000 Jahren, die Griechen nannten ihn Atlantis." Berg schlug sich mit der Hand auf das Knie: " Ich wusste es !" Korthaus stimmte zu, dann fragte er: " Warum kommen Sie aus diesem Tal nicht mehr heraus ?" Rebard antwortete: " Wir wissen es nicht. Es ist eine andere Zeit, in der wir leben. Wenn man hinausgeht, kommt man nirgendwo an oder hierhin zurück. Es ist eine Art Zeitinsel." "Die Vorbuddhisten", entfuhr es Korthaus, "die Insel der Vorbuddhisten." Von der Legende der Vorbuddhisten hatte Rebard noch nichts gehört, aber einiges von den Beschreibungen Bergs erschien ihm für seine Gesellschaft passend. Korthaus fragte Rebard:" Ist die Produktion ästhetischer Momente auch materielle Produktion ?" Rebard antwortete: " Ja, auch - so wie Sie Kunstwerke produzieren. Aber die entscheidenden Eingriffe erfolgen über die Bewegungen. Unsere Ahnen beeinflussten die nicht sichtbaren Strukturen. Sie werden es als Bestrahlungen in der Produktion kennen. Der Unterschied ist, dass Sie damit ein Ding verändern und dann so belassen. Unsere Vorfahren veränderten den Lebensprozess. Die Kreis- bahn wurde elliptisch, im einfachsten Modell betrachtet. Dazu musste aber der Eingriff, der diese Bahnveränderung bewirkte, selbst in die Struktur eingebaut werden, sonst verflüchtigte er sich." Berg fragte: " Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Insel hier und den Produktionen der Atlanter?" Rebard antwortete: " Ich vermute es, andere glauben nicht daran. Wir können manches nicht mehr nachvollziehen, was unsere Vorfahren machten, denken Sie an die alte Schrift, die wir nicht mehr verstehen." Er dachte einen Moment nach und sprach:" Kommen Sie mit." Er ging zu einer Tür und wartete bis Berg und Korthaus da waren. Dann führte er sie in einen Gang und an dessen Ende in einen Raum, der mit technischem Gerät zugestellt war. Er ging zu einer Maschine, die aus einer Apparatur bestand, die mehrere Arme drehen konnte. An deren Enden waren Magnetspulen angebracht. Er setzte diese Maschine in Gang. Der Antrieb erfolgte über Transmissionsriemen, die von einer Kraft ausserhalb des Raums bewegt wurden. Einige elektrische Mess- geräte standen dort, die Zeiger schlugen aus, wenn einer der Magneten in der Nähe eines anderen vorbei kreiste. Rebard sagte:" Sie sehen hier die Maschinen der Engländer. Sie haben uns auch die elektrische Energie mitgebracht. Es gibt einen Generator, der von Wasserkraft bewegt wird. Hier bei den Mess- geräten sehen sie pulsierende Spannungen. Die Apparatur dient der Modellbeschreibung. Vielleicht hilft sie Ihnen zum Ver- ständnis unserer Welt. Ich erzähle Ihnen, wie die Engländer vorgegangen sind. Ausgehend davon, dass wir bewegte Strukturen beeinflissen, haben sie diese magnetischen Modelle gebaut, die eine Wechselwirkung zwischen Kreisbahnen und Magnetfeldern zeigen. Es geht nur um diese wiederkehrenden Amplituden. Wenn die Bahnen und die Drehgeschwindigkeiten geändert werden, ändern sich auch die Messergebnisse." Berg meinte:" Ja, ich verstehe." Rebards sprach weiter: " Nun müssten wir uns die Maschine vorstellen als Feld- struktur und nicht als Materie." Korthaus war der Zusammen- hang ebenfalls einsichtig. Er sagte zu den Beiden: " Soweit es die Wiederholungen betrifft, ist es deutlich. Haben die Erbauer auch Wachstum darlegen können ?" Rebard meinte:" Ich weiss es nicht, aber ihre letzten Versuche sind leider nicht mehr zuende geführt worden, da sie verstarben." Korthaus fragte:" Gibt es eine Möglichkeit, den Punkt zu rekonstruieren, an dem die Atlanter eingriffen um die Veränderung der Bewegung durchzusetzen?" Rebard antwortete: " Wir fragen uns schon lange, wo sie ansetzten. Es muss eine sehr tiefe mikrokosmische Ebene sein, weit unterhalb der Elementarbausteine, die Sie aus der Welt des 21.Jahrhunderts beschrieben haben. Es gab früher einige Aufzeichnungen, in denen etwas beschrieben wurde. Aber diese Unterlagen sind schon vor mehreren Generationen verloren gegangen. Es wurde überliefert, dass die Atlanter eine A Ebene entdeckt hatten, die den Eingriff ermöglichte, vergleichbar ihren Experimenten mit den beschleunigten Protonen in den Zyklotrons. Aber wir wissen nicht, wie sie es gemacht haben, nicht einmal ob es mit oder ohne Maschinen gemacht wurde. Das Problem stellt sich heute so dar: Wir können überall eingreifen mit Strahlungen, Körperveränderungen usw., aber nur die ding- haften haben Bestand. Die anderen werden von den vorhandenen Mikrostrukturen eingeschmolzen. Nehmen Sie die Grundkräfte, z.B die Gravitation oder die starke Kernkraft. Sie prägen alles was wir tun können. Erst in der A Ebene kann auch in die Struktur der Grundkräfte eingegriffen werden." "Wissen Sie"warum ?" fragte Korthaus. Rebard antwortete: " Weil sie dort in qualitative Individuen zerfallen." "Sie sind nicht universal", fragte Berg überrascht. Rebard antwortete: " Wenn es zutrifft, was wir von den Vorfahren wissen, sind sie nicht universal." "Es gibt also nicht die `Energie`", fragte Korthaus. Rebard antwortete: "So sieht es aus." Berg sagte nun:" Es erinnert mich an den Philosophen Leibnitz, der die unteilbaren Monaden entdeckt hat. Die Monaden sind individuell und unzerstörbar. Sie haben die Eigenschaften des Demokritischen Atoms und der Platonischen Idee." Rebard fragte:" Sind Sie damit voran gekommen ?" Berg antwortete: " Nein, die Wissenschaften gehen vom Gegenteil aus: Das Atom ist teilbar und die kleinsten Energiegrössen, die Quarcks sind in nur vier Arten da. Jede Art für sich besteht aus qualitativ und quantitativ ununterscheidbaren Einzelnen. Aber auch die Individualität dieser 4 Arten ist umstritten." Rebard meinte: " Die Alten, die ich kannte, gingen nicht davon aus, dass die A Ebene aus unteilbaren Individuen besteht, die keine tiefere Zergliederung mehr zulassen. Sie betrachteten sie als technische Hilfskonstruktion. Aber sie rechneten mit weiteren, noch tiefer liegenden Ebenen." Korthaus sagte:" Wir arbeiten ebenfalls mit den Mikroebenen um etwas im Makrobereich zu verändern. Wir haben die Ding- ebene, die wir als anorganisch sehen und die Lebensbereiche mit den organischen Strukturen. Wir sammeln Atome, separieren sie und produzieren damit neue technische Produkte, die es vorher nicht gab." Rebard antwortete: " Das Grundschema ist dasgleiche wie überall: Eine scheinbar passive Struktur wird umgewandelt und in die Lebensprozesse eingebaut. Aber ich denke, es fehlt noch etwas um die Produktion an den Bewegungen der Mikrostrukturen zu erkennen." Berg meinte:" Was unsere Kernphysik betrifft, so müssen wir die Bedingungen schaffen, damit die Elementarbausteine sich teilen oder verbinden." Rebard sprach: " Ebenso ist es mit der A Ebene gewiss auch. Vielleicht ein mimetisches Agieren, obwohl ich mir nicht vorstellen kann wie es geht." Korthaus meinte: " Synchrone Bewegungen, simultane Bewegungen, Rhythmen usw. Vielleicht etwas derartiges." Rebard antwortete. "Das könnte nah an die Fragen herankommen, die wir noch nicht verstehen." Korthaus fragte:" Haben Sie in dieser Richtung geforscht?" Rebard dachte nach, dann sprach er weiter: " Der Tanz spielt in unserer Kultur eine wichtige Rolle. Er verbindet Ästhetik und Urzeit miteinander. Die Alten über- lieferten uns Hinweise, dass etwas, das dem Tanz ähnelte die Urbewegungen synchronisierte und die Ursprünge des Wachstums zeigte. Mit dem Tanz wurden neue Formen eingeübt, die zu völlig neuen Wachstumslinien führten. Aber wie es gemacht wurde, ist uns verloren gegangen." Berg erzählte von Cirano de Bergerac: " Dieser Schriftsteller beschrieb im 17. Jahrhundert in seinem Buch "Sonnenreiche" Lebewesen, die Menschen glichen aber aus Vögeln bestanden, die im Tanz sich verbanden und Menschenwesen mit ihren Körpern erschufen. Der Tanz war der Mittler und ging der Verschmelzung der Vögel voraus." Rebard sprach: " Es scheint, als habe dieser Autor etwas gewusst von den Ursprüngen des Lebens." Berg antwortete: " Es ist die interessanteste Geschichte, die ich kenne. Aber sie ist nicht entschlüsselt worden." Korthaus meinte:" Vielleicht kommen wir der Sache näher, wenn man das Grundprinzip ästhetischer Höhepunkte hinzuzieht: Empfindung basiert auf ansteigenden und abfallenden Erregungen, nicht weit entfernt von Spannungsamplituden. Aber es gibt Gewöhnung, die zur Löschung führen kann. Deshalb steckt im ästhetischen Höhepunkt ein unberechen- bares Moment. Es könnte expansiv oder schrumpfend aussehen und manch andere Überraschungen bergen." Berg sprach: " Ich denke die analytische Methode recht nicht aus. Der Tanz ist etwas anderes. Er könnte als ein mimetisches oder meditatives Produzieren betrachtet werden. Die Inder haben den Beriff des kosmischen Bewusstsein weiter und umfassender ausgelegt als wir Europäer den Begriff des Universums." Rebard meinte:" Das sehe ich auch so. Offensichtlich gibt es ein Bewusstsein, das über das analysierende und abbildende Wachsein hinaus geht." Am frühen Abend lud Rebard die Beiden zum Essen in ein Strassenresturant ein. Die Stühle standen unter Palmen, sodass die Gäste vor der Sonne geschützt waren. Die kurze Dämmerung setzte ein. Die Drei assen Fische vom nahe gelegenen Fischerhafen. Rebard sprach: " Morgen gibt es unser Sonnenfest. Es wird getanzt. Der Höhepunkt ist die Wahl der Königin." Korthaus fragte: " Die Königin der Stadt oder des Staates ?" Rebard antwortete: "Unsere Staats- und Volkskönigin. Sie wird durch den Tanz gewählt. Aber sie wird nicht vom Volk gewählt sondern durch den Tanz. Sie werden das nicht kennen, lassen Sie sich überraschen." Der Aufenthalt der Beiden wurde immer merkwürdiger, da die Landschaft sich verwandeln konnte. Sie waren scheinbar in einer Stadt am Mittelmeer, wenig erinnerte an das zentrale Afrika, in dem sie waren. Berg fragte Rebard: " Für mich scheint sich die ganze Gegend hier zu verwandeln." Rebard erwiderte:" Es ist auch so. Sie haben eine Umkehrung der grundlegenden Naturgesetze vor sich. So nannten es die Engländer. Wir nennen es nicht so." Die Beiden staunten. Korthaus meinte: "Sie meinen, das Feste wird beweglich ?" Rebard antwortete:" So ist es, und das Bewegte wird `fest`. Das ist aber nicht wirklich so. Ich versuche, Ihnen die Umkehrung zu erklären." Berg sagte: " Es scheint etwas zu sein, das wir Invertierung nennen." Als die Beiden Rebard einige Beispiele dazu nannten und von den Ausgrabungen auf den Azoren erzählten, klärte sich für Rebard der Zusammenhang restlos auf. Er sagte: " Es scheint so, dass wir hier als Ableger und Nachkommen der Atlanter noch immer in deren Welt leben. Sie hat sich mit ihren Besonderheiten erhalten." Berg fragte: " Haben die Atlanter die Katastrophe vor 10000 Jahren über- lebt, indem sie die Zeit invertierten ?" Rebard sagte: " Sie sind nah dran, aber es wird nicht nur die Zeit invertiert. Die Zeit lässt sich nicht isoliert beeinflussen, aber es sind gewiss Invertierungen an den Veränderungen beteiligt." Früh am anderen Morgen holte Rebard die Beiden ab. Sie gingen in einen Park, der nur wenige Minuten Fussweg vom Hotel ent- fernt war. Dort waren viele der Stadtbewohner versammelt. Ihre Bekleidung entsprach etwa dem städtischen vorrömischen Griechenland. Die jungen Frauen tanzten zur Musik, die von Saiteninstrumenten und Trommeln kam. Es bildeten sich aus den Tänzerinnen Tanzfiguren, Kreise, Schlangenformen. Nach einem Trommelwirbel, der lange anhielt, löste sich eine Tänzerin in der Mitte heraus, die anderen wichen zurück. Die Tänzerin blieb alleine auf der Wiese, drehte sich im Kreis, so schnell, dass ihre Formen unkenntlich wurden. Dann brach die Musik ab. Die Tänzerin stand still, hob die Arme, bewegte ihren Körper langsam, krümmte sich und schnellte hoch. Ihr grosser Sprung erschien völlig unmöglich und unwirklich. Berg und Korthaus erinnerten sich sofort an die Unterwasser- insel und Bernardettes Tanz darin. Als sie wieder still stand, setzte Musik ein und alle Frauen tanzten wieder mit, diesmal um die einzelne Tänzerin herum, ihre neue Königin. Tief beeindruckt von diesen Beobachtungen sassen Berg, Korthaus und Rebard am frühen Abend im Gartenrestaurant. Berg meinte zu Rebard: " Wenn wir die Sprache der Atlanter lesen könnten, würden wir vielleicht mehr wissen über die seltsamen Verwandlungen und die Rettung der Atlanter vor dem Untergang." Rebard antwortete:" Diese Hoffnung habe ich auch. Ich lade Sie ein nochmals ins Museum zu kommen und die Dokumente zu sichten, die in der alten Sprache geschrieben sind." Korthaus und Berg wollten es gern versuchen. Daher verabredeten Sie sich für den nächsten Morgen im Museum. Im Museum bekamen Berg und Korthaus Papier und Bleistifte gereicht, mit denen sie Notizen machen wollten. Rebard war breits da. Er führte die Zwei in den Raum, der die Sammlung der Platten und Papiere enthielt, die mit der Zeichenschrift der mutmasslichen Atlanter beschriftet waren. Rebard zeigte ihnen zunächst jene Papierblätter, die neben den alten Zeichen auch die relativ jungen, an das Phönizische erinnernden Buchstaben enthielten. Nach einer ausführlichen Betrachtung und Besprechung kamen die Drei zu dem Schluss, dass diese Blätter komplett in der Zeit nach den Phöniziern entstanden sein mussten, auch die Schriftzeichen der Atlanter. Sie waren abgeschrieben worden von den Zeichen auf den alten Steinplatten der Atlanter zwecks Übersetzung ins Phönizische. Teils waren sie fehlerhaft wiedergegeben. Rebard meinte:" Sehen Sie diese auseinander strebenden Sonnen- abbildungen. Sie werden phönizisch als geschachtelte Strahlung übersetzt. Aber was bedeutet geschachtelt?" Berg erinnerte sich an die auseinander sich h entfaltenden Tiere, die in den Höhlenwänden der Azoren gefunden worden waren. Da diese Tiere immer grösser wurden, lag die Vermutung nahe, dass hier ein Wachstumsprozess beschrieben worden war. Auf den Blättern, die hier vorlagen, war zwischen jede Sonnen- scheibe das Invertierungszeichen, ein umgedrehtes Dreieck eingefügt. Rebard hatte das Invertierungszeichen bisher nicht deuten können, da er die Höhlen auf den Azoren nicht kannte. Aber was wurde invertiert? Korthaus dachte an eine ins Mikrokosmische gehende Dimension. Rebard vermutete eine Zeit- aufspreizung. Nun, da der Gedanke einer mikrokosmischen Reduktion hinzu kam, konnte Berg den Schluss wagen, von einer nach