276a Fred Keil Wiederholungen Nr.276a Aachen 2005 Die Universalität der 1. Grenzfunktion ist im Fall der Ja Nein Entscheidung symbolisierbar. Der Gegenstand endet an seiner Oberfläche. Er ist vorhanden innerhalb dieser Ober- fläche, ein Ja. Er ist ausserhalb seiner Oberfläche nicht vorhanden, also ein Nein. Eine Handlung, wie ein Griff zu einem Werkstück, kann jetzt erfolgen, also ein Ja. Er kann jetzt unterbleiben, also ein Nein. Die Bewegung eines Körpers ist hier ein Ja und etwas später hier ein Nein, wenn er sich von hier entfernt hat. Die Grenze wird ebenso deutlich in übertragenen Strukturen. Der Bereich eines Begriffs, z.B. das Metall, hat eine Oberfläche, jenseits derer er nicht ist. Eine Strahlungswelle hat eine, bildlich gesagt, schnell sich verändernde Oberfläche, jenseits derer sie nicht ist. Weil das Subjekt ebenso durch seine, wenn auch nicht abzählbaren Grenzen bedingt ist, kann die Totale, eine Singularität nicht existieren. Jedes Erdachte, welches auf den Schritt zu subjektiver Produktion verzichten muss, ist nicht möglich, Objekt nur durch Subjekt. Die 2. Grenzfunktion wird wirksam durch den Abbruch der Vermittlung. Der Weg vom komplexen Vermittlungsgeflecht zur körperlosen 1, dem Endpunkt der möglichen Abstraktionen, ist durchzogen von Erfolgen, die mit der Anwendung der Modelle gelingen. Der Preis ist Realitätsverlust. Die den Subtraktionen der Präzisierungen nachfolgenden Modelle, die zur Rekombination der Komplexität eingesetzt werden, sind unzureichend. Deshalb ist die Totale, die "Welt" auf diesem Weg nicht zu erschliessen. Als Werkzeug sind jedoch die Abstraktionen unentbehrlich. Der Weg zur 1 erfolgt über immer feinere Triggerung der Raum und Zeitdimension. Dabei zeigen sich ständig neue feinere Bewegungsstrukturen. Die Hoffnung Demokrits und Leibnitzens nach einem endgültigen Endpunkt haben sich nicht erfüllt. Der Vorteil davon war die Einsicht in immer tiefere Bewegungsstrukturen, deren Zusammenspiel in den Modellen der Vorstellung sogenannte simultane Produktionen ermöglichte. Sowohl die Molekular- biologie wie auch die Kernphysik haben davon ihre Wirksamkeit erhalten. Genau betrachtet ist die Synthese der feinen Strukturen,ihre Rekombination, die Produktion des Dritten. Die Atombombe ist neu im Kosmos, ebenso die genveränderten Früchte. Und doch wird keine Identität gestiftet zwischen Realität und Bewußtsein. Die Erfolge simultaner Produktionen liegen in der Verwertung des Neuen für die vorhandenen Strukturen. Diese verändern sich unter dem Einfluß des Neuen ebenfalls. Der Erkenntnisdrang hat nicht etwa zu einem realen Bild der Wirklichkeit geführt, wie leicht am Vergleich der antiken Stadt mit der Stadt der Gegenwart zu sehen ist, sondern zur Erweiterung des Geflechtes der Vermittlungen. Die langperiodischen Abläufe, wie die Reproduktion der Geschlechter wurden überlagert mit einer veränderten Ein- bettung in die Welt der Objekte, eine erfolgreiche Veränderung mit eigenen Gefahren. Der Abbruch der Vermittlung an der Grenze wird sichtbar im Verlust der sogenannten Realität. Man erkennt nicht mehr die Bedingungen, unter denen die langperiodischen Abläufe erhalten werden. Die Aufspaltungen der Reproduktion in eine Familienwelt und eine Arbeitswelt, in ein sexuelles Empfinden und die Befruchtung, in emotionale und körperliche Aktivitäten, in Schönheit und Animalität usw. werden als Fatum erfahren, obwohl sie Teil menschlicher Geschichte, genauer: menschlicher