innen gehenden Schachtelung zu sprechen. Er sagte: " Ich könnte mir vorstellen, dass sie Tänze zu einer Raum- verminderung führen, wodurch sich die Zeitabstände auf- spreizen. Diese Verkleinerung aller Dinge würde dazu führen, dass die Millisekunden im Mikrobereich als Jahre erscheinen." Rebard meinte:" Das vermute ich schon sehr lange, aber bisher war mir der Zusammenhang zwischen Verkleinerung und Zeit- streckung nicht bekannt. Dass wir in einem unausdrückbaren Mikrozeitabschnitt sind, der uns als Zeitraum von Jahr- tausenden und mehr sich aufklappt, hatte ich vermutet, aber dass damit eine Verkleinerung einher geht war mir fremd. Und doch ist es zwingend." Korthaus meinte: " Dann hätten die Atlanter einen Ausweg aus der nahenden Katastrophe gefunden, indem sie sich in einen, von unserer Weltsicht aus gesehen mikrologisch unausdrückbar kleinen Augenblick zurückgezogen haben." Berg hatte nun den Gedanken:" Die Frage ist, wo befinden wir uns ? Ich frage mich, ob der Ort, an dem wir vermutlich sind, noch etwas mit dem Ausgangspunkt gemeinsam hat, an dem in der Vergangenheit diese Ereignisse stattgefunden hatten." Darauf antwortete Rebard: " Der Ort ist wahrscheinlich nicht mehr definerbar." Korthaus widersprach:" Dann wären wir nicht hier. Es stellt sich doch die Frage, wie es möglich war hier hin zu gelangen." Rebard sagte:" Sie sagen es. Es gibt einen Zutritt. - Aber gibt es auch einen Austritt ?" In den folgenden Tagen arbeiteten die Drei im Museum weiter an der Entzifferung der Zeichensprache der Atlanter. In den entscheidenden Fragen kamen sie jedoch nicht weiter. Weder die A Ebene noch der Eingriff in die Bewegungsstrukturen wurden aufgeklärt. Es gab weder Beschreibungen noch andere Anweisungen in den überlieferten Texten. Auch die Frage, ob das Ich in einer Weise als Universum verstanden würde, wie es Korthaus annahm, oder der Gedanke eines überall belebten Universums, wie Berg es annahm, wurden bestätigt. So kan es, dass die Arbeit an den Platten vorerst aufgegeben wurde um einer Idee Rebards nachzugehen, der in der Versenkung und im Tanz weitere Einsichen zu finden hoffte. Die Drei unternahmen zunächst einen Spaziergang zu den Wäldern am Stadtrand. Ein kleiner Fluss mündete in der Nähe in das Meer. Stromaufwärts war tropischer Regenwald. Dazwischen lagen einige kultivierte Felder, die mit Mais bepflanzt waren. Auch waren Wiesen und Viehwirtschaft zu finden. Berg sprach zu Rebard:" Was hat Ihnen der Tanz bisher mit- geteilt?" Rebard antwortete : " Es verbinden sich Aufwallungen mit den Körperbewegungen. Es entstehen unsichtbare Gefühlsmuster, in die man hinein- fällt. Dann, in den Ruhephasen der Tanzbewegungen entstehen Ausblicke in das Körperwachstum." Letzteres verstanden Berg und Korthaus nicht. Als sie auf der runden Tanzwiese anlangten, begab sich Korthaus in die Mitte und begann seinen Tanz in einer Weise, von der er jene Einsichten erhoffte, die im Gespräch dar- gelegt worden waren. Als er die Mitte der Fläche erreicht hatte setzte schwer- mütige Musik ein, zu deren Rhythmus er sich drehte. Die Musik wurde heiterer und der Rhythmus schneller, ein Chor setzte ein, dann Trommeln. Korthaus wirbelte sich im Kreis. Er registrierte noch, dass er sich leicht fühlte, als ob er auf dem Mars wäre, mit dessen sehr verringerter Schwerkraft. Er sah sich in einer Landschaft, die von hohen Birkenbäumen umsäumt war. Wiesen mit gelben Blumen, er selbst als junger Mann mit einem Mädchen, deren Augen ihn ansahen, die er ansah. Er fühlte sich aufstrahlend, einer Sonne und Eruption nahe. Er wollte singen oder schreien oder springen. - Nichts davon tat er, aber fliegen, im Sprung mit ihr in den Armen. Dann Stille, er sass in der Mitte der Wiese und horchte hinein in das Getöse seiner Adern. Von allen Seiten kamen Mädchen gelaufen, junge Frauen, die ihre Arme ausbreiteten. Er erhob sich, die Mädchen bildeten ein Kreis. Die Musik setzte ein. Er tanzte, sie tanzten, ein Blumenmeer und ein Sternenhimmel in einem. Von alledem sah und hörte Berg nichts. Es kamen Soldaten auf- marschiert in französischen Uniformen der Revolutionsarmee. Berg nahm seinen Spitzhut und befand sich inmitten seiner Grenadiere. Die Musik des Abmarsches erklang. An der Spitze seiner Fusstruppen marschierte Berg über eine Allee in Richtung Süden: Spanien, Madrid. Er lebte in einem Stück Vergangenheit, war darin eingefangen und bemerkte diese Veränderung seiner Gegenwart nicht. Die Reisen in die inneren Visionen endeten bald nach dem Tanz für Beide. Als Berg und Korthaus sich am Abend von Rebard verabschiedet hatten, begaben sie sich zu ihrem Hotel, wo sie im Restaurant ein Gespräch führten. Korthaus sagte: " Der Tanz führt immer wieder zu etwas Vergangenem zurück, aber nicht hinaus. Es läuft für uns bestimmt anders, als es die Atlanter erlebten." Berg antwortete: " Wir müssten die Bewegungen entschlüsseln können und nicht nur ihre materiellen Ergebnisse." Korthaus meinte: " Ja, wir können die Hardware darstellen aber die Software nicht decodieren." Berg sprach: " Aber die Atlanter nahmen dazu nicht die Sprache sondern eine Art Gefühlssprache, die im Tanz redet." Korthaus stimmte zu:" Ja, nur bin ich noch nicht auf der richtigen Spur." Berg meinte: " Der Tanz hängt doch meist eng mit der Werbung der Geschlechter zusammen." Korthaus erwiderte : " Ich denke hier ist es etwas Anderes." Berg antwortete: " Vielleicht, aber könnten nicht auch tiefere Kräfte Werbung kennen ?" Korthaus sprach: " Wenn alles in der Art der Lebewesen lebt, wäre es zu erwarten. Aber ist es so ?" Berg meinte: " Ja, ich weiss, sie spielen an auf meine Position in dieser Frage. Aber wie ist es mit Ihnen ? Ist die Welt im Ich und Produkt des Ichs.?" "Ich gebe zu, dass ich etwas verwirrt bin. Vielleicht ist mein Lieblingsgedanke eben nur ein Lieblingsgedanke." fügte Korthaus hinzu. Obwohl die beiden unfreiwilligen Gäste im Tal der Atlanter sich in ihr Schicksal gefügt hatten, waren sie bald nicht mehr willens den Rest ihrer Tage in einer nicht erkennbaren Mikrowelt zu leben. Daher sagte Korthaus eines Morgens zu Berg im Hotelrestaurant: "Mir reichts !" Berg sah ihn an und nickte. Sie standen auf, und gingen zu Rebard ins Museum. Berg sprach: " Also wir versuchen es , wir gehen zurück in unsere Gegen- wart." Rebard sprach: " Ich verstehe. Viel Glück. " Kurz darauf waren sie reisefertig. Sie hatten ihre rauhe Wüstenbekleidung wieder angezogen und die Toga abegelegt. Sie marschierten zu der Felswand, die der Ausgangspunkt ihrer Begegnung mit dieser Stadt gewesen war. Nach einigem Suchen, dass mit viel Lauferei verbunden war, fanden sie die in Felsen gehauene Treppe, die zu den Höhlendurchbrüchen im oberen Teil der Felswand führte. Als sie oben angekommen waren, fanden sie den Durchbruch in der Felswand, durch den sie hereingekommen waren. Sie gingen hinein und fanden den Weg durch das Höhlensystem zurück zur anderen Seite des Felsens. Als sie die Wüstenlandschaft sahen, atmeten sie auf. Sie stiegen die Steintreppe hinab und gingen zu den Motorrädern, die wie zu Beginn ihres Abeneuers am Baum standen. Berg meinte: " Ob wir Abidjan erreichen ?" Sämtliche Versuche mit dem Hamdy scheiterten. Berg fragte Korthaus: " Was meinen Sie, sind wir noch immer in der Mikrowelt oder wieder in unserer Realität ?" Korthaus sprach:" Ich denke wir sind noch nicht zurück. Wir könnten den gleichen Weg nehmen, den wir hergekommen sind." Berg stimmte zu. Er holte die Reisenotizen und zeigte Korthaus ihre bisherige Route. Korthaus wandte ein: " Unser Sprit reicht nicht." Berg nickte und antwortete: " Am Besten wir schütten die Reste zusammen in einen Tank und geben eine Maschine auf." So machten sie es auch. Bald darauf fuhren sie zusammwn auf einer Maschine weiter. Sie kamen wiederum zu dem Meer, welches sie auf der Hinfahrt gefunden hatten und zu der Wüste, die von einem scheinbar ewigen Sandsturm beherrscht war. Sie fuhren hindurch Richtung Südwesten. Es dauerte scheins endlos, dann war der Sprit alle. Berg nahm das Handy und erreichte Abidjan. Müller am anderen Ende fragte: " Wie geht es Ihnen in dem Wüstensturm?" Berg antwortete: " Wir haben eine Maschine verloren und sind ohne Benzin." Müller antwortete:" Wir kommen sofort." Berg meinte: " Bestellen Sie auch eine Ersatzmaschine." Am frühen Nachmittag kam Müller mit dem Hubschrauber aus Abidjan. Für ihn waren die Beiden nie länger weg gewesen und in der letzten Nacht nichts vorgefallen. Korthaus und Berg hatten sich eingeigelt, und es gab einen winzigen Lichtblitz auf dem Bildschirm der als atmosphärische Störung gedeutet wurde. Die beiden Abenteurer hüteten sich vor der Preisgabe ihres Erlebnisses. Nur das Motorrad war verloren. Am frühen Abend fuhren sie, nachdem der Hubschrauber weg war, auf einer Maschine weiter. Sie wählten aus Sicherheitsgründen eine andere Route um nicht noch einmal in der Mikrowelt eingefangen zu werden. Berg hatte Zweifel an der Realität der vergangenen Erlebnisse. Er sagte:" Denken Sie, dass wir in einer Objektivität gewesen waren?" Korthaus antwortete: " Vielleicht eine konstruierte Wirklichkeit, Projektion und ästhetische Produktion." " Ein Wachtraum ?", fragte Berg. Korthaus antwortete: " Ich weiss es nicht, das ist ein Fall für Nanamurti." Berg stimmte zu: " Wir sollten ihn so bald wie möglich sprechen." Am folgenden Morgen fanden sie an der verabredeten Stelle einen Kanister Benzin vor, den Müller deponiert hatte um weiter fahren zu können. Sie wollten gegen Mittag eine längere Ruhepause einlegen und erst gegen Abend weiter fahren. Nach ihrer Karte befanden sie sich nördlich des niedrigen Gebirgszuges, bei welchem sie, von Süden kommend, die vermutliche Mikrowelt gefunden hatten. Bei ihrer Frühstückspause meinte Korthaus: " Es interessiert mich sehr, ob wir diese Mikrowelt vor- finden, wenn wir von Norden den Gebirgszug anfahren." Berg meinte: " Dachte ich mir, dass sie es wissen wollen, egal um welchen Preis." Korthaus sah ihn fragend an. Berg antwortete: " Gut, am Besten gleich !" Korthaus rief Müller in Aberdjan an und verabredete Kontrollanrufe. Die Gespräche würden zwar nur alle zwei Stunden angenommen werden, aber der Rufton würde zwischenzeitlich signalisieren, dass Verbindung besteht. Die Beiden hielten es für möglich, dass sie unbemerkt in die Mikrowelt eintreten würden. Sie würden ungefähr den Eintrittsort in die andere Welt lokalisieren können, wenn die Handyverbindung abrissen würde. Müller wurde nicht über die Suche nach der Mikrowelt informiert. Es blieb immer noch die Möglichkeit, dass sie sich in der Einschätzung ihres jüngsten Abenteuers irrten. Vielleicht war es eine Halluzination, ein Drogenrausch oder ein Wachtraum gewesen. Sie gaben deshalb vor, eine Route durch das Gebirge auskund- schaften zu wollen. Nach einigen Stunden Fahrt kamen sie an eine Ebene, die von den typischen Senkungen und Ablaufrinnen einer ehemaligen Meeresküste gezeichnet war. Das Gebirge war bereits am Horizont zu sehen. Die Ebene war versalzen. Nur an einigen Stellen wuchsen kleine Büsche und vereinzelte Grasflecken. Sie fuhren weiter. Dann kamen sie an die Felswand, die sie bei ihrem ersten Besuch gefunden hatten, nachdem sie durch das Höhlensystem gegangen waren. Aber die eingehauene Treppe war verschwunden, ebenso die Stadt. Sie hielten an und sahen sich um. Berg sagte: " Es sieht so aus, als wären grössere Zeiträume vergangen, seit unserem Besuch." Korthaus fragte : " Denken Sie, dass wir an der gleichen Stelle sind wie beim ersten Besuch ?" Berg meinte: " Sicher bin ich nicht. Versuchen wir Müller zu erreichen." Die Verbindung nach Aberdjan liess sich mühelos herstellen, also befanden sie sich in der Realität. Als die Beiden ihre Suche nach der Felsentreppe fortsetzten, kamen sie an eine Hütte, die an der Felswand angebaut war. Die tragenden Balken des Dachs waren an der Rückseite in Löcher in der Wand eingelassen. Davor sass ein verwittert aussehender uralter afrikanischer Mann. Gegen ihn wirkten Berg und Korthaus noch jung. Das heisst, der Mann war wirklich uralt. Die Beiden grüssten ihn, er grüsste zurück. Er sprach portugisisch, eine Sprache die Berg ganz gut verstand. Auch Korthaus konnte ihn verstehen. Berg bot aus seinem Rucksack Brot und Käse an. Der Alte wies auf einen Krug hin und kicherte. Die Beiden Abenteurer probierten, es war Bananenschnaps. Der Alte sprach: " Sucht ihr die untergegangene Stadt? " Korthaus sagte verblüfft:"Ja". Der Alte sprach: " Das tun alle, die hierher kommen." Berg fragte: " Kannten Sie die Stadt ?" Der Alte kicherte, zeigte mit einer Armbewegung, dass er ebenfalls einen Schluck aus dem Krug trinken wolle, trank dann und kicherte weiter. Schliesslich sagte er, noch immer kichernd:" Ich bn doch nicht 9000 Jahre alt." und lachte lauthals los. Korthaus meinte zu Berg: " Er hält uns für völlig verrückte Achäologen." Dann sprach Berg:" Wir waren in der Stadt." Der Alte starrte ihn an, als wäre er ein Geist. Er brauchte eine Weile. Berg fragte: " Was erschrickt Sie daran ?" Der Alte war nun völlig nüchtern und antwortete : " In unserer Überlieferung gibt es Besucher der unter- gegangenen Stadt, eine Geisterstadt, die einen Zugang hat. Wer hinein geht, kommt nicht zurück. Nur einer, der Seher Kiru Tschad kam wieder." Berg fragte:" Was hat er berichtet ?" Der Alte griff zur Flasche, nahm einen Schluck, reichte sie an Korthaus weiter und sprach:" Er ist schon lange tot. Mein Grossvater hat ihn gesehen. Er war verrückt." Damit zeigte er auf seinen Kopf und schlug sich leicht vor die Stirn, zur Bekräftigung". Berg fragte :" Was hat er gesehen?" Der Alte antwortete: " Alles verrücktes Zeug: Maschinen, die Blitze machen, Glaswasser und so weiter." Berg und Korthaus nahmen nun an, dass der Seher ebenfalls in der Mikrowelt gewesen war. Die Geräte, die Blitze machten, waren vermutlich elektrische Geräte, das Glaswasser waren Teleskoplinsen gewesen. Berg und Korthaus blieben in der Nähe der Hütte des Alten. Sie suchten einige Stunden lang nach der Felsentreppe, fanden sie aber nicht. Auch von der Stadt war nicht das Geringste zu finden. Als sie am frühen Abend mit dem Alten Tee tranken, meinte Korthaus: " Es stimmt etwas nicht. Wenn es eine Mikrowelt gewesen war, dann könnten wir hier nichts finden, denn der Zeitraum, in dem sie existiert hatte, vielleicht für eine Dauer von 3 bis 4 tausend Jahren, von ihrer Welt aus gesehen, ist für uns vielleicht eine Sekunde lang oder noch weniger. Wenn sie zugleich nur unterhalb der atomaren Ebene gewesenn sein kann, was wir ja zwingend annehmen, so können wir auch nicht das Geringste finden." Berg antwortete: " Ich weiss, das einzige wären die Eintrittsorte." " Dann müssen wir nochmal zurück, um einen dieser Orte zu finden," meinte Korthaus. Berg fragte: " Aber was erwartet uns dann, vielleicht ein endgültiges Gefangensein in der Mikrowelt ? Die Stadt wäre auch dann nicht mehr zu finden. Sie wäre seit Jahrtausenden schon weg." Korthaus erwiderte: " Wir kommen also nicht weiter." Berg antwortete: " Ja, es wäre ein überflüssiges Wagnis, die erste Route noch einmal zu fahren." Am Nachmittag begaben sie sich zu der Stelle, an der sie die Meeresküste der Mikrowelt vermuteten. Sie nahmen einige Bodenproben, die sie später untersuchen lassen wollten. Früh in der Nacht fuhren sie los, ihrem Zielort entgegen. Zuächst trafen sie am folgenden Tag in einer grünen Boden- senke am verabredeten Ort auf den Hubschrauber von Müller. Er trug in einer Seilkonstruktion das bestellte Ersatzmotorrad. Der Hubschrauber senkte sich ab, bis die Maschine den Boden berührte. Korthaus und Berg lösten das Seil und der Hubschrauber landete dann neben der Maschine. Die Oase Pricadrom lag nur 200 km weiter östlich ihrer jetztigen Stelle. Dort wollten sie Nanamurti treffen, der seit zwei Tagen im Flugzeug sass und bald in Aberdjan ein- treffen würde. Müller sollte ihn dann zu den Beiden fliegen. Es gab einige Fragen zu besprechen. Das buddhistische Nirvana erschien im Licht der letzten Ereignisse wesentlich realer zu sein, als Berg und Korthaus es bisher aus ihrer europäischen Sichtvermutet hatten. Diese 200 km zur Oase wurden eine grosse Strapaze. Die Sonne brannte extrem heiss auf die Beiden. Sie mussten die Mittags- stunden unter ihrer Plane verbringen. Erst gegen 15 Uhr fuhren sie weiter. Als sie kurz vor Einbruch der Dämmerung zur Oase kamen, war Müller noch nicht da. Die Bewohner begrüssten sie herzlich und luden sie zum Essen ein. Sie sassen am Boden um einen Teppich herum und assen aus einem grossen Topf einen Reiseintopf mit Gemüse und allerlei sonst noch Beigemengtem. Die Kinder hatten von den Mäuserennen gehört und eine neue Variante des Spiels ausgedacht. Sie liessen die Rollmäuse gegen lebendige Mäuse antreten. Dazu hatten sie eine auf drei Meter verlängerte schiefe Ebene auf- gestellt, damit die Rollmäuse erfolgreich gegen die lebenden antreten konnten. Berg und Korthaus mussten mitmachen. Die zwei lebenden Mäuse waren vielleicht aus Furcht vor den beiden bärtigen Abenteurern oder weil sie einfach gut aus- geruht waren enorm flink und gewannen mehrmals. Dann entwischten sie ins Gebüsch. Berg und Korthaus waren müde und erschöpft. Sie gingen zu den Motorrädern und schliefen neben ihnen sofort ein. Am anderen Tag wurde der Hubschrauber mit Nanamurti erwartet. Am Nachmittag, mit etwas Verspätung, kam er heran- geflogen. Nanamurti war da. Die Drei begrüssten sich und begaben sich zu den drei nah beieinander stehenden Palmen an der einzigen Wasserstelle. Dort wuschen die Frauen Kleider, plapperten, und die Kinder liefen herum. Die Drei setzten sich in den Schatten der Palmen und begannen ihr Gespräch. Zunächst berichteten sie ausführlich über die Stadt in der Mikrowelt, dann von ihrem Versuch, sie wieder zu finden und ihrer Überlegung, dass die Atlanter eine Welt der Lebens- entstehung kennegelernt hatten, die zugleich auf Bewegung und etwas Drittes hinwies, das ihnen wie das Nirwana erschien. Als sie fertig waren sprach Nanamurti: " Sie sind nicht zu retten ! Was sollte ich Ihnen zu sagen haben. Die"Welt", das ist doch Ihr Gebiet." Berg und Korthaus stutzen. Diese etwas derbe Art waren sie von Nanamurti nicht gewohnt. Der lächelte und sagte: " Wenn der Winter kommt, soll man sich warm anziehen." Korthaus meinte:" Was ist los, das ist doch nicht ihre Kontemplation ?" Nanamurti wurde ernst und sprach: " Es gibt eine sehr alte Überlieferung. Vor vielen Jahr- tausenden soll ein Volk ins kosmische Bewusstsein ein- getreten und gemeinsam dort verloschen sein. Es kamen aber unerklärbare Dinge zurück, neue Farben und Töne, neue Tänze. Unter anderem daraus entstand die Legende der Wiedergeburt in der Welt der Verwandlung." Berg meinte: " Dann ist die Verfestigung der Bewegungen zu Dingen unver- meidbar. Man wird eingesperrt in die Welt der Dinge." Korthaus gab zu bedenken: " Das ist aus meiner Sicht nicht zutreffend. Die Dinge sind die Ziele und zugleich Teil von uns selbst. Eine reine Bewegung wäre nichts." Hier meinte Nanamurti: " So ist es, Das Verlöschen im Nirvana ist dinglos, aber wir sind nur selbst durch die Dinge zu denen wir geworden sind und werden." Berg meinte: " Sind sie sicher, dass dies noch dem kosmischen Bewusstsein entspricht?" "Gewiss nicht", antwortete Nanamurti:" Ich versuche auf meine Weise mit Bildern und Gedanken unsere Kulturen anzunähern." Berg fragte: " Sie sprachen von neuen Tönen und Farben. Wurden diese alten Völker, von denen die Überlieferung spricht, nicht in den Körpern von Tieren und Menschen wiedergeboren ?" Nanamurti antwortete:" Vermutlich nicht. Es könnte sein, dass die Wiedergeburt in den Körpern der Lebewesen erst später hinzu gekommen ist. Aber diese tiefer liegende unerreichbare Welt der Bewegungen ist schwer zu erkennen. Man greift zu Symbolen, die schneller als man denkt, zu Dingen werden". Nanamurti sprach nach einer kurzen Gedankenpause:" Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, warum die europäische Kultur die Dinge untersucht, verändert und zugleich Zeitlinien, Räume, Mathematik zu den Leitvorstellungen der Welt macht. Und warum geht die indische Geisteswelt in andere Richtungen, nach innen, ins Raum- und Zeitlose." Korthaus fragte: " Was haben Sie gefunden ?" Nanamurti antwortete: " Es gibt Invertierungen hier wie dort. Juden- und Christen- tum beginnen mit dem Satz:" Mach dir die Welt untertan." Sie gehen in die Dingwelt und wenden die Moral nach aussen. Das alte Indien beginnt mit dem Satz "Erkenne dich selbst" und wendet sich nach innen." Berg meinte: " Das sehe ich ebenso. Aber warum wenden sich die alten Inder nach innen ? Wir sehen im unendlichen Äusseren die Geheimnisse der Welt und den Erfolg des Lebens." Nanamurti antwortete:" Die Dingwelt ist Produkt alter Bewegungen. Zur Bewegung selbst kommt man nur über die Quelle. Der einzige Zugang ist innen, da wir selbst dorther kommen. Draussen gibt es nur Bilder und Wahrnehmungen vollendeter Bewegungen." Berg und Korthaus dachten darüber nach. Berg meinte:" Es ist tatsächlich manches umgekehrt. Wir sehen die Zukunft im Wachsen nach Aussen, in den Erwerbungen weiterer Räume, in der Produktion, in der Expression, den Artefakten. Aber das Forschen nach Innen geht zu den Quellen, den völlig beweglichen Welten, den Mikrowelten der Urstrukturen, dorthin wo es keine Zeitstrecke und keine Raum- erstreckung mehr gibt. Man kann schon in Zweifel geraten welcher Weg nach Vorne geht." Nanamurti meinte: " So ganz trifft ihre Vorstellung nicht zu, denn der Weg in die Ursprünge ist nicht der ins Frühere oder Kleinste. Die Dinge, die Naturgesetze sind in ihrem Bild immer noch wirksam." Korthaus fragte: " Sie sind es aber nicht?" Nanamurti antwortete: " Sie selbst geben ihnen die Geltung. Solang sie es tun, sind sie es." Berg meinte: " Kann man raus?" "Gewiss", antwortete Nanamurti. Korthaus fragte Nanamurti:" Sie haben die Trennung in Subjekt und Objekt, wie sie unserem Denken zu Grunde liegt als Beschränkung dargelegt. Kann man das Heraustreten aus der gewöhnlichen Welt als einen Vorgang im Subjekt verstehen, sodass aus diesem Grunde die Naturgesetze nicht wirksam sind ?" Nanamurti lächelte und stellte die Gegenfrage: " War dieser Zusammenhamg nicht schon von Ihnen aufgeklärt worden?" Korthaus sagte: Sie haben recht, eine innersubjektive Prozedur, die die Objektwelt unberührt lässt, gibt es nicht und ist auch nicht möglich. Man könnte daher den Naturgesetzen so nicht entrinnen." Nanamurti nickte zustimmend und meinte: " Sie kennen diesen volkstümlichen Satz, dass sie das Tafel- silber retten wollen. Nein, gewiss ist es nicht möglich. Entweder sie überschreiten den Fluss, oder Sie tun es nicht." Einige Frauen brachten in Schüsseln getrocknete Datteln und Brot. Die Drei assen etwas davon und sprachen weiter. Berg meinte:" Hat Korthaus recht mit seiner Welt als Subjekt?" Nanamurti meinte:" Ich habe es verstanden, aber eine Welt in einem einzigen Subjekt bedeutet doch, dass alle anderen eine Täuschung sind, es gibt nur ein Subjekt in dieser Konstruktion." Korthaus fühlte sich angesprochen und sagte: " Der Solipsismus ist nicht zu retten. Wenn aber die Welt nur in den Subjekten ist, wäre ein unlogisches Element in der Weltanschauung. Der Vorrang der Objektwelt, vertreten durch die Naturgesetze wäre durchbrochen. Käme Ihnen das näher?" Dies war an Nanamurti gerichtet. Dieser antwortete: " Wenn man Bergs Auffassung einer Welt, die nur aus lebenden Subjekten besteht, hinzu nimmt, würde die Spaltung Subjekt Objekt geschlossen. Ist das so ?" Berg meinte:" Es kommt dem nahe, aber ein nichtidentischer Kosmos, der damit konstruiert wird, oder im Falle Korthaus ein nichtidentisches Subjekt, würde sich mit einer Welt als kosmisches Bewusstsein nicht vereinbaren lassen." Hier widersprach Nanamurti: " Es ist meiner Meinung nach immer wieder die nominalistische Falle, die hier sichtbar wird. Der Begriff des kosmischen Bewusstseins kann doch ebenso ein Chaos bedeuten wie eine Welt des Nichtidentischen. - Aber gewiss ist der indische Horizont heiterer als die Ideenwelt des Abendlandes. Ich kann keinen zwingenden Schluss aus der Vorstellung der Natur- gesetze ziehen, es gibt sie und es gibt sie nicht, wie alles, was wir tun oder nicht tun. Aber es gab doch diesen Ausnahme-europäer Leibniz. Er, scheint mir, ist mit seiner Welt einer prästabilisierten Harmonie aus der Art geschlagen." " Aber ja", meinte Berg:" es ist kaum ein grösserer Gegensatz denkbar als der zwischen der wunderbaren Welt Leibnizens und der Erde als Jammertal." Korthaus meinte: " Leibnitz kann natürlich als Theist verstanden werden, der die christliche Deutung der Welt ins Gegenteil verdreht. Aber er hatte die Inquisition zu fürchten." Berg meinte: " Der Buddhismus, soweit ich ihn verstehen kann, braucht diese Umwege nicht, er hat sein Ziel in sich selbst." Nanamurti sprach: " So ist es. Bestimmt sind Sie unserem Denken sehr nahe gekommen. Berg meinte: " Ich werde es aber nicht verstehen, jemals an spirituelle Wanderungen des Geistes zu glauben." Nanamurti antwortete: " Darüber habe ich schon oft mit Europäern und Amerikanern gesprochen. Vielleicht kommen wir uns näher, wenn ich versuche, wo immer es geht, meine Vorstellungen in ihre Terminologie und Gedankenwelt zu übersetzen. Es können natürlich keine Körper in den Weltraum oder in eine gedachte Innenwelt reisen. Und ebenso fliegt kein Geist aus dem Körper heraus in den Kosmos. Aber diese Grenzpfähle setzen voraus, dass wir uns in ihrer Vorstellungswelt befinden. Sobald die Innenansicht beginnt, reichen die in ihrer Welt bewährten Bilder, Theorien und Mechanismen nicht mehr aus. Im Bild gesagt, befinden wir uns während der Versenkung zwischen den inneren und äusseren Welten, die wir zugleich überschreiten. " "Aber immer kann doch die Versenkung von aussen gestört werden." meinte Korthaus. Nanamurti antwortete: " Mit diesem Einwand habe ich gerechnet. Jedoch kann umgekehrt auch immer der Geist in seine Vorstellungswelt eintreten. Es gab im äussersten Falle Menschen, die trotz schwerster Angriffe aus der Empfindung der Schmerzen heraus- traten, bis der Druck von aussen versagte, sei es durch Tod oder die Aufgabe des äusseren Versuchs der Vergewaltigung." Berg meinte: " Ich verstehe es so: Der Vorrang wird immer neu entschieden, insofern hat Freiheit keine Grenzen, und somit auch nicht der Geist." Nanamurti nickte und sprach: " Es ist so wie mit allen Interpretationen, wir finden für beide möglichen Antworten Belege. Wer würde aber behaupten es gäbe keine Freiheit, weil er mit Unfreien konfrontiert ist, und umgekehrt: wer würde Angesichts freier Menschen sagen können, jeder wäre frei." In den folgenden Tagen verbrachten die drei Freunde ihre Zeit mit Spielen unter Beteiligung der Kinder und Jugendlichen in der Oase, mit helfen beim Zurichten der Bananen und Kokos- früchte, helfen beim Hüttenbau und fortführen ihrer Gespräche. Eines Abends beim Spaziergang in der Savanne, die neben dem Wüstenstreifen weiter östlich begann, meinte Berg zu Nanamurti:" Ich frage mich immer wieder, wie Sie ihre Versenkung an die Stelle der Tat setzen können." Nanamurti lächelte und sprach:" Es geht Ihnen wie mir, nur umgekehrt: Wie ist es möglich, frage ich mich, dass so viele Menschen ganz ausser sich leben für Ziele, die in der Objektwelt liegen und die eine ständige Unterordnung verlangen." Berg meinte: " Die Objektwelt erfüllt zugleich mehrere Funktionen. Im Sport und der Arbeit werden die Fähigkeiten des Körpers gebraucht, geschult und entwickelt. Die Planung regt die Vorstellungen und die Phantasie an. Wir kennen den Begriff der Freiheit, der aus den Möglichkeiten des Tuns kommt." Nanamurti sprach : " Ich versuche zu verstehen. Meine Welt liegt in der Versenkung, die grenzenlos ist. Freiheit kann in dieser Welt nicht zum Begriff werden, da keine Unfreiheit in ihr ist. Aber das freie Tun, wie Sie es in der Produktion kennen, finden wir in der Erleuchtung. Wenn es Sie nicht brüskiert, denke ich zuweilen, es ist wie fliegen, während vielleicht auch der Europäer und westliche Kulturmensch fliegt, aber auf seine Weise. Berg meinte: " Das würde erklären, woher für uns die Anziehung Ihres Wegs zur Erleuchtung herrührt. Es ist ein Hang zur gänzlichen Befreiung." Nanamurti sprach: " Es ist schwierig die differenzierten Welten zu verstehen. Ein Wort wie das Wort Freiheit, verhält sich wie ein Schlüssel. Man sieht in sich hinein. Aber was sieht man: Kleine und grosse Seelen. Und doch versteht man vom anderen wenig. Das Wort ist der Fetisch, er entschlüsselt und verbirgt