Produktionen sind. Der Darwinismus, nach dessen Dogma die Natur alle untüchtigen Exemplare aus- sortiert und die Besten übrig läßt, ist schlecht harmonistisch. Möglicherweise stecken im Darwinismus früh- kapitalistische Ideologiefragmente. Keineswegs gewinnt das bessere Aggregat den Konkurrenzkampf, vielmehr wird im Nach- hinein das Übriggebliebene mit der Tautologie des: "Ist, weil es besser Ist", prädiziert. Die Formenvielfalt organischer Lebewesen wird durch Nützlich- keits- und Nischenerwägungen nicht erklärt. Denn es steht am Beginn einer Form nicht etwas, nach menschlichem Mass Nützliches oder Überlebensnotwendiges. Die Selektion ist ein kleiner Aspekt des Lebensprozesses. Gewichtig wird er durch den Blick aus dem Nachhinein zurück. Wenn aber etwas Neues sich haltbar zeigt, wird von einer Nische gesprochen. Wesentliche Bausteine des Darwinismusses basieren auf Verifizierungen, denen das Modell sich anpasst. Es gibt wohl nützliche Mutationen, - es gibt aber auch solche, die nur kreativ sind. Der Stellenwert der Veränderungen im Lebewesen selbst durch Interaktionen und Lernen wird völlig unter- schätzt. Andererseits liegt die Macht der Interpretation beim Interpretierenden. Man kann immer irgend etwas Nütz- liches imputieren. Der romantische Gegenpol zum Darwinismus hat noch weniger Belege für sich, und die monotheistiche Religion gar keine. Der Fehler liegt in der theoretischen Alternativbildung. Etwas Nichtnützliches muss keineswegs spirituell gedacht werden. Das Leben spielt sich überhaupt nicht zwischen den theoretischen Antipodenpaaren ab. Der Begriff des Nichtidentischen muß ernst genommen und zuende gedacht werden. Er zeigt die Unzulänglichkeit der Modellbildung. Sie trifft zu im Rahmen menschlicher Produktion. Sie ist in diesem Licht nützlich oder nicht, aber der Rückschluss auf Wirklichkeit ist verengt. Es "wirkt" wesentlich Umfassenderes als das, was wirkend erscheint. Die dritte Grenzfunktion zeigt, dass das Subjekt nicht sich selbst überschreiten kann. Im Grenzfall von Bewusstseins- verlusten, und in jeder Untersuchung greift es auf das gesammte Bewusstsein zurück und fndet sich in den Dingen wieder. Es gleicht einer Projektion, ist aber eine Wieder- kehr auch von Funktionen und logischen Modellen. Sichtbar wird dies unter anderem beim Versuch, einzelne Aspekte aus dem Zusammenhang heraus zu lösen um sie zu untersuchen. Der Energiebegriff verlangt nach einem Arrangement von bekannten Begriffen: Raum, Zeit, Mass, Richtung, Herkunft und Struktur. In diesen Begriffen kehren subjektive Elemente wieder: Entstehung, Mass, Fähigkeiten, Ziele usw. Das Subjekt wird widergespiegelt, weniger als Bild sondern als Struktur eines Geflechts. Insofern sind Isolationen zwecks Untersuchung immer eingebettet in den Zusammenhang. Man kommt aus der Komplexität nicht heraus. Die Konsequenz für das Weltbild ist, dass einzelne Aspekte nicht die Totale präsentieren.. Der Blick in den Mikrokosmos zeigt unterhalb der Ebene der Quarcks die Entstehung von Materie aus einem "Nichts". Das kosmologische Bild zeigt oberhalb der Ebene der Galaxien eine Ausbreitung in einen nicht endenden Raum oder ein "Nichts". Die Kugelwelle der elektromagnetischen Strahlung führt zur Vedünnung der Energiedichte bis an die Schwelle eines "Nichts". Die "Nichtsschwelle" kann auf mehrfache Weise interpretiert werden. Sie kann einen realen Hintergrund haben, sodass Energie aus einem Nichts entsteht und in ein Nichts