zugleich, denn im Andern sieht man sich." Korthaus fragte:" Sie sprachen von Welten. Das erinnert mich an einen Satz aus den Veden: Es gibt noch viele Morgenröten, die noch nicht geschienen haben." Berg meinte:" Denken Sie auch an Nietzsche ?" Korthaus sprach: "Er hat diesen Satz zitiert". Nanamurti fragte: " Nietzsche war doch Determinist ?" Berg antwortete: " Das war er auch und zugleich ein Visionär. Er hat die Grenzen des damals neu aufkommenden wissenschaftlichen Welt- bildes gesehen, er war ein früher Zweifler." Nanamurti meinte:" Wie sein Lehrer Schopenhauer, der sich unserer indischen Welt sehr genähert hat." "Genähert ?" fragte Korthaus. Nanamurti antwortete: " Ja, nur seine Welt war ein grosses Missverständnis." Berg staunte und fragte: " Hat er mit seiner Sicht des Leidens nicht das Wesen Indiens getroffen ?" Nanamurtii antwortete: " Er war vielleicht innerlich dem alten Testament verbunden, die Erde als Jammertal, und war trotzdem Atheist. " Korthaus sagte: " Das Leiden ist doch, denke ich, für Buddhisten ein wichtiger Begriff." Nanamurti antwortete: " Ja, aber der Begriff Buddhist, auf wen trifft er zu ? und wie trifft er zu ?" Berg sprach: " Ich erinnere mich. Sie sehen sich selbst nicht als "Buddhist", war es so ?" Nanamurti antwortete: " Einem Begriff zu entsprechen, aus der Sicht des Anderen, ist problematisch. Und warum sollte man sich nach einem Begriff ausrichten ?" Am anderen Morgen wurden die drei kurz nach dem Somenaufgang von drei Kindern geweckt. Sie wollten Hilfe haben. Die drei Freunde gingen mit ihnen. Die Kinder führten sie zum Wasser- loch wo einige aus nassem Sand geformte Teile herum lagen. Es waren Abbildungen von Rollmäusen. Es stellte sich heraus, dass die Kinder den drei Siegermäusen ein Denkmal machen wollten. Der nasse Sand war völlig ungeeignet. Berg war in seinem Element. Er nahm sein Handy und rief Müller in Aberdjan an und bestellte einige Säcke Formmasse, die sich wie Ton kneten liess und an der Luft steinhart austrocknete. Müller stand vor einer schwierigen Aufgabe. Nach einigen Telefonaten, die er mit Grosshändlern machte, erfuhr er, dass der nächste Lieferant in Madrid war. Deshalb rief er Berg an und schilderte ihm sein Problem. Berg sagte Müller, er solle etwas warten, bis der Transport geklärt wäre. Er würde ihn zurückrufen. Korthaus meinte: " Was wollen Sie machen ?" Berg antwortete:" Haben Sie Nanamurti gesehen, wie seine Augen blitzten ?" Korthaus antwortete:" Nein, aber er scheint sich sehr für die Modellierarbeit der Kinder zu interessieren." Berg sagte: " Vielleicht baut er einen Buddha." " Meinen Sie?", fragte Korthaus. Berg antwortete: " Er bekommt europäische Züge." Berg ging etwas beiseite und telefonierte zunächst mit den verschiedenen Regierungen um eine Überfluggenehmigung zu bekommen. Es wurde eine teure Angelegenheit. Gegen Spätnachittag wurde ein Transportflugzeug in Madrid mit der Modelliermasse beladen nebst Mischwanne, Generator und Rührmaschine. Gegen 18 Uhr flog das Flugzeug los. Es flog in der Nacht nach Afrika, überquerte die Sahara und kam gegen 11 Uhr am Vormittag in Aberdjan an. Dort wurde die Ladung im Hubschrauber verstaut und kam kurz nach Einbruch der Dämmerung in der Oase bei den Dreien an. Die Kinder umringten die Männer mit den Kisten, die Mühen hatten, den Überblick zu behalten. Obwohl Berg und Korthaus erst am anderen Tag die Modelliermasse auspacken wollten, gaben sie dem Drängen von Klein und Gross bald nach. Sie waren zunächst völlig damit in Anspruch genommen, den Kindern verständlich zu machen, dass die Masse nicht essbar ist. Glücklicherweise halfen die Mütter mit, den raschen Weg von der Hand in den Mund zu unterbinden. Zwei junge Männer bauten blitzschnell aus etwa 10Kilo Masse eine grosse Rollmaus. Es war nicht so gedacht, eine so grosse Menge gleich zu Beginn zu verbrauchen. Aber Berg und Korthaus spielten mit. Es roch plötzlich seltsam. Berg sah, wie eine Frau einen Klumpen der Masse zum Essen braten wollte. Er musste energisch einschreiten. Nun wurde auch ein Versäumnis offenbar. Berg nahm sein Handy und rief Müller im gerade davonfliegenden Hubschrauber an: " Wir brauchen dringend zwei Säcke Reis, zwei Säcke Mehl und eine grosse Kiste Süssigkeiten. Die Leute sind etwas enttäuscht, dass die schöne Masse nicht geniessbar ist." Müller meinte:" Vor morgen nachmittag kann ich nicht zurück sein." Berg amtwortet: " Das ist besser als nichts." Am anderen Morgen wurden Berg, Korthaus und Nanamurti von den jungen Leuten mit einem Trommelkonzert geweckt. Die Drei standen auf, nahmen ein Stück Fladenbrot, einen Schluck Bananenschnaps und gingen mit den etwa 12 jungen Männern und Kindern zum Wasserloch und den dort liegenden Säcken mit der Modelliermasse. Sie formten kleine, säulenförmige Rollmäuse, die wie eine kleine Stadt im Sand staken. Die Masse härtete bald aus, wurde aber durch die harte Sonnenstrahlung rissig. Gegen Nachmittag waren sie fertig. Kurz darauf kam der Hubschrauber mit den Lebensmitteln. Mit Eintritt der der Dämmerung war das Essen fertig. Alle Bewohner und ihre drei Gäste sasen am Boden um eine Reihe von Töpfen herum. Es war ein Festessen geworden. Sie feierten die Rollmäusegalerie und die Lieferung der Lebens- mittel. Nach dem Essen wurden kleine Fackeln und Öllampen angezündet, Trommeln erklangen, doe Bewohner tanzten, Korthaus tanzte mit, während Berg mit Nanamurti beiseite ging um ein Gespräch zu führen. Nanamurti sprach: " Ich habe die jungen Leute heute beobachtet. Sie sind völlig in ihre Arbeit versunken gewesen, eine Art und Weise, die ich in Indien bei den Teppichknüpfern gesehen habe. Es ist die Versenkung, in der Beobachter und Beobachtetes eins werden. Ich beginne zu verstehen, dass der Europäer mit seinen komplizierten Tätigkeiten etwas Ähnliches leistet." Berg meinte:" Wo liegt aber der grundlegende Unterschied zur Meditation, wie sie sie kennen ? es gibt doch einen solchen Unterschied ?" Nanamurti erwiderte: " Gewiss. Es gibt zunächst den Unterschied des Tuns nach aussen, bei welchem das Tun ins Innere sekundär ist und das Ergebnis der Kontrolle des aussen Liegenden unterliegt. Deshalb kann eine Erfüllung eintreten, oft kann sie es auch nicht. Der entscheidende Unterschied ist, die Meditation will Vollendung der inneren Architektur, wie sie wächst, wandelt, sich verändert und zuletzt ins Verlöschen ein- geht. Das Tun ins Äussere, von dem unser Lehrer Lao Tse sagt, es wäre gut zu lernen nicht zu tun, treibt irgendwo hin." Berg meinte: " Gewiss, ist denn eine Synthese denkbar ?" Nanamurti antwortete: " Vielleicht waren die Vorbuddhisten dazu in der Lage. Aber wo läge der Vorteil, wenn es möglich wäre ? Ich habe das schon oft gefragt." Berg erwiderte: " Es würde das Leben bunter gestalten. Doch der wichtigste Grund ist ohne Zweifel der Wettbewerb der Evolution. Die ins Äussere gehenden Wesen sind erfolgreicher, als die Introvertierten." Nanamurti meinte: "Zur Zeit escheint es so. Sie wissen aber auch, dass es eine Täuschung sein kann." "Ja," gab Berg zu:" Wenn wir die Entwicklungen der nächsten Jahrtausende vorausahnen, sieht das alles ganz anders aus. Vielleicht gibt es dann kein Europa und kein Amerika mehr, wie wir es kennen." Nanamarti sah in Gedanken vor sich hin. Die Nacht war sternklar, die Sternbilder des Südens lagen als bunter kosmischer Garten bis zum Horizont hinab um sie herum. Nanamurti sprach:" Sie sprechen von der Zeit, - aber was ist die Zeit ?" Berg erwiderte:" Wir sind in einer dauernden Notwehrsituation die uns zwingt, die Zeit zu beherrschen. Nur so können wir überleben." Nanamurti nickte und sagte: " Sie ist auch eine Sucht. Sie lässt uns die Zeitlosigkeit vergessen." Berg nickte. Die Beiden schwiegen und gingen langsam zu den Hütten zurück. Korhaus und Berg fuhren an einem der nächsten Morgende mit den Motorräder in ein weiter nördlich liegendes Tal. Dort sollte ein See sein, der zur Trockenzeit noch Wasser hatte und vielleicht geeignet war den Oasenbewohnern Wasser zu liefern. Mit Müller hatten sie verabredet, dass er am Südrand des Sees Benzin deponiert. Sie sahen nach einigen Stunden Fahrt im gleissenden Sonnenlicht die rote Plane des von Müller angelegten Depots. Als sie bald darauf weiter fuhren, kamen sie zu einem Tal, indem der See lag. Er war geschrumpft, die alten Uferlinien waren noch zu sehen. Elefanten und Antilopen waren am Ufer zu sehen. Die Beiden legten die Motorräder ab und gingen zum Ufer hinab. Als sie dort ankamen, suchten sie sich einen schattigen Platz. Sie assen von ihrem Brot und tranken Wasser und einen kleinen Bananenschnaps. Korthaus fragte:" Nanamurti spricht von der Zeitlosigkeit, aber sieht er die Zeit nur als Notwendigkeit ?" Berg antwortete: " Ich habe gedacht, so wäre es. Mitlerweile bin ich nicht mehr sicher. Es ist alles voller Missverständnisse in unseren Gesprächen. Er ist auf die Innenwelt fixiert, das ist ganz klar. Aber haben Sie ihn gesehen, wie er mit dem Ton gearbeitet hat?" Korthaus meinte: " Er hat die Zeit genossen." Berg meinte: " Ja, er ist genauso gern in der Dauer eingebunden wie wir. Die Unterschiede sind nicht so radikal, wie sie aussehen. Aber die Gewichte und Bedeutungen liegen anders." Korthaus stimmte zu und ergänzte:" Und bei einem gewissen Mass der Gewichtsverlagerung entsteht etwas Anderes." Berg sprach:" Ein grosser Teil der Tiere lebt buddhistisch, was die Innenfixierung betrifft. Ich habe Echsen gesehen, Leguane, Fische, Raubkatzen. Sie ruhen oft nur in sich selbst." " Immerhin werden die Einzeller bereits gezwungen sich nach aussen zu wenden", wandte Korthaus ein. Berg stimmte zu: " Ja, und irgendwann wird die Antwort auf den Druck von Aussen zum Bedürfnis. Der Blutrausch kommt vielleicht ursprünglich aus Notwehrsituationen. Später verselbständigt er sich bis zum Massenmord." " Dann könnten Rationalität und Versenkung etwas Gemeinsames haben. Sie machen die Gesellschaften friedlicher," meinte Korthaus. Berg sprach nach einer Weile: " Wir sind mit unserer Geschichte, ihrer Technik und ihren Abenteuern weiter gekommen als jedes andere Lebewesen, als jede andere Kultur der früheren Gesellschaften, und doch überrifft die ästhetische Produktivkraft der Innenwelt noch unsere Aussenwelt." Korthaus nickte und sprach: " Ästhetik ist nur sekundär nach aussen gewendet. Es sind Blumen ohne Betrachter möglich, nicht aber ohne Gestaltungs- kraft." "Und das weiss Nanamurti, deshalb ist er uns voraus." ergänzte Berg. "Damit haben wir wieder einen Umschlag ins Gegenteil gefunden. Das Ästhetische ist ja nach aussen gewendet, es ist Schein und wirkt innen, - es kommt auch von innen. Ein klassisches Paradoxon.", fügte Korthaus hinzu." Berg meinte:" Aber es ist sehr logisch, denn der Schein und der Reiz gehören zusammen, sie vermitteln die Objekte unter- einander." Korthaus sprach: " Darin trifft sich die Versenkung mit dem Tun. Sie haben gewiss gesehen. dass Nanamurti ein Bild abgibt. Er ist auch in seiner Versenkung ein ästhetisches Moment." Nach einer kleinen Pause sagte Berg: " Die Psychoanalyse stützt die Idee vom Reichtum in der Versenkung. Sie kennen auch diese Einteilung in Wachbewusst- sein, Unterbewusstsein, Ich und Es." Korthaus antwortete: " Das Wachbewusstsein ist nur ein Fenster sozusagen, aber mit einer gewissen Exekutivfunktion." Berg sprach: " Das Leben wird durch diese Möglichkeiten bunter, reicher und gefährlicher. Wichtige Dinge werden oft durch wenige Neuronen entschieden, man muss nur die Perversionen und die Erfindungen als Beispiele betrachten... Und übrigens ist die buddhistische Konzeption des Kosmischen Bewussteins und der Veränderbarkeit durch Versenkung am Wachbewusstsein orientiert. Da treffen wir uns: Indien und der `Westen.`" Die Beiden entdeckten weitere Gemeinsamkeiten der Kulturen. Korthaus sprach: " Neuerdings nähern wir uns der indischen Moraltheorie. Die beinahe kausale Konsequenzmoral der Buddhisten gleicht sehr unserem naturwissenschaftlichen Verständnis von gesunder Lebensführung. Wenn man sich schlecht aufführt, unmoralisch lebt, nicht im Sinne der Momnogamiemoral, sondern als Verbrecher benimmt, führt es im buddhistischen Denken zum Gefangensein in der schlechten Strömung der Grundkräfte. Es kommen schlechte Wesen in den folgenden Generationen aus den Grundkräften hervor. Im Hinduismus erfolgt eine "Wiedergeburt" in niederen Tieren. Wenn man nach buddhistischer Auffassung moralisch lebt, geht man der Auflösung, dem Nirvana entgegen. In unsern Denken folgt dem ausgeglichenen, und in diesem Sinne richtigen Leben Gesundheit und eine hohe Lebenserwartung. In beiden Kuluren folgen kausal Konsequenzen aus dem vorher Gelebten " Berg führte den Gedanken fort: " Mir scheint aber, die Buddhisten sind uns voraus. Ihre Gesundheit zielt ins Soziale. Die Meditation ist einer Medizin für das Gemeinwesen sehr ähnlich, während wir vornehmlich das medizinisch gesunde Individuum im Auge haben." "Ja", meinte Korthaus:" wenn man an die Gesundheitschecks von Rentnern, Rekruten usw. denkt. Eine Gesundheit des Gemeinwesens liegt da recht fern." Berg sagte: " Leider ist uns die Evolution im Wege. Es haben die rohen Völker den Buddhismus verdrängt". " Aber die Vorbuddhisten ?", fragte Korthaus. Berg sprach: " Ich denke, sie kannten und konnten Beides." " Wenn es so ist", erwiderte Korthaus:" hat der Kometen- einschlag, der Atlantis vernichtete, uns in vielerelei Hinsicht zurückgeworfen." " Ja," stimmte Berg zu: "Sonst wäre die Weltgeschichte vielleicht etwas anders verlaufen." Gegen Abend kamen die Beiden zur Oase zurück. Die Bewohner erwarteten sie am Rand der Wiese. Berg erklärte, wo die Wasserstelle lag und schlug vor, Markierungen anzubringen, damit der See auch bei schechter Sicht im Notfall rasch gefunden werden konnte. Müller sollte ein Team zusammen- stellen, welches hohe Pfähle in den Sand einlassen sollte, in einem Abstand, der eine lückenlose Sichtverbindung von Horizont zu Horizont ermöglichen würde. Denn das Haupt- problem war es, den See bei schlechter Wetterlage oder bedecktem Himmel zu finden ohne Umwege machen zu müssen oder sich zu verirren. An einem der folgenden Tage wurden Berg und Korthaus früh am Morgen von einem grossen Pallaver geweckt. Sie hörten die schrillen Begeisterungstöne der kreischenden Frauen, Trommeln, Flöten, Kinder, Applaus. Der Grund war ein Mann, der mitten in der Menge stand und mit Händen und Füssen redete. Sie staunten gewaltig, als sie in diesem als Seher gekleideten Mann den Alten wiedererkannten, der an der Felswand gesessen hatte, die zur Mikrowelt gehört hatte. Die Eingeborenen kannten ihn bereits. Er sprach mit deutlicher Stimme: " Wenn der Büffel geschlachtet ist, kommt das Fest. Wenn das Fest zuende ist, kommt die Verdauung. Denkt an die innere Verdauung. Welche Vergeudung wäre es, den Büffel verfaulen zu lassen, welche viel grössere Vergeudung ist es, die Gärten der Seelen vertrocken zu lassen. Wo draussen drei Wege fort- führen, sind unter den Augenlidern zehn bei jedem Atemzug." Es war nicht klar, wer diese Rede verstand. Die Menschen waren begeistert. Als der Seher sich einem Buddha ähnlich hinsetzte, kamen junge Männer und Frauen hinzu, die ebenfalls im Lotussitz in seiner Nähe Platz nahmen. Einige Stunden später kam es zu einem Gespräch zwischen Nanamurti, dem Seher Babucoffie, Berg und Korthaus. Babucoffie sprach zu Nanamurti gewandt: " Ihr Mönche betrachtet die Welten hinter euren Augenlidern in der Buddhahaltung. Wir Seher nehmen diese Welten überall hin mit. Wir gehen, laufen, ruhen und arbeiten in ihnen." Nanamurti nickte zustimmend. Der Seher sprach weiter: " Unsere Ahnen erzählten von einer Barke, die zum anderen Ufer führte. Viele von jenen, die mit ihr fuhren, kehrten nicht zurück. Einige kamen wieder und verblieben im Sitz des Buddha." Nanamurti nickte wieder. Dann sprach er: " Die Geschichte Chinas erzählt von einer Wanderschaft, die der Erleuchtete begann. Sie führte ihn von der Welt des Tuns zum Nichttun. Es wurden Schulen gegründet. Es gab wandernde Schulen und in sich versenkende Schulen." Der Seher sprach: " Beide Richtungen überschreiten einen Fluss und sprechen von einem anderen Ufer." Im Verlauf der nächsten Tage sprachen die vier Berg: Korthaus, Nanamurti und Babucoffie über Atlantis, die Mikrowelt und die Vorbuddhisten. Berg hatte einige Zeichen in den Sand geritzt und befragte dazu den Seher. Dieser zeigte auf ein Zeichen von zwei voneinander abgewendeten Gesichtern. Berg und Korthaus hatten es als Invertierungs- zeichen gedeutet. Babucoffie sagte dazu: " Es ist ein Zeichen für zwei Zeitdimensionen. Die Richtung der Zeit wird umgekehrt. Es ist also mit der Invertierung ungefähr getroffen." Berg fragte: " Was bedeutet das, die Richtung der Zeit wird umgekehrt." Babucoffie antwortete:" Bei einer Erzählung nit den Zeichen der Atlanter folgt auf das Vergangene das ihm Folgende, so wie auch wir erzählen. Wenn dieses Zeitumkehrzeichen geschrieben ist, folgt nach dem Gestrigen das Davorliegende. Aber es werden dann auch andere Begriffe anders verwendet. Es folgt auf die Wirkung die Ursache und die Wirkung wird zur Ursache." Korthaus sagte verblüfft: " Folgt auf das Gedehnte das Geschrumpfte ?" Babucoffie sagte:"Ja." Berg meinte nun: " Falls das logische Geflecht erhalten bleibt, müsste doch auf allen Ebenen eine Umkehr gelten." Babucoffie meinte: " So ist es, aber mit einer Ausnahme: " Die Auflösung wird nicht umgekehrt, die Unschärfe." Berg meinte:" Das hat, denke ich, erhebliche Folgen." Babucoffie antwortete:" Ja, es ist auch der Schlüssel zur Mikrowelt , denn der Zutritt erfolgt über die Urbewegung. Im Bild: Du bringst deine Verjüngung hervor, wirst vom Erwachsenen zum Kind, dann zum Säugling, dann zum Fötus, bringst Deine Eltern hervor, die dann ebenfalls zu Kindern werden, dann zu Föten, die dann auch ihre Eltern hervor- bringen. Das geht durch die Erdgeschichte weiter und von da aus in die Urgeschichte des Universums, zuletzt zur Bewegung. Und von dort aus beginnt eine ganz andere Welt zu entstehen." Korrhaus fragte:" Wie aber sollte ein Einzelner diese fast endlose Zeit durchschreiten können. Wie sollte jemand in die Mikrowelt gelangen können oder in die Urbewegung ?" Babucoffie antwortete:" Auf einem ähnlichen Weg, wie jenem, den jedes Lebewesen geht, wenn es sich reproduziert. Es durch- schreitet die Entwicklung des Lebens im Eiltempo auf verkürzten Bahnen. Der Fötus braucht neun Monate bis zur Geburt und durchschreitet dabei die Entwicklung des organischen Lebens auf der Erde, einen Zeitraum von 4 Milliarden Jahren." Als Berg und Korthaus sich in der Nacht zu ihrer Zeltplane bei den Motorrädern zurückgezogen hatten, war an Schlaf noch nicht zu denken. Die von dem Seher vorgestellten Gedanken beschäftigten sie noch immer. Korthaus meinte: " Gesetzt den Fall, eine rückwärts gewandte Zeit wäre möglich. Wie sollte diese durch Generationen laufende Entwicklung in verkürzter Form denkbar sein. Der Fötus hat den Mutterleib, aber was hat das rückwärts sich entwickelnde Wesen ?" Berg sprach: " Sie bringen da etwas herein, einen Ort in der Objektwelt, der ähnlich dem Mutterleib die Rückwärtsentwicklung beherbergt." Korthaus meinte verblüfft: " Wo Denkgewohnheiten hinführen können. Aber wir haben es mit Invertierungen zu tun, der invertierte Ort ist...", er dachte nach. Berg ging dazwischen: " Bewegung in einer Struktur." Korthaus fiel das fehlende Puzzlesteinchen ein:" Tanz, der vermittelnde Tanz rollt die Bewegung nach rückwärts auf." Berg sagte: " Das wäre ein grossartiges und zugleich einfaches Modell, aber ich zweifle ob das nicht wieder nur eine Spekulation für die Erklärung einer Spekulation ist." Korthaus meinte: " Nehmen wir mal nur das, was wir haben: die Funde auf den Azoren, die Mikrowelt, der Tanz der Verwandlungen, den Seher und die rückwärts laufende Zeit." "Ja, gab Berg zu:" Das ist schon viel." Die Mäuserennen sprachen sich in den Dörfern herum, ebenso die Mäusegalerie aus den Plastikfiguren am Wasser. So kam es, dass die Oase einen kleinen Aufschwung erlebte. Eine Familie begann mit Figurenhandel. Die Mäusefiguren waren ein grosser Erfolg. Berg, Korthaus, Nanamurti und Babucoffie sassen in den Spätnachmittagsstunden oft am Wasserloch unter den Palmen und sprachen miteinander. Die Position von Babucoffie glich in vielen Details denen der Vorbuddhisten. Babucoffie war das Meditieren vertraut, aber er war nicht annähernd so häufig damit beschäftigt wie Nanamurti. Berg und Korthaus blieben, was sie waren: Abenteuerer und Arbeiter. Was sie davon abhielt, zu ihrem Zielort zu fahren, waren die Bauvorhaben in Lune Bire, deren Ende sie abwarten wollten, und die Anwesenheit des Sehers und Nanamurtis. Für Beides gab es wichtige Gründe. Müller hatte ihnen geraten, der Bauastelle fern zu bleiben. Jeder der in Lune Bire etwas zu sagen hatte, also fast jeder Clan, machte Änderungswünsche, die meist unrealisierbar waren: Eine Limonadenbar, ein Freibad, eine Sternwarte, eine Buslinie usw. Man hatte erfahren, dass im Hintergrund Geld war. Was die beiden andern anging, Nanamurti und Babucoffie, so war damit zu rechnen, dass sie verschwinden würden, wenn die Motorradfahrt weiter ging. Unterdessen nahmen Berg und Kort- haus den Unterricht für die Dorfkinder auf. Sie wollten wahrscheinlich gar nicht weg. Während die Wochen dahin gingen, verselbständigten sich die angefangenen Vorhaben in Lune Bire. Regierungsvertreter, auch die der Anrainerstaaten schlichen in Lune Bire herum wie die Raub- katzen nach der Beute. So kam es zu einem wegweisenden Gespräch unter den Palmen am Wasserloch. Nanamurti sagte, zu Berg und Korthaus gewandt: " Ich beobachte, wie sie sich zurück ziehen, dennoch ein- gefangen werden vom bewußtlosen Leben und dann wieder sich in sich zurücknehmen, eine anstrengende Lebensart." Berg antwortete:" Das ist mir bewußt, aber es geht nicht besser." Korthaus meinte:" Es ist wahr, wir sind wieder an einem Punkt, wo das demnächst zu Erwartende weit weggedriftet ist vom ersten Weg, deshalb sind wir noch immer hier." Nun sprach Babucoffie:" Die Balance ist das Schwerste." Er nahm eine Flasche Bananenschnaps, nahm einen Schluck und sah zufrieden vor sich auf den Boden. Nanamurti meinte: " Ich denke Sie haben mir zu einer wichtigen Einsicht ver- holfen, Sie alle drei. Das Zurückgehen schützt uns vor dem Verlust des Zentrums in der Welt. Aber es ist doch nicht mehr jene alte Balance, von der Babucoffie spricht und von der der Tanz einen Rest darstellt." Sie suchen Atlantis, während der Meditierende sich in sich selbst versenkt und obacht gibt." Korthaus fragte Berg: " Was wollen wir machen ?" Berg antwortete: " Wir haben einen grossartigen Scheinangriff begonnen mit dem Zielort Lune Bire. Wir könnten nun das Zentrum an- greifen und sehen wer gewinnt." Es entwickelte sich daher ein völlig neuer Ansatz bei den Vieren. Sie wollten im Schatten von Lune Bire die Vor- buddhisten neu erstehen lassen, oder mindestens einen Einblick gewinnen, wohin der grosse Weg führt." Beim nächsten Treffen der vier Philosophen unter den Palmen an der Wasserstelle begann Berg: " Wenn Sie erlauben, steckt sich jeder von uns einen kleinen Sender an, damit unsere Gespräche über Funk aufgezeichnet werden. Ich denke wir sind an einer wesentlichen Stelle unserer Untersuchungen angelangt, die nicht verloren gehen sollte." Damit gab er jedem einen Anstecker mit einem nur wenige Zentimer grossen Sendegerät. Als alle vier damit versorgt waren, begann Berg zu sprechen: " Sie erimnern sich an das Material aus den Höhlen der Azoren. Ich denke wir sind nahe an der Aufklärung der ganzen Begebenheit, die ihren Höhepunkt vor etwa 10 000 Jahren gehabt hatte, als Atlantis versank. In den Höhlen hatten wir deutliche Hinweise gefunden, dass der wahrhaft apokaliptische Impakt vor zehntausend Jahren nicht der erste war, den die Atlanter erlebt hatten. Sie haben sich dem vollständigen Untergang entziehen können, weil sie über die Rückabwicklung der Urbewegungen sich in andere Dimensionen begeben konnten und daher für das Impaktgeschehen nicht mehr erreichbar waren. In diesem Zusammenhang tauchen auch Belege für Vorbuddhisten auf. Sie erscheinen zumindestens in weiten Teilen wie eine Synthese aus europäischer Gegenwart und buddhistischer Vergangenheit. Eine wichtige Frage ist, warum sind sie verschwunden? Die Funde in den Höhlen weisen darauf hin, dass die Forschungen der Atlanter viel mit dem Überleben von Impakten zu tun hatten. Der Schluss liegt nahe, dass beim Ausbleiben von Impakten oder bei der Auswanderung der Atlanter in die Mikrowelt das Wissen und die Techniken verloren gingen, die mit den Urbewegungen zusammen hängen. Es blieben die buddhistischen Welten erhalten, weil sie immer benötigt werden." Die drei andern stimmten zu. Berg sprach weiter: " Im universalen Zusammenhang ergibt sich folgendes Bild: Die Organismen entwickeln mit der Zeit, wobei unklar ist wie lange es dauert, zunächst die Fähigkeit die Welt zu erkennen und dann zu verwandeln. Zuletzt gehen sie zurück in die Urkräfte und erzeugen neue Welten. Sie wandern dorthin aus, bis sie verlöschen. Die zurückgebliebenen Lebewesen durch- laufen ähnliche Entwicklungen. Die Buddhisten konnten diese Entwicklung überspringen und sogleich verlöschen. Die Frage stellt sich: ist bei diesem Überspringen auch der Lebens- prozess übersprungen oder sind Stufen weggefallen, weil sie nicht mehr gebraucht werden?" Babucoffie sprach:" Eine in sich schlüssige Theorie, nur zu schlüssig." Berg fragte: " Habe ich etwas vergessen?" Babucoffie reichte seine Flasche herum und sagte: "Die Ordnung ist ein Arsenal von Werkzeugen und im Ganzen betrachtet ein Mittel und kein Selbstzweck. Wir sehen es an der Entwicklung des Luxus, der mehr als nur nützlich ist. Er ist auch ästhetisches Ereignis, eine Grundkraft des Lebens. Die Atlanter wollten die anderen Dimensionen kennenlernen und zugleich Orte des Überlebens finden. Wer weiss was zuerst da war ? Die Urkräfte sind eine dichte Struktur, die alle Möglichkeiten der späteren Formen keimhaft enthält. Also ist das Zurückgehen auch ein Eintreten in die dichte Struktur der Möglichkeiten, die nach unserer Wahrnehmung in der Vor- geschichte des Universums liegt. Es sind Sinn, Unsinn, Not- wendigkeit und Freiheit ineinander. Natürlich sind die Atlanter aus ihrer Epoche geflüchtet. Sie werden in der Mikrowelt keinen Impakt mehr erleben, weil eine unserer Sekunden für sie eine ganze Erdgeschichte dauert oder mehr." Nun meinte Korthaus: " Ich habe die Mikrowelt als Beengung erfahren und auch die Bewohner empfanden es so. Und die Atlanter haben wir nicht gefunden." Nun schaltete sich Nanamurti ein: " Mir fällt ein Bild ein, dass ich aus der europäischen Technik kenne: die Mikrowelt entsteht nicht einmal sondern in einem Echoeffekt mehrmals. Aber die späten Echos bilden die Welt nicht vollständig ab, sondern dünner, lückenhaft und schwächer." Korthaus fragte: " Zu dieser Abschwächung gehört also auch die Unfreiheit ?" Nanamurti antwortete:" Ja, sehr wahrscheinlich und auch die Verzerrung. Diese Echowelt war nicht die Welt der Atlanter." Berg und Korthaus waren sehr erstaunt über die moderne Ausdrucksweise von Babucoffie. Aber es war nicht so sehr verwunderlich, er hatte in England gelebt und studiert. Auch Nanamurtis europäische Denkweise war aus einem Studium in England erklärbar. Nanamurti sprach weiter: " Wenn man in die Welt der Empfindungen eintaucht und von da aus hinaussieht- ich kann Ihnen nicht sagen, wie es gemacht wird- dann sieht man die Konstruktion der Welt aus Vor- stellungen, Bildern, Tönen, Worten und Erinnerungen. Man sieht ihre Grenzen und ihre Künstlichkeit. Das Problem des europäischen Denkens kommt nicht aus diesen Zusammenhängen, sondern aus der Verselbstständigung dieser gedachten Welten zu einer objektiven Architektur der Welt. In dieser Denkweise ist die Substanz, aus denen die Objekte bestehen, wirklich. - Für viele von uns ist es der Schleier der Maja -. Ihre Bezüge unterliegen sogenannten Gesetzen. Die Wiederholungen, die wir benötigen, werden zu "Naturgesetzen". Es ist natürlich nicht so, dass es völlige Beliebigkeit gäbe. Wir haben ohne Zweifel mit und ohne subjektive Tätigkeit Regel- mässigkeiten. Aber sie haben Wirkungsschichten, von denen wir wenig wissen." Korthaus meinte nun: " Das ist auch meine Meinung. Berg und ich haben genau diese Schichten vermutet und sie im Begriff des Nichtidentischen zusammengedacht, obwohl sie negativ sind, also nicht gedacht werden können." Babucoffie sagte: " Seltsam, dass Sie das sagen. Es kann