vergeht. Dieses Nichts könnte aus nicht auflösbaren Strukturen bestehen. Die Nichtsschwelle kann ein perspektivischer Effekt sein und sowohl parallel zum objektiven Prozess verlaufen als auch ohne einen solchen auftreten. Die Grenzfunktionen lassen beides zu. Die subjektive Perspektive zeigt einige Phänomene, die den Grenzfunktionen gleichen. Der Augenblick der bewußten Wahr- nehmung entsteht als Übergang von bloßer Wahrnehmung zum Denken. Zunächst erscheint er ursprungs- und zeitlos. Mit dem Denken treten dann Zeitstrecken, Abläufe, Raumdimensionen auf, die in Modelle übergehen, die zu voraussehbarem Ende und zu spekuliertem Anfang des Bewußtseins weisen,- ohne aber die Gleichzeitigkeit der Empfindung aufzulösen. Die Grenze des Subjekts wird fühlbar durch Nichtfühlbarkeit. Das Einschlafen ist manchmal ähnlich. Es kann scheinbar übergangslos eintreten. Daher ist jede nachvollziehbare Grenze letztlich ein Konstrukt des Bewußtseins. Dies hat Konsequenzen für die Objektwelt. Sie kann als Träger der Grenzen nur im konstru- ierten Modell existieren. Der Vorrang der subjektiven Perspektive wird sichtbar. Sie ist einer Kugelschale vergleichbar, die im Übergang vom Nichtwachsein zum bewußten Wachsein entsteht, nach innen zum Nichts weist, nach außen zum verschwimmenden Produkt. Jedes Objekt ist Produkt des Übergangs vom punktförmigen, noch beinahe unbewußten Empfinden in ein vom sensorischen Apparat sich entfernenden Konstrukt. Daher ist die gewisseste Konstruktion, das a = a, der Satz der Identität völlig unkörperlich und beinahe nicht existent. Die vierte Grenzfunktion zeigt das Auftreten von Begriffs- paaren. Bereits die erste Grenzfunktion zeigt die Unmöglich- keit einer Singularität, und das Auftreten von innen und aussen. Jeder Begriff korrespondiert mit einem Antipoden. Wo er nicht zu finden ist, liegt ein Erkenntnismangel vor. Diese Paarbildung ist unter beiden Perspektiven, der objektiven wie der subjektiven unausbleiblich. Objektiv ist jedes Ding nur durch das, was es nicht ist. Subjektiv ist die Aufspaltung des Produzierten in Subjekt und Objekt immer der Schritt nach dem Auftreten eines Hinzugetretenen, also des Produkts. Die fünfte Grenzfunktion zeigt die Verflüssigung aller Begriffe. Sie kann auch als univeraler Prozess des Ver- löschens beschrieben werden, ist aber zugleich auch Entstehung, Produktion. Die sich zerstrahlenden Dinge verschwinden nicht sondern bringen andere hervor. Dies ist unausweichlich, weil es um pausenlose Produktionschritte geht, die das Subjekt initiert, indem es existiert. In diesem abgeleiteten Sinn hat der Positivismus einen Nerv des Daseins getroffen: Es gibt immer nur Produktionen. Die sechste Grenzfunktion zeigt sich in dem Auftreten komplexer Verknüpfungen bei der Separierung und Analyse von Objekten. Sie ist der zweiten Grenzfunktion ähnlich. Jede Isolation ist vorübergehend und eingeflochten in seine Vermittlungen. Der Komplexität kann man nicht ent- gehen. Die Konsequenzen daraus sind weitreichend, denn jedes singulare Prinzip, sei es Materie, Energie, Natur oder mit religiösen Nomen bedacht, ist wie eine Fatamorgana hinter der die Wüste der Totale steht. Diese bleibt undurch- dringlich, antisingular und nichtidentisch. Der Abbruch der Vermittlung kann aber unbemerkt geschehen, weil der Aus- tausch der Vermittlungen mit internen Projektionen häufig nicht wahrgenommen wird, dank der enormen Ähnlichkeit reflektierter Vermittlungen mit Projektionen. Denn