vieles noch entstehen. Gerade die Europäer machen das ständig, erfinden und produzieren vorher nicht Denkbares." Korthaus stimmte zu: " Ja, Sie haben recht, das Nichtdenkbare ist das, was immer wieder neu entsteht, ein Halo des Nichtidentischen um das Produzierte, bildlich gesagt." Berg sprach nun:" Manchmal habe ich eine Ahnung wie Sie denken, Nanamurti. Sie denken in Gefühlen, fast bilderlos,- stimmt das ?" Nanamurti stimmte zu. Berg sprach weiter: " Zumindestens weiss ich jetzt, warum wir dieses gefühlte Denken so schwer verstehen kann. Es ist genau besehen kein Gefühl, wie wir Europäer es kennen. Es gibt keine Wut, keine Zuneigung, allenfalls einen friedfertigen Grundton. Ich denke auch, das hat Lao Tse gemeint, als er davon sprach, der Weise sei unzugänglich für Feindschaft und für Freundschaft. Das wurde natürlich auch missverstanden." "Aber ja, so ist es", warf Nanamurti ein und fuhr fort: " Der fränzösische Sänger Leo Ferre hat es besungen : Die Worte sind die Kanäle, mit denen die Analphabeten sich ein gutes Gewissen verschaffen." Berg sprach weiter: " Es gibt einen Zustand, in dem die zwingenden Bezüge zwischen den Objekten, den Begriffen davon und dem logischen Gerüst sich lockern. Man sieht, hört und fühlt ein grosses Bild, einen Raum, in dem alles so ist wie es war, aber leicht und trennbar vom gewohnten Zusammenhang. Die Kohärenz der Welt lässt nach." Nanamurti sprach mit einer für ihn ungewohnten Heftigkeit dazwischen: " Sie sind ganz nah dran. Wenn Sie so weitergehen, fühlen Sie die Freiheit des Verlöschens. Die Kohärenz steht uns im Weg." Korthaus fragte: " Ist es vielleicht die Hauslosigkeit, von der Buddha sprach, die uns allerdings erschreckt ?" Nanamurti antwortete: " Ich weiss es nicht, aber es könnte eine Nähe zu ihr vor- liegen. Buddha hat sie nicht erschrocken. Ich denke, die Kälte, die der Europäer dabei fühlt, ist projeziert. Es ist alles durchsetzt von Missverständnissen." Babucoffie sagte nun: " Man sieht die Missverständnisse auch in der Tatsache, dass der Buddhist mitfühlend ist, obwohl er sein Haus verlässt. Und man sieht es im Begriff vom Nirvana, der für Euroäer mit Tod und Ohnmacht zusammenhängt. Aber es wirkt im Nirvana ein unaussprechliches Wachsein, das Gegenteil des Todes. Dem Europäer ist der Kosmos eine leere Staubansammlung oder ein von einem Gott bewohnter Geist, der menschliche Grenzen ver- körpert". Babucoffie sprach nach einer Weile weiter: " Ein Frankfurter Philosoph sagte einmal: Das Ich ist der Knoten, den es aus Freiheit zu lösen gilt." Nanamurti entgegnete:" Ja, das berührt den Nerv unserer Gedanken. Der Europäer fürchtet sich vor der Aufgabe des Ichs. Aber zu Unrecht. Ihm bleibt das Selbst und darunter das Kosmische Bewusstsein." Gegen Mitternacht begaben sich Berg und Korthaus in die Savanne um ihre Gespräche unter vier Augen fortzusetzen, während Nanamurti und Babucoffie in der Siedlung blieben. Berg meinte zu Korthaus: " Der Begriff des Kosmischen Bewusstseins macht mir Schwierigkeiten. Sie wissen, dass ich im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen Kosmologie auch im anorganischen Bereich Lebensprozesse vermute und vereinzelt auch Steuerungszentren. Aber was soll man sich unter einem Bewusstsein vorstellen, das keinen Ich- Kern hat ?" Korthaus antwortete:" Sie haben recht, was soll das sein. Ich denke, dass man über die Frage der Eigenschaften näher an eine Vor- stellung vom Kosmischen Bewusstsein herankommt. Es ist kein Subjekt, es hat keinen individuellen Willen, ist aber auch keine Materie. Was unterscheidet es von einem Vakuum oder einem leeren Raum ?" Korthaus gab selbst die Antwort und sprach weiter: " Es ist eine Art Echo, Wahrnehmung, Reflexion, die denken kann." Berg meinte nun: " Das bringt uns etwas weiter. Es muss auch irgend eine Intelligenz hinzu gedacht werden, die aber passiv ist. Es wäre also ein körperloses, passives Denken. Aber was denkt es ? Sie sehen, die Wegnahme der Produktiven und der lebendigen Eigenschaften führt zu einem Nichts. Vielleicht münden diese Vorstellungen ins Nirvana." Korthaus antwortete: " Es ist denkbar. Dann wäre der Gedanke naheliegend, dass wir es mit Projektionen zu tun haben. Es gäbe das Kosmische Bewusstsein und das Nirvana nur als Vorstellung." Berg meinte:" Nun könnte aber diese Art der Beweisführung als zu sehr positivistisch kritisiert werden." Korthaus nickte und sagte:" Ja,wir sind ausserdem viel zu sehr in Gedanken befangen. Es geht doch um das Erleben, nicht um Worte." " Sie sagen es", meinte Berg: "Die alte Geschichte, man muss es erleben, dann wird es denkbar. Wenn man sich dem Verständnis durch Meditation nähern kann, muss die Meditation noch etwas anderes sein als unsere Art des begrifflichen Denkens." Korthaus sprach:" Erinnern Sie sich an unsere Gespräche über den Positivismus, die Wissenschaft als Ersatzreligion ?" Berg nickte, Korthaus sprach weiter:" Ich erinnere mich, dass wir darüber sprachen, wie die Grundbegriffe unseres rationalen Denkens ihre unerschütterliche Basis erhalten: Raum, Zeit, Materie, Energie, die physikalischen Modelle, die Mathematik. Sie sind alle durch unzählige Erfahrungen der Praxis bestätigt. Man bemerkt nur nicht, dass damit Filter wirksam werden, die eine zugerüstete Weltsicht bestehen lassen. Wir sehen die Modelle und Gesetzmässigkeiten als vollständige Realität an. Das von den Filtern Ausgeschiedene kommt ab und zu herein und wird als Zufälle und unaufgelöste Erschein- ungen behandelt, als ob eine weitere Triggerung ins Feinste dereinst eine Auflösung in ein neues Modell erbringen würde. Bei den Quarks ist zunächst ein Ende erreicht, das Ungefähr setzt ein. Die Folgen dieser Denkweisen sind eine Zuordnung aller Erscheinungen in das Grundraster. Deshalb versteht man Meditation nicht. Ebenso versteht man das Bewusstsein nicht und das Kosmische Bewusstsein auch nicht." Berg antwortete: " Wir haben viele Gründe anzunehmen, dass unser Weltbild ein Phänomem ist, welches ich mit Latenzebene beschrieben hatte, die Welt als "Maschine", die irgendwann ausläuft. Die eigent- lichen Grundkräfte werden nicht verstanden: " Ästhetische Impulse, kreative Entwürfe usw. Der Darwinismus behandelt sie als Überbleibsel im Lebenskampf. Man bemerkt nicht, dass Maschinen nicht kämpfen können. Das Weltbild ist voll von Widersprüchen." Babucoffie und Berg gingen eines Abends vor der Oase spazieren. Babucoffie fragte: " Sind Sie auf der Suche nach dem Nirvana, wie Nanamurti es tut ?" Berg antwortete:" Nein! Ich kann an keine Singularität glauben, auch nicht an eine Negative." Babucoffie antwortete: " Das hatte ich erwartet, aber Sie sind es ja längst." Berg meinte:" Spielen Sie an auf den Augenblick ?" Babucoffie antwortete:" Gewiss, aber es ist zugleich auch keine Singularität." Berg sagte: " So sehe ich es auch. Es ist ein Paradoxon, das ständig eine Lösung erfährt und wieder zerfliesst. Wenn man handelt, verschwimmt es, wenn man sich versenkt, verschwimmt es auch. Der Augenblick erscheint unendlich und verschwindet doch wieder in der Auflösung. Manchmal denke ich, die Bewusstheit des Augenblicks oszilliert." Babucoffie fragte: " So ist es. Haben Sie eine Vorstellung, wie hoch die Frequenz dieser Oszillation ist?" Berg meinte: " Ich denke sie schwankt stark. Es könnte ein Minutentakt sein und auch ein Sekundentakt." Babucoffie sagte: " Was halten Sie davon, dass es mehrere Frequenzen gleich- zeitig sind ?" Berg antwortete: " Diese Theorie eines wandernden bewussten Kerns legt es nahe, dass er in der Frequenz schwankt." Babucoffie sprach: " Die Atlanter haben diese Frequenzen beherrscht." Berg fragte: " Das denke ich auch. Ist es Ihnen überliefert worden ?" Babucoffie zögerte und überlegte, ob er antworten sollte. Dann entschloss er sich zu antworten: " Ich habe es geerbt." Berg war überrascht und fragte: " Sie sind ein Nachkomme der Atlantern?" Zu Bergs Über- raschung sagte er: " Ich weiss es nicht. Ich weiss aber, dass dieser ungeklärte Punkt der Überlieferung und Vererbung zu der Idee der Seelen- wanderung beigetragen hat. Denn die leibliche Vererbung leistet es nicht. Viele Nachkommen zeigen diese Fähigkeiten der Vorfahren nicht, sodass man auf die Idee kommt, es gäbe noch andere Arten der Vererbung. Von da aus zum Kosmischen Bewusstsein und zur "Seelenwanderung" ist es kein grosser Schritt, besonders, wenn man nicht von einer persönlichen Seele ausgeht, sondern von Seelenkräften, wie der Buddhis- mus." Berg erwiderte: " Sie haben recht. Es wird mir schlagartig klar, warum die indische Philosophie für uns mit einer Nicht- unterscheidung von Subjekt und Objekt operiert, obwohl sie psychologisch klar das Ich und die Dinge trennen. das Kosmische Bewusstsein ist überall, innen und aussen, daher wandert es durch alles und hebt die Trennungen auf." Das gleiche Thema besprach Berg bald darauf mit Korthaus: " Die alten Inder sind empirisch, für unsere Verhältnisse recht modern an die Frage der Vererbung heran gegangen. Sie haben vielfach gesehen, dass herausragende Eigenschaften oft nicht an Kinder und Enkel weitergegeben wurden. zugleich aber sahen sie die überaus umfangreiche Weitergabe von Eigen- schaften in der Vererbung bei Tieren auf ihre Nachkommen. Andererseits erschienen Eigenschaften auf Nachkommen nicht leiblich verwandter Linien vererbbar zu sein. Der Unterschied lag demnach im Bewusstsein. Die Schlussfolgerung, dass das Bewußtsein ähnlich den elementaren Eigenschaften sich über eine subjektive Eigenschaft hinaus sich in einer objektiven Bewusstheit erstreckt und von dort "vererbt", überträgt, war naheliegend. Also musste es ein weiteres und umfassenderes Medium geben, durch welches die geistige Vererbung erfolgt. Dies war das Kosmische Bewusstsein, das ebenso universal aufgefasst wird wie in Europa die Energie. Die Seelenwanderung kann als ein Ableger dieser Auffassungen betrachtet werden, allerdings ist diese Wanderung als Wieder- geburt in Tieren psychologisch zu verstehen." Korthaus meinte: " Das Problem scheint mir zu sein, dass der rationale Kern der Ideologien mit der Zeit durch Projektionen und Phantasien überwuchert wird. Besonders die einfachen Geister verfallen gerne Märchen, während der rationale Teil der Bevölkerung in der Minderheit ist." "Aber ist ein Kosmisches Bewusstsein nach unserem Denken mehr als Phantasie ?", fragte Berg. Korthaus antwortete: " Wir können nicht mehr zurück. Seit wir die Nichtidentität erkennen, sind alle Singularitäten unglaubwürdig. Anders ist es, wenn man Bewusstsein ganz anders auffasst, sozusagen als eine besondere Art der Speicherung von Informationen." Berg meinte:" Gerade das führt doch wieder zu einer Vermittlung, die in die Nähe einer völligen Kohärenz rückt, also Nicht- identisches ausklammert." Korthaus stimmte zu: " Ich denke, Sie haben recht, die grösste Annäherunmg an die indische Kosmologie ist wohl das Paradoxon: Man muss es denken und weiss, dass es nicht möglich ist. Es kippt ständig zwischen Beweisbarkeit und Unbeweisbarkeit hin und her." Korthaus antwortete: " Ich denke die Welt funktioniert sehr präzise, wenn man den Durchgangspunkt im Subjekt als letzte Instanz sieht. Objektivität ist sekundär, auch wenn erfolgreich mit ihr produziert wird. Ich verstehe, warum die Inder nach einem vermittelnden Medium gesucht hatten. Es gibt in der Konstruktion des Weltgeistes im abenländischen Denken Vergleichbares." Berg sprach: " Nur ist der Weltgeist der Trennung in Leib und Geist nach- konstruiert worden." Korthaus stimmte zu. Er sagte: " Manches haben wir dem altindischen Denken entnommen. Oft ist das Nachahmen dann missglückt." Korthaus sprach: " Sie protestieren nicht ?" Berg fragte zurück: " Gegen das Ich als Mittelpunkt? Sie sprachen doch von einem Durchgangspunkt. Der ist doch nicht zwingend Mittelpunkt." Korthaus antwortete:" Ja, mit Absicht. Mir ist wohl deutlich geworden, dass das Ich als Totale in Singularität umkippt." Berg war recht zufrieden mit dieser Interpretation. Zur Bestätigung, dass sich ihrer Beiden Positionen mittlerweile angenähert hatten, sagte er: " Wir müssen auf die Funktionen der Begriffe achten. Die Objektivität ist auch so ein Schleier der Maja, von dem Schopenhauer spricht." Am folgenden Tag sprachen die Beiden davon, ihre Motorradfahrt durch die Wüste fortzusetzen. Berg hätte gern die Beiden, Nanamurti und Babucoffie mitgenommen. Er sagte zu Korthaus: " Ich könnte sie auf die Fahrt mit uns ansprechen." Korthaus war einverstanden. Berg sollte also mit den Beiden reden. Abends nach dem Essen, sagte Berg zu Nanamurti und Babucoffie: " Kommen Sie mit uns. Ich bestelle zwei weitere Motorräder, Sie üben etwas, und sie lernen unsere Welt kennen." Nanamurti stimmte zu, Babucoffi meinte: " Wenn wir etwas Zeit zum Üben haben, könnte es gehen, ich mache auch mit." Es dauerte eine Woche, bis die Motorräder mit dem Hub- schrauber eingeflogen worden waren. Weitere, zum Teil dramatische Übungsstunden verbrachten Nanamurti und Babucoffie mit Fahrversuchen oberhalb und im Sand. Sie liessen sich nicht beirren. Babucoffie war meist unter Alkohol und nahm die Stürze gar nicht ernst. Nanamurti war sehr vorsichtig. Er brauchte einige Tage, bis er den Motor antreten konnte, aber er war gründlich. Eines morgens vor Sonnenaufgang standen die vier mit ihren vier Motorrädern zur Abfahrt bereit in Richtung Norden. Die Motoren knatterten, die Dorfbewohner standen mit etwas Abstand dabei, und einge junge Männer trommelten zum Abschied wie wild, um dem Motorengeknatter etwas entgegenzusetzen. Sie lachten und feuerten sich gegenseitig an. Korthaus spielte mit, dann Babucoffie auch. Sie liessen die Motoren aufheulen. Dann fuhren sie los, alle vier nebeneinder. Etwa 20 Kilometer von der Oase entfernt lag eine grosse vor- zeitliche Felsplatte, die etwa 40km lang war und in einer schwachen Neigung in ein Urstromtal führte. Sie war fast völlig glatt und unbewachsen. Berg hatte die Fahrroute so gewählt, dass sie über die Felsplatte führte, etwas abseits von der Hauptrichtung. Die Beiden, Berg und Korthaus waren sie schon einmal hinabgefahren. Die anderen sollten das ebenso erleben. Als sie von fern das Tal sahen, hielten sie an. Berg liess Abstände zwischen den Maschinen einrichten, damit jeder unbeschwert hinabfahren konnte. Korthaus fuhr