alles spielt sich im Subjekt ab. Das von aussen Hereingenommene wird ebenso zum neuronalen Pulsfeuer wie das Wahngebilde der inneren Projektion. Die siebte Grenzfunktion zeigt die Weltentstehung im Subjekt. Alles was bewusst wird, ist innersubjektiv, wird Teil des Subjekts. Die Folge dessen ist eine nicht vermeidbare Kohärenz aller Dinge. Es gibt kein Ausserhalb. Die achte Grenzfunktion ist die zwangsläufige Herstellung einer zum unendlich dichten Punkt tendierenden kohärenten Welt. Ursache dieses Effektes könnte die Beschaffenheit des Wachbewusstseins sein, welches seine eigenen Bewegungen durch die neuronalen Speicher nicht bemerkt. Es erscheint, wie der naive Glauben suggerierte, in Ruhelage zu sein, während Mond und Sterne vorüberziehen. Der Augenblick des Hier erscheint dem Bewusstsein als Fixpunkt, aus dem alles heraustritt und in den alles aufgenommen wird. Die Gegenbewegung zum Punkt ist die Abstrahlung. Auch dieser Effekt gehört zur Kohärenz. Die geknüpften Vermittlungen, die zum Ich und Punkt sich zusammenziehen, - eine der Ursachen der Suche nach einer Weltformel, - zerstreuen sich auch wieder, da die Begriffe und Definitionen zum Nicht- identischen hin offen sind und sich bildlich gesehen zerstrahlen. Bewegung ist in der Vorstellung die Veränderung eines Dings im Raum und in der Zeit. Das Ding macht einen Weg, das heisst, es verändert in Bezug zu anderen Dingen seine Position. Dies ist nur wahrnehmbar durch eine Vermittlung in einem vorgestellten Zusammenhang. Das sich selbst verändernde Ding, welches die Positionen seiner Teile zueinander ändert, ist in die gleichen Bezüge gebunden. Die Auflösung eines Dings in seine Bauteile und Elemente zeigt wiederum bewegte Dinge. Diese weiter zerlegt, führen dazu, dass immer feinere Bewegungen sichtbar werden, das Ding zeigt sich als viel- schichtige Struktur von Bewegungen. Die Bestimmbarkeit des Dings nimmt zu, und zugleich ab. Es wird zu einem Beziehungs- geflecht, welches präzise Produktionsschritte erlaubt bis zur Reproduktion der Dinge. Diese Reproduktion erfolgt in zwei Ebenen. Die lebendige Ebene verlangt, dass der einzelne Produktionsschritt in jener Bewegungsstruktur erfolgt, die im System der Vermittlungen nicht unterbrochen wurde. Wenn die Zellkultur zum Beispiel nicht in ihr Lebensumfeld ein- gesetzt wird, stirbt sie ab. Die nicht lebende Ebene verlangt solche Rücksichten scheinbar nicht. Gegenstände können ohne Einbettung in Bewegungen kombiniert, zerlegt oder erhalten werden. Diese sogenannte Latenzebene erscheint stabiler zu sein als die lebendige. Der Schein trügt. Die Abhängigkeit der unbelebten Dinge von ihrer Umwelt ist die gleiche, wie die der Organismen von ihrer Umwelt, aber die Bedingungen für jene sind in längerfristige Abläufe eingebunden. So die Temperatur, der Luftdruck usw. Ein Stahlgehäuse wird unter sich erhöhender Temperatur zunächst erweicht, dann flüssig und zuletzt in ein Plasma aufgehen. Lebende Prozesse ent- halten einen höheren Anteil an Bewegungsstrukturen als un- belebte Dinge, sofern sie verfestigt sind. Dieser Vergleich ist unlogisch und doch zutreffend. Es ist dies ein Hinweis auf die Beschaffenheit der Bewegung. Sie tendiert zur Dauer, die verfestigten Dinge zum Verfall. Das mechanische Modell eines einmal in Bewegung geratenen Kosmos, der dann verebbt, wird durch die Reproduktion, zunächst der Organismen in Frage gestellt. Die Umwandlung von Energie in Materie und umgekehrt stellt das gleiche Frage- zeichen vor. Ursache dieser mechanischen Sicht ist die Per- spektive des Besitzes von Dingen, die die Erzeugung über- lagert. Die Erzeugung ist aber der Erhaltung vorrangig. Ein Universum, welches aus Lebewesen unterschiedlichster Zusammensetzung und Grösse besteht, wäre der Schauplatz vieler in einander geschachtelter Auseinandersetzungen. Die von a und b geführten Kämpfe könnten beliebige andere Wesen c d e usw. mit betreffen. Der Vorrang des Nicht- identischen lässt unausdenkbaren Raum für Strukturen. In einer solchen Welt gibt es keine Zufälle und keine chaotischen Abläufe. Jede Vermittlung ergäbe neue Wesen und die Schwächung oder Stärkung der vorhandenen. Das Zufällige und Chaotische ist das aus der subjektiven Per- spektive gesehene Unbekannte, dessen Sinn und Struktur nicht erkannt ist. Eine Vorstellung: Ein Mensch stirbt nach einem Unfall. Seine Körperteile verbinden sich mit anderen Körperteilen anderer zerfallener Wesen und bilden ein neues Lebewesen. Dies über- tragen auf die Ebene der Moleküle. Sie zerfallen, gehen neue Bindungen ein. Die beteiligten Elemente bleiben unzerstört bei diesen Wandlungen. Ebenso gedacht ins Grosse gehend. Die zerfallenden Sterne gehen Verbindungen mit anderen Gebilden ein. Es gäbe in dieser Vorstellungswelt nichts, was aus dem Lebensgeflecht heraus ragt. Aus grossem Abstand gesehen wären alle Kombinationen gleichwertig. Es gäbe deshalb kein Chaos und keinen Zufall. Alle lebendigen Systeme haben eine Steuerung mit oder ohne Zentrum. Auf jeden Fall haben sie Speicher und Konventionen. Es ist deshalb eine Frage des Betrachters und seiner Perspektive, welchen Wert ein System hat, und ob etwas überhaupt als System erkannt wird. Gleich- gültige Systeme erscheinen möglicherweise gar nicht als zusammenhängende Strukturen. Ein Beispiel dafür sind die interstellaren Gaswolken und die Sterne, die so etwas wie ein lebendiges System sind. Sie erscheinen aber als unbelebt, so wie die Objekte im Latenzzustand oder in der Latenzebene es sind. Das Identifizierbare nimmt zu, je näher es dem Ich liegt, und zur anderen Seite, je mehr es in mikrologische Elemente zerlegt wird. Eine einfache Ja Nein Folge, wie sie in elementaren Bezügen auftaucht, ist identisch. Komplexe Vermittlungen werden identisch, wenn sie das Ich treffen. Vom Ich hinweg gehend wird das Nichtidentische vorrangig. Ich erkenne dieses Bild als schön, der Andere vielleicht auch, vielleicht sieht er es anders. Ein Tier erkennt es überhaupt nicht. Das Nichtidentische nimmt zu. Ebenso im Mikrologischen. Dass etwas jetzt hier ist, ein Objekt, kann bejaht werden. Wenn aber der komplexe Zusammenhang beschrieben wird, den das Objekt verkörpert, nehmen die nichtidentischen Bezüge zu. Das erkennende Bewusstsein ist ein Luxus, der in Phasen grosser Überlegenheit unserer Art entwickelt und bald unentbehrlich wurde, wie vieles, dass sich zunächst als entbehrlich erweist und dann notwendig wird. Die ästhetischen Erscheinungen im Kosmos und den organischen Lebensräumen bedürfen nicht eines Bewusstseins ihrer selbst in jenem Sinne, wie die Schönheit von Landschaften und Blumen erfahren wird. Die schönsten Gebilde sehen sich nicht von aussen. Ihre ästhetischen Höhepunkte sind durch Reize vermittelt, die sich in ihnen ereignen und mit dem Erscheinungsbild wenig zu tun haben. Dies gilt merk- würdigerweise auch für Menschen. Die Synchronität einer ästhetischen Erscheinung mit dem ästhetischen Höhepunkt ist eine