los, der Motor heulte in höchsten Tönen, der Tacho kletterte hinter die 160 km Grenzmarke. Berg fuhr jetzt auch los, ebenso stürmisch. Ihre Jacken flatterten im Wind, Vögel sahen mitunter auch so aus. Nanamurti fuhr gemächlich hinab, kerzengerade mit majestätischem Blick auf die ganze Landschaft gerichtet. Babucoffie liess sich Zeit, er wollte ganz allein fahren. Er wartete etwa eine halbe Stunde, dann fuhr er auch los. Sein Fahrstil war irre. Es war völlig klar, dass er Unfälle mit den andern verursacht hätte, wenn er nicht so lange gewartete hätte. Er fuhr in Serpentinen, Kreisen, fiel, hin, stand wieder auf, hielt an, nahm einen Schluck und raste völlig wildgeworden hinter den andern her. Er lachte auch wie ein Irrer. Der Motor quietschte aufeinmal, blockierte, und Babucoffie flog durch die Luft. Das war ein Sturz bei 80 Stundenkilometern. Die Maschine flog glücklicherweise eine andere ballistische Bahn als er. Er hatte Glück. Einer der wenigen feuchten Flecken in dieser Landschaft wurde sein Landeplatz. Er rutschte hinein, rutschte noch eine Weile weiter und blieb unverletzt. Die Maschine lag auch im Schlamm. Nachdem er sich von dem Sturz erholt hatte, stand er auf, zog mit Mühen das Motorrad hoch, setzte sich drauf und versuchte loszufahren. Der Motor stotterte, dann lief er an. Währenddessen fuhren Berg und Korthaus auf etwa gleicher Höhe die schiefe Ebene weiter hinab. Nanamurti war weit hinter ihnen und nicht mehr zu sehen. Berg hielt an, setzte sein Headset auf und spielte die 5. von Beethoven, dann fuhr er weiter. Korthaus hatte bereits zu Beginn Musik gehört. Er bevorzugte Klaviermusik. Korthaus hielt ebenfalls an. Als Berg weiter fuhr, startete er ebenfalls. Das sandige Tal rückte näher und mit ihm die einzige gefährliche Stelle dieser Ebene. Auf einer Breite von 1000 Metern gab es einen Abhang, der durch Abruch der Scholle entstanden war. Berg fuhr langsamer. Er suchte jene Stelle neben dem Abhang, die er schon eimmal gefahren war. Die im Südosten stehende Sonne half ihm bei der Orientierung. Bald darauf trafen Berg, Korthaus und Babucoffie wieder zusammen, nur Nanamurti fehlte noch. Sie wollten die Abfahrt in die nächsttiefere Terasse gemeinsam machen, weil Berg die Strecke bereits kannte und Unfälle vermeidbarer waren. Babucoffie war mit, nun getrocknetem Schlamm überzogen. Worte waren überflüssig, also sprach keiner darüber. Die enorme Hitze liess alles rasch trocknen. Es konnte dann heraus- gekloppft werden. Schliesslich kam auch Nanamurti gemächlich herangefahren. Sein Blick war, für ihn ungewöhnlich in die Landschaft gerichtet. Es schien ihm zu gefallen. Sie machten ein Feuer, assen und tranken etwas und fuhren dann, nach einer Ruhepause unter den aufgespannten Planen, hinter- einander durch Geröll und schmale Hohlwege hinab. Die Ebene war unten noch nicht zuende sondern führte in schwacher Neigung noch einige Kilometer hinab, allerdings nicht so glatt wie im oberen Teil. Sie wollten bis zum späten Nach- mittag an einer Wasserstelle sein, die nicht weit entfernt war. Babucoffie hatte etwas anderes vor. Er wollte noch einmal hinauffahren. Er meinte, da der Weg nun bekannt ist, wäre es nicht schwierig. Berg sprach: " Das wäre ein ästhetischer Anblick, aber ohne eine Markierung des Abbruchs zu gefährlich". Nanamurti meinte: " Ich bleibe und warte vor der Abbruchstelle und schalte die Scheinwerfer ein, wenn ich Sie herankommen höre". Berg antwortete: " Das wäre machbar. Am Besten schiessen Sie auch eine Leucht- kugel hoch. Es könnte sein, dass der Scheinwerfer übersehen wird, wenn einer ausserhalb der Richtung kommt, in die er strahlt. Die vier fuhren bald darauf wieder zurück, alle hintereinander, durch Geröll und Hohlwege. Als sie wieder oben an der Abbruchstelle waren, fuhren Sie noch einen Kilometer weiter, wo Nanamurti sich niederliess. Dann fuhren die drei anderen die schwache Neigung der Ebene hinauf zum Ausgangspunkt zurück. Zu Beginn der Dämmering kamen sie zu der Stelle, bei der Babucoffie seine Rutsch- partie gemacht hatte, dort lag eine natürliche Felsschanze, etwa 20 Meter hoch und 2 Kilometer lang, eine verkleinerte Version jener Abbruchstelle, an der Nanamurti das Warnlicht stellen wollte. Die drei Babucoffie, Berg und Korthaus fuhren weiter in der Dämmerung die Felsenebene hinauf, zur Rechten das Abendrot zur linken der von grau bis ultramarinblaue Himmel. Der Mond war bereits als fastrunde Scheibe sichtbar. Die Farben und die milde Luft verlagerten die Körperempfindungen ganz auf den Gleichgewichtssinn, sodass eine Art Schwebezustand erreicht wurde. Was in jedem der Drei vorging war schwer zu erraten. Berg fuhr vor, Korthaus hinterher, und in einigem Abstand Babucoffie, der mit dem Wellenschlangenfahren aufgehört hatte, aber immer noch schwankte. Als sie oben ankamen, war es dunkel, aber der Mond tauchte alles in ein fahles Licht, gegenüber der Sternenhimmel auf russchwarzem Grund. Als Berg hinaufsah, überkam ihn eine Sehnsucht, die er mit den Erinnerungen an die Zeppelinfahrten verband. Und doch war das Fahren mit den ausgebreiteten Armen etwas mehr als das Verweilen auf der Zeppelinplattform. Er verlor das Gefühl für aussen und innen und beinah auch für oben und unten. Ein gefährlicher Zustand, der leicht zum Sturz führen konnte. Dann waren sie oben und drehten die Maschinen in Richtung Tal. Es war ein Blick in die Weite des Universums, die Rundung der Erde schien fühlbar, der Mond als Laterne erschien zugehörig zu diesem luftigen Haus. Selbst die Sterne waren scheinbar nah. Berg hob die Hand, alle Drei fuhren gleichzeitig los. Der Wind liess ihre Tücher und Jacken flattern. Während sie in Richtung Tal hinabjagten, kamen Korthaus die Bilder von Monet in den Sinn, die Kathedrale von Reims zu den verschiedenen Tageszeiten. Er nahm sich vor, diese Fahrt noch ein drittes Mal zu wiederholen um sie auch in den frühen Morgenstunden zu erleben. Die scheinbare Schwerelosigkeit, die Korthaus im ausgeglichenen Zustand der Balance empfand, liess ihn das Bild einer oben offenen Röhre vorgaukeln, die von Sternen überdacht war. Er liess sich hineinfallen, bemerkte aber noch rechzzeitig, das er auf die Schanze geraten war. Mit äusserster Konzentration jagte er hinauf, flog schliesslich mehr als 60 Meter weit, und landete glücklich auf der Felsplatte und fuhr weiter. Das Gefühl zu fliegen blieb ihm trotz des Schrecks gewärtig. Er drehte um und fuhr zur Schanze zurück. Er nahm einen Anlauf, zog die Maschine hoch und jagte auf die Schanze. Diesesmal flog er noch etwas weiter als kurz vorher. Er erinnerte sich an einen Raketenstart bei Nacht zum Mars. Aber der Fahrtwind machte ihn hier wirklich zu einem Vogel. Er kam glücklich wieder zu Boden und fuhr weiter. Berg und Babucoffie waren voraus. Sie wunderten sich, dass Korthaus nicht zu sehen war. Babucoffie sah intensiv und in sich zugleich versunken die nächtliche Himmelsszenerie an, und er fuhr diesesmal sehr konzentriert, sodass Berg darauf verzichtete einen grösseren Abstand zu ihm zu nehmen. Dann fuhr Babucoffie schneller und verschwand im Dunkel vor Bergs Scheinwerferkegel. Korthaus fuhr, nachdenklich geworden weiter. Vor sich sah er das Rücklicht von Bergs Motorrad. Berg fuhr langsam, Korthaus blieb mit etwas Abstand hinter ihm. Als sie den Scheinwerfer von Nanamurti sahen, stiegen sie beide ab. Ohne sich verabredet zu haben, legten sie die Motorräder ab um den Rest des Wegs zu Nanamurti zu Fuss zu gehen. Als Korthaus bei Berg ankam sagte er: " Ich hatte eine seltsame Einsicht." " Sie auch ?", fragte Berg. Korhaus antwortete: " Mir wurde ein Wahrheit zuteil. Dass ich verbannt bin, von jeder Wahrheit." Berg setzte den Satz fort: " Nur Narr nur Dichter." Korthaus sprach: " Besser kann man es nicht sagen." Berg meinte: " So ist es." Sie waren über Buddhas Schlüsselerlebnis wieder bei Nietzsche angelangt. Kurz darauf standen sie vor dem völlig überraschten Nanamurti, der sich fragte, wie er die Motorräder hatte überhören können. Er konnte sie nicht hören, da die zwei zu Fuss kamen und hatte daher auch keine Leucht- kugeln abgeschossen. Wo war Babucoffie ? Sie warteten bis eine Stunde vor Morgengrauen. Dann sagte Korthaus: " Ich fahre nochmal zurück, ich wollte sowieso noch einmal die Strecke fahren, es passt jetzt. Bald wird es Tag". Berg ahnte warum Korthaus fahren wollte. Er sprach: " Ich fahre mit. Ich würde gern sehen, wie es dämmert über dem Tal." Berg und Korthaus fuhren also noch einmal die Ebene hinauf. Nanamurri blieb an der Abbruchstelle. Er sass im Lotussitz und war offensichtlich in einem vollkommenen Zustand. Berg fuhr links der Abbruchstelle, Korthaus rechts hinauf. Es wuchs in einer Felsspalte ein Baum. Da Korthaus nicht weit fahren musste um hin zu gelangen, sah er nach, ob Babucoffie da war. Der lag unter dem Baum und schlief. Korthaus liess ihn schlafen und fuhr weiter. Als sie oben an der Felsplatte angelangt waren, stieg Berg ab, winkte Korthaus zu, ebenso abzusteigen und ging zu ihm hin. Er sagte: " Wir können noch etwas warten, dann werden wir die ganze Dämmerung bei der Abfahrt haben." Korthaus nickte. Nachdem er eine Weile neben Berg einher gegangen war, sagte er: " Die Dichtung ist eigentlich die Wahrheit. Warum nicht Narr sein ? Es sind die ältesten Künstler. Ein Blick ins Tierreich zeigt die Narretei der Natur." Berg stimmte zu : " Ja, daran merkt man, dass wir nicht mehr da, von wo wir losgegangen waren. Es gibt dieses Bild von Sarte, dass mir passend scheint. In seinen niedergeschriebenen Erinnerungen sieht er sein Leben in einem symbolischen Erlebnis. Er sitzt als junger Mann ohne Ticket im Zug und hofft, nicht erwischt zu werden. Am Ende seines Lebens sitzt er auch im Zug, wiederum ohne Ticket und weiss, dass die anderen auch keins haben." Korthaus antwortete: " Ja, so ist es. Nun müssen wir nur die Leichtigkeit des Fliegens nicht verlieren." Damit stieg er auf sein Motorrad und fuhr los. Im Osten kündigte sich die Dämmerung an. Als Korthaus auf dem Motorrad dahinflog in den blauschwarzen Weltraum, spürte er die ziellose, wunschlose Unbegrenztheit des blossen Daseins, welches Schwimmen, Fliegen, Ruhe und Vibration in einer Balance ist und gar nicht leicht vermittelt werden kann, dem der es nicht kennt. Er dachte, dass das Sarte Beispield auch sehr verkehrt war, denn eher traf als Gefühl die schwere Trauer zu, die im Gefolge voll- kommener Momente auftritt. Er überliess sich diesen brausenden Minuten bis er den Scheinwerfer von Nanamurtis Motorrad sah. Während er abstieg, dachte er, das Erlebte sei verwandt der Meditation Nanamurtis. Dieser sah ihn, als könnte er verstehen, was in Korthaus vorging. "Diese Hitze lässt alles verschwimmen. Die Formen der Dinge, die eigenen Ziele, das Zeitgefühl." sagte Berg und begann damit das Gespräch mit den anderen Dreien. Nanamurti antwortete:" Das ist für Europäer eine merkwürdige Situation, für uns weniger." Berg fragte: " Wie meinen Sie das." Nanamurti antwortete: " Das Bewusstsein ist überall und in jedem Detail wirksam. Das heisst, die europäische Definition eines Dinges ist für uns nur eine der Erscheinungsweisen, flüchtig wie Wolken- formationen." Berg sprach: " Ja, auch das moderne Denken kommt dahin. Wir sehen die strukturelle Nichtdinghaftigkeit der Objekte." Nanamurti antwortete:" Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie ein Problem mit der Bewusstheit. Sie unterscheiden in belebte und unbelebte Natur. Deshalb ist Vieles für sie bewusstlos, Maschinen vergleichbar. Und dann fragen Sie, woher kommt das Bewusstsein." Berg erwiderte: " Sie haben es gut getroffen. Aber unser Problem mit dem Kosmischen Bewusstsein hängt mit der Geschichte der Religionen zusammen. Wir können keine Singularität mehr sehen." Nanamurti antwortete: " Ja ich weiss. Es wird noch eine grosse Aufgabe sein darzulegen, dass hier Missverständnisse vorliegen. Die Singularität gibt es nicht, auch nicht für einen bewussten Kosmos. Vielmehr sehe ich als Ursache der Missverständnisse den deterministischen Zusammenhang, eine Art projezierter universaler Kohärenz. Davor wird auch nicht das natur- wissenschaftliche Weltbild schützen. Die Zergliederung in Objekte und die daraus komponierte deterministische Welt sind das Problem." Berg stimmte zu: " Gewiss ist es so, deshalb sind wir hier und haben Sie glücklicherweise gefunden." Als die drei am Treffpunkt eingetroffen waren, machten sie sich Schlafplätze bereit und rechneten mit Babucoffies Rückkehr bis spätestens zum Vormittag. So kam es auch. Kurz nach Ende der Morgendämmerung hörten sie das Motorrad von Babucoffie. Sie frühstückten alle Vier zusammen, verpackten die Sachen und fuhren an der Bruchkante vorbei weiter ins Tal. Gegen Mittag erreichten sie das einge- trocknete Flussbett des Urstroms. Es war eine sandige Fläche auf der nichts wuchs. Sie hatten Mühen hindurch zu fahren. Rasten wollten sie nicht, es wäre sehr heiss geworden. Am anderen Ufer, das etwa 5 km entfernt begann, lagen Reste einiger Mittelgebirgsausläufer. Dort wollten sie einen schattigen Platz suchen und auf den Versorgungshubschrauber warten. Die Frage des Bewusstseins beschäftige die Vier noch weiter. Als die Hitze etwas nachliess, fragte Berg Korthaus: " Das Problem der Bewusstheit kann vielleicht anders auf- gerollt werden." Korthaus fragte: " Die Lösung über das Ich haben Sie nicht im Sinn dabei oder ?" Berg antwortete: " Ich dachte an etwas anderes. Sie erinnern sich an unsere Gespräche zu den Naturgesetzen?" Korthaus bejahte. Berg fuhr fort:" Wenn man zu dem Schluss kommt, dass die Naturgesetze in der Luft hängen, braucht man eine Erklärung für die regelmässige Wiederkehr von von Abläufen. Sie könnten aus subjektiven Willensakten stammen. Es wären tradierte Mechanismen, der Kosmos wäre bis in alle denkbaren mikro- und makrokosmischen Strukturen zusammengesetzt aus selbst- ständigen Wesen, den Monaden ähnlich. In diesem Falle brauchte man keine Naturgesetze. Wenn man die Summe dieser Wesen und ihre Vermittlungen betrachtet, könnte man zu dem Begriff eines Kosmischen Bewusstseins gelangen. Ob es nun gültig ist oder nur denknotwendig, wer weiss das." Korthaus erwiderte: " Es wäre ein Fall von Grenzfunktionen." Berg stimmte zu. Korthaus fuhr fort: " Es zählt ja, darwinistisch gesehen der Erfolg, oder anders herum, es muss überleben können. Insofern ist die europäische Aufspaltung in Subjekt und Objekt sehr erfolgreich gewesen." Berg meinte: " Es scheint aber ein gefährdeter Erfolg zu sein. Das europäische und natürlich auch amerikanische Individuum verschwindet in seiner Objektivität. Es weiss nicht einmal mehr sich zu reproduzieren._ Vielleicht brauchen wir die Sicht der indischen Philosophie." Korthaus sagte: " Vielleicht waren die Vorbuddhisten die am Weitesten ent- wickelten Geister." Am späten Nachmittag, kurz vor Dämmerung kam der Versorgungs- hubschrauber. Müller stieg aus, zog Berg beiseite und sprach: " In Lune Bire ist Prominenz eingetroffen. Sie wollen eine Sandkunstolympiade machen. Die Mäuserennen sollen auch eingebaut werden. Sie sollen so bald als möglich einige Worte zu den angereisten Herrschaften sprechen." " Wie bald ?", fragte Berg. Müller antwortete: " Sofort, Sie kommen mit nach Abidjan und morgen früh fliegen wir nach Lune Bire." Berg fragte: " Warum zuerst nach Abidjan." Müller druckste rum. Berg meinte:" Die Etikette! Bringen wir es hinter uns. Die Vier besprachen, wie es weiter geht. Berg würde diese Rede halten und zurückfliegen zu einem Treffpukt auf der Fahrroute nach Lune Bire. Das Motorrad von Berg würde mitgenommen. Sie würden sich in der Wüste begegnen. Berg wollte gerade in den Hubschrauber steigen, als er Nanamurti vom Lagerplatz her winken sah. So eine lebafte Geste war für ihn untypisch. Berg merkte, dass es nicht ein Abschiedswinken war sondern die Aufforderung noch mal zu ihm zurück zu kommen. Berg sagte Müller Bescheid, dass er noch warten müsse und ging zu Nanamurti hin. Dieser sprach: " Sie haben mir zu einer wichtigen Einsicht verholfen." Berg sah ihn fragend an. Nanamurti sprach weiter: " Es gibt offensichtlich auch eine Versenkung in der Tat. Wir fuhren die Felsenebene hinab und alles war so still wie das vollkommene innere Bild. Wir begegnen uns im ästhetischen Augenblick, in der Tat wie auch in der Kontemplation.