seltene Besonderheit, die uns selbstverständlich ist, sodass die Vorstellung nicht sichtbarer Ästhetik befremdet. Dennoch ist etwa der orgiastische Höhepunkt, den ein Tier erreicht, weil es von dem es begattenden Tieres durch sein ästhetisches Erscheinungsbild begehrt wurde, vom Bewusstsein des Schönen weit entfernt. Das Gesammte, welches im Bewusst- sein gebildet wird, ist den Lebewesen nur als seltenste Ausnahme bekannt. Dies wirft die Frage auf, ob nicht dieses Gesammte des bewussten Weltbildes oder der Wirklichkeit und Realität ein ästhetisches Werk ist und von der Welt so weit entfernt ist wie jeder Artefakt. Alle Artefakte sind als Produkte wahr. Die Frage einer objektiven Welt wird damit unlösbar. Aber die Rangordnung der Produktionen setzt sich durch als ob eine objektive Welt möglich wäre. Der Grund dafür ist das Geflecht der Ver- mittlung, welches als Struktur von Bewegungen jene Wieder- holungen hervorbringt, die sich gegen schwächere durchsetzen. Allerdings ist dieses Bild nicht so leicht zu entschlüsseln wie es zunächst erscheint. Denn die Frage des Stärkeren lässt sich nicht nach einfachen Parametern, etwa einer Energiemenge in einer bestimmten Zeit, entscheiden. Vielmehr aktivieren Steuerungszentren Energien und Strukturen, die bestimmte Ver- knüpfungen wiederholen und damit ein reales Ding oder eine Kraft vortäuschen. Der Urmechanismus der Reproduktion ist die letzte Instanz einer Wertordnung. Sie entscheidet, ob es mit einem bestimmten Wesen weitergeht oder nicht. Obwohl dieses Modell dem organischen Leben entlehnt ist, könnte es im Mikrokosmos der Materie und Energie ähnlich funktionieren. Der Ursprung des erkennenden Bewusstseins liegt primär in den ästhetischen Erfahrungen. Dies erscheint unlogisch. Nahe- liegend ist der Gedanke, das Bewusstsein als Instrument der Lebensbewältigung sei zunächst aus Notwendigkeiten ent- standen. Dagegen spricht folgendes: Die Tiere haben einen solchen Weg nicht eingeschlagen, obwohl er ihnen ebenso wie den Menschen Überlegenheit verschafft hätte. Einiges spricht dafür, dass erst im Nachhinein das Bewusstsein zum Instrument im Lebenskampf wurde. Der erste Schritt war vermutlich der aus den sexuellen Trieben kommende und sublimierte Reiz ästhetischer Gebilde. Es ist naheliegend, dass die sehr sexualisierte Tierart Mensch auch in anderen natürlichen Formen und Farben sexuell anregende Parallelen zum Ge- schlechtspartner empfunden hat. Aber der ästhetische Reiz hatte eine neue reizvolle Komponente, er war vom unmittel- baren genitalen Bedürfnis und dessen Stillung unabhängig. Diese frühen sekundären Bedürfnisse, die sich mit den ästhetischen Höhepunkten an nichtgenitalen Reizen ent- wickelt haben, lieferten die Motivation für die Suche nach Neuem und Unbekanntem. Vielfach mündete diese Suche ein in neue sexuelle Begegnungen, eine uralte Erfahrung herum- schweifender Lebewesen. Ebenso dafür spricht die Nacktheit des Menschen. Noch heute sind in der Regel stark behaarte Frauen weniger begehrt als unbehaarte. Die Menschheit musste in der Frühgeschichte bereits eine hohe Überlegenheit entwickelt haben, kaum anders hätte sie den Luxus der Nacktheit und der permanenten sexuellen Bereitschaft der Frauen sich leisten können. Wiederum ist auch diese Antwort problematisch. Man sieht in der Erdgeschichte fruchtbare Arten, die sich in abge- schlossenen Lebensräumen entwickeln und durch von aussen eindringende, weniger fruchtbare, oft auch kurzlebige