- Nun können Sie fliegen." Berg nickte sah ihn an, wendete sich um und ging zum Hubschrauber. Bald waren sie in Abidjan. Sie luden einiges ein, Geschenke usw. und flogen nach Lune Bire im Niger. Als sie am Nachmittag die Oase sahen, waren dort viele Menschen versammelt, und am Rand stand ein neues Stadion. Daneben war der grosse Sandkasten. Das von Berg beauftragte Gebäude war nicht zu sehen. Als sie neben dem Stadion gelandet waren, bewegte sich eine Kolonne von Luxuslimosinen auf sie zu. Von der anderen Seite kamen Leute auf den Hubschrauber zu gelaufen, vorwiegend Kinder. Berg stieg aus. Sie liefen auf ihn zu, die Hände voller Rollmäusen, bunt wie ein Blumenstrauss. Sie riefen etwas wie "Bukubo" . Einige Fünfjährige standen nun vor ihm und schenkten ihm kunstvoll geschnitzte Rollmäuse. Dabei sprachen sie in ihr Landes- sprache, die Berg nicht verstand. Jedenfalls war das wohl ein Dankeschön für die bevorstehenden Sport und Rollmäusefeste, und das Stadium, dass er, wie er bald erfuhr, finanziert hatte. Es war der Ersatz für den von ihm geplanten Bau. Er war ganz anders ausgefallen, als Berg ihn haben wollte, aber er war mit den Kindern beschäftigt, während die oberen Herr- schaften an ihren Limosinen standen und warteten. Dann kam das unvermeidliche Zeremoniel. Berg wurde vom Innenminister den anderen Prominenten vorgestellt. Das Stadion wurde eröffnet, Einheimische boten ein kleines Programm dar, und Berg hielt eine kurze Ansprache. Als die Händeschüttelei und die Vorstellungsrituale sich in die Länge zogen, sprach Berg zu dem neben ihm stehenden Müller: " Nun müssen wir noch den Engländer begrüssen." Berg wankte und ging langsam zu Boden. Müller stützte ihn und rief den Sanitäter. Man brachte Berg zum Hubschrauber und hob ihn hinein. Müller und der Pilot gingen auf ihre Plätze, der Hubschrauber hob ab. Berg sprach: " Perfekt," richtete sich auf und nahm Platz. Sie hatten nach dem Schlüsselwort "Engländer" den Plan durchgezogen, der für einen glücklichen Abgang aus der nerventötenden Veranstaltung vorgesehen war. Das Motorrad von Berg war in der Wüste etwa 80 km vor Lune Bire abgestellt worden. Dort flog nun der Hubschrauber hin, lud Berg ab und verschwand wieder. Berg sah die Gerölland- schaft um sich her, die vereinzelten struppigen Bäume, die Spätnachmittagssonne und stieg auf das Motorrad. Seltsam war seine Bekleidung, sie schien nicht zur Landschaft zu passen: Anzug, Lackschuhe und Hut. Er fühlte sich befreit und warf als erstes den Hut und die Fliege weg, öffnete das Hemd, streifte dann die Jacke ab, legte sie über den Tank und drehte den Gasgriff auf. Eine wilde Staubfahne warfen die Räder hoch, - und so fuhr er den Dreien, Nanamurti, Babucoffie und Korthaus entgegen. Dass man Berg die ganze Sache aus der Hand genommen hatte und eine konventionelle Sportveranstaltung entstanden war, störte ihn wenig, aber das Politspektakel gefiel ihm gar nicht. Es gab nur ein ungelöstes Problem: Die Teilnahme an den Kinderwettbewerben. Er sah in Sonnenrichtung, sah das Flimmern der Luft über dem Sand, dachte an Fata Morgana, dann an Täuschung, dann an Schauspiel und hatte die Lösung seines Problems gefunden. Er würde sich verkleiden und als Zuschauer nach Lune Bire zurückkehren. In der Nacht sah Berg drei Scheinwerfer vom Horizont auf sich zukommen. Bald darauf waren die Vier wieder zusammen. Berg zog sich um. Er verbarg seinen Kopf unter weissen Tüchern, so wie die Wüstenvölker es tun. Dann fuhren sie nach Lune Bire. Nachdem sie sich in einer Hütte, die als Herberge diente, ausgeruht hatten, nahmen sie am Vormittag an den Mäuserennen teil. Plötzlich riefen einige Kinder "Bakuba, Bakuba", was: Mäuseonkel bedeutete. Sie hatten ihn wiedererkannt. Glücklicherweise nahm niemand davon Notiz. Einige Kinder setzten sich der Reihe nach auf seinen Schoss, und klatschten den Gewinnern zu. Berg blieb für die Offiziellen anonym. Nanamurti und Korthaus fuhren nach einigen Tagen wieder in die Wüste hinaus. Sie wollten sich später mit Berg und Babu- coffie in Pricadrom treffen. Als die Spiele beendet waren, fuhren Berg und Babucoffie mit ihren Motorrädern ebenfalls in Richtung Picadrom. Berg und Babucoffie kamen auf ihrer Fahrt in jener Gegend vorbei, wo Babucoffie seine Hütte hatte. Dort entwickelte sich folgendes Gespräch. Berg fragte: " Gibt es bei den Nachfahren der Atlanter eine Geschichte der Weltentstehung ?" Babucoffie nahm einen Schluck vom Bananenschnaps und antwortete: " Es gibt mehrere. Jeder sucht die seine aus oder macht sich selbst eine. Berg fragte: " Erzählen Sie Ihre ?" Babucoffie sprach: " Aus vielerlei Erwägungen war in jener Philosophenschule, von der ich nun erzähle, nur ein Anfang möglich: Es war einmal eine vollendete Kugel. Sie war Alles und Nichts. Sie vermehrte sich, vergrösserte sich, verkleinerte sich. Schliesslich wurden Billionen und mehr von ihnen in den Raum verteilt. Dort veränderten sie sich, verbanden sich, teilten sich, nahmen Formen an, alles was überhaupt denkbar ist. Als eine Weile vergangen war, entdeckten diese Urwesen, dass sie durch partielles Nichtwachstum und Beschränkung ihrer Kugelform neue Formen und Wesen entwickeln konnten. Sie landeten gleich Viren überall. Im Weltraum wurden Partikel, Quanten usw. daraus, auf den Planeten entstanden chemische Verbindungen, Zellen usw. Daraus wurden Lebewesen,- der Rest ist bekannt." Berg meinte: " Es kommt mir vor, als wäre dieses Weltbild das Gegenteil des buddhistischen." Babucoffie meinte: " Ja, das spätere buddhistische könnte eine Invertierung des atlantischen sein." Etwa zur gleichen Zeit waren Korthaus und Nanamurti in einem Gespräch vertieft, welches verschiedene Fragen berührte, die auch Berg und Babucoffie beschäftigten. Sie sassen an einer kleinen Wasserstelle, etwa 50 km nördlich ihres Fahrziels und warteten seit einigen Tagen auf Berg und Babucoffie die hier vorbeikommen würden auf ihrem Weg nach Picadrom. Korthaus sprach: " Das Ich ist der einzige Orientierungspunkt, der sich nicht relativiert in viele Objekte. Aber es ist zeitlos." Nanamurti antwortete:" Sie sprachen einmal davon. Aber das Ich ist vergänglich, es zerfällt wie alles zerfällt." Korthaus meinte:" Nun könnte es eine Täuschung sein. Das Vergängliche ist eine Betrachtung von aussen, es wird vom Ich zuerst konstruiert. Sehen Sie, das Vergängliche wird konstruiert." Nanamurti sprach: " Der Schleier der Maja." Korthaus nickte und erwiderte: " Es läuft auf die Frage hinaus: Lebt es oder wird es belebt durch das Ich." Nanamurti sagte:" Sie wissen, dass die Gedanken ein Teil unserer Werkzeuge sind. Können sie mehr als produzieren ?" Korthaus antwortete: " Sie sehen noch andere Wege des Erkennens ?" "Die Erfahrung des Seins !" antwortete Nanamurti: " Die Gedanken müssen überwunden werden." Korthaus sah ihn fragend an. Nach einer Weile sprach er: " Wir kontrollieren unser Bewusstsein und erkennen mit den Gedanken. Davon können wir schwer absehen." Nanamurti meinte: " Das heisst sie vertrauen nur ihren Kontrollen. Stellen Sie sich ein Vertrauen vor in das Nichts." Korthaus sagte zu Nanamurti:" Das Sein und das Nichts, es wird mir rätselhaft bleiben. Wo ist die Bewegung ?" Nanamurti antwortete: " Sehen Sie es als Bühne, auf der etwas geschieht. Dieses Etwas ist immer zgleich Beides, die eine und die andere Seite: Nichts und Bewegung, Sein und Werden." Korthaus fragte:" Das Paradoxon ?" Nanamurti antwortete: " Es wird immer unlogisch bleiben. Sie haben mir doch gezeigt, das eine Singularität nicht möglich ist." "Ja, so war es", antwortete Korthaus. Nanamurti sprach: "Ich bekomme allmählich ein Bild Ihrer Schwierigkeiten mit dem Sein. Sie sehen es vom Gedanken aus, eine Analyse, bei der eine Kohärenz und Ausschliesslichkeit entsteht, obwohl alles Wirkliche nicht kohärent ist." Korthaus fragte: "Sie sehen eine Möglichkeit des Offenen in Ihrer Welt ?" Nanamurti antwortete: " Wir gehen aus von einem Betrachter, der eins ist mit dem Betrachteten. Er löst sich auf. Deshalb endet alles im Nichts. Aber es beginnt hier, Sie würden es das Ich nennen." Korthaus war überrascht und fragte:" Aber es ist nicht das Ich ?" Nanamurti antwortete: " Sie können sich die Antwort ja denken." Korthaus nickte. Sie sassen schweigend beieinander. Schliesslich griff Korthaus das Gespräch wieder auf: " Wenn der Betrachter und das Betrachtete eins ist, sind äussere und innere Erscheinung gleich, also auch die Schönheit." Nanamurti stimmte zu und sprach: " Das ist der innere Kern unserer Moral: Schönheit und Richtigsein sind eins." Korthaus fragte: " Die Konsequenzmoral, das Schlechte bestraft sich selbst, weil es zu seiner Konsequenz oder Natur gehört, schadhaft und hässlich zu sein.?" "Ja, es braucht dazu kein Gericht, der Buddhismus kennt es auch nicht." antwortete Nanamurti. " Und doch steht am Ende das Nirvana und keine vollendete Gestalt",- meinte Korthaus. Nanamurti widersprach: " Es gibt kein Ende des Sansara. Am gedachten Ende steht die leere Bühne, um ein europäisches Bild zu verwenden. Buddha spricht vom Ungeborenen." " Nicht das Nichts ?",fragte Korthaus." Das Wort ist zuwenig und auch nur ein Missverständnis",antwortete Nanamurti. Korthaus sprach: " Lassen Sie mich nochmal die Frage der Konsequenzmoral aufwerfen. Wir sehen vielfach Krankheiten, Unglücksfälle usw. Es gab im Volk früher die Auffassung, dass es bei solchen Fällen eine "Strafe des Himmels" sein könnte. Man sah eine Art göttlicher Gerechtigkeit walten, die den Bösen mit Unglück bestraft. Darauf läuft doch auch die Konsequenzmoral hinaus." Nanmurti meinte: " Ich muss Ihnen widersprechen. Vieles, was von aussen als Unglück angesehen wird, ist es nicht. Man kann seelisches Elend beim Reichen ebenso finden wie beim Armen." Korthaus stimmte zu. Nanamurti fuhr fort: " Der Streitende lebt im Streit. Er hat es schwer Ruhe zu finden, der Nachlässige erleidet oft Verluste oder Krankheit, etwa durch Drogenkonsum, Überernährung usw. Aber ich weiss, worauf Sie hinaus wollen. Auf die Ungerechtigkeit der Natur, der Zufälle und der Bosheiten. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Aber es kann doch Vieles bewirkt werden. Die Selbstveredelung erspart manches Elend." Korthaus meinte: " Ja, sie haben recht. Man findet in weiten Bereichen eine auf Ursache und Wirkung begründete Art der Moral. Eine Art Naturmoral, kaum anders wäre Natur möglich." Nanamurti stimmte nun Korthaus zu und meinte:" Aber es gibt gewiss Gründe auch das alles anzuzweifeln. Manche Ungerechtigkeiten sollten nicht sein und sind es doch." Da Babucoffie und Berg noch etwas Zeit hatten, bis sie weiter fahren würden, führten sie ihr Gespräch fort. Babucoffie sprach:" Unsere Legende spricht von einem Endpunkt der Entwicklung. Ein altes Volk weiss irgendwann zuviel, seine Aufgaben sind erfüllt. Es begibt sich ins Vergessen. Darin berührt sich die Geschichte der Vorbuddhisten mit der Vorstellung des Nirvana." Berg fragte: " Steht es in einem Zusammenhang mit dem Impakt vor 10 000 Jahren ?" Babucoffie antwortete: " Nein." Berg fragte: " Was machten sie, als der Endpunkt kam." Babucoffie erzählte: " Sie verglichen die Kultur mit einer Schwangerschaft. Die Geburt war das Vergessen. Nachfolgende Völker begannen erneut mit einer Vorzeit." Berg fragte nach einer Weile: " Der Impakt blieb also äusserlich. Es wäre alles ebenso geschehen ohne ihn. ?" Babucoffie antwortete: " Es sind immer die gleichen Gezeiten, sie folgen aufeinander, ganz gleich was in der Natur geschieht. Von dort stammt der Weg, Tao, Sansara und wie es auch immer heissen kann." Berg sagte: " Die europäische, ja erweitert auch die abendländische Auffassung der Freiheit kommt aus der neuen Welt der Produktion, das heisst der Tat. Da gibt es kein zu viel wissen, denn die neue Welt befindet sich in der Entstehung. Wir wissen nicht wohin das führt. Das ist unsere Freiheit." " Ich weiss", meinte Babucoffie.und fuhr fort:" Aber jedes Gefäss wird einmal gefüllt sein, sagen die Alten." Berg antwortete:" Vielleicht kommt es so, aber unsere Weltkarte ist noch voller unentdeckter Länder. Waren die Atlanter am Ende, meinen sie wirklich?" Nun lächelte Babucoffie leicht und listig und sagte: " Ein Spiel, wir spielen ein Spiel." Er wurde ernst und fragte:" Und was ist die Wahrheit ?"