Organismen vernichtet werden. Das Modell der Reproduktion ist so komplex wie jedes andere und nur beim ersten Hinsehen einfach. Die Seelenwanderung der Inder, das Kosmische Bewusstsein, das Kollektive Unbewusste, das Intelligible Ich, der Wille, die Idee usw. meinen alle eine Erfahrung, die sich so umschreiben lässt: Das jeweils heranwachsende Ich jeder Generation findet in den Büchern, Erzählungen und anderen Hinterlassenschaften das von den Vorfahren gelebte Leben vor, welches es sich ein- verleibt und mit denen es so wird, als wäre es sie selbst. Das Ich erkennt sich in einzelnen Verstorbenen wieder. Der Gedanke liegt nahe, dass hier eine Seelenwanderung statt- gefunden hatte. Das Ich glaubt, es habe selbst gelebt in der Gestalt des Verstorbenen, es scheint eine Auferstehung möglich, ein Raum, in dem die Seelen wohnen, bis sie wieder geboren werden. Dies ist erklärbar durch die Fähigkeit des Ichs alle Informationen einzuschmelzen und daran zu wachsen. Es ist die im Subjekt hergestellte Kohärenz, die zu diesen Erfahrungen führt, die zugleich eine Grenzfubktion darstellen. Obwohl die physikalischen Modelle auf allen Ebenen die bewegten Strukturen darstellen, ist die Konsequenz daraus nicht gezogen: Der Vorrang des Nichtidentischen. Bewegung, die letzte Instanz und Größe in jeder Struktur, ist die Veränderung aller verfestigten Elemente, in allen denkbaren Bezügen und Dimensionen. Die Modelle zeigen Raüme, in denen Energien auftreten, Strecken, die sie durchmessen, Verfestigungen die sie bilden und Formen, in denen sie stabil erscheinen. Dabei ist der Vorrang der Materie aus der Sicht menschlicher Tätigkeit verständlich. Dennoch ist die Bewegung eines Dings in einem Raum und einer Zeit eine Vereinfachung, der die grundsätzliche Bezüge verschleiert. Hingengen werden im Computerchip elektrische Schalter zur Speicherung verwendet. die dann zuverlässig sind, wenn ihr Level erhalten bleibt. Das heißt, wenn der Dingcharakter stabil ist, wird das Produkt brauchbar. Ein Tisch unterscheidet sich darin nicht von einer gespeicherten Datei. Sämtliche Prozesse im Kosmos haben aber eine weitere, vielleicht eine noch wichtigere Eigenart: Sie bedürfen zu ihrem Funktionieren wiederkehrender Bewegungen, die in einem mehr oder minder langsam sich verändernden Geflecht so sich realisieren, dass relativ festere Objekte in relativ flüssigen Medien und Dimensionen ihre Positionen rhythmisch verlassen und wieder einnehmen. Dabei ist die exakte Wiederkehr der Bewegungen nicht gesichert. Unter diesem Gesichtpunkt betrachtet ist das merkwürdigste Rätsel, wieso überhaupt Dinge möglich sind. Bewegte Speicher können allerdings die Komplexität der Zusammenhänge leichter verständlich machen. So sind die Chromosomen als feste Speicherbausteine betrachtet nicht geeignet alle zum Lebensprozess gehörenden Entwicklungen in Datenform zu konservieren. Vielmehr ist erst das ständige Bewegtsein, die komplexe Bewegungsstruktur als Speicher der Prozesse denkbar. Die Prozesse sind der Speicher. Das Absterben von Strukturen, sei es das Atom, welches zerfällt oder der Organismus, zeigt den Vorrang der Bewegung. Während ein zum Stillstand gekommener Motor wieder angefahren werden kann ohne Schaden zu nehmen, ist das in den Bewegungs- strukturen nicht möglich, weil sie nicht abgeschalteten Ding- strukturen gleichen. Leben lässt sich solange nicht synthetisch herstellen, wie man das Prinzip bewegter Speicherung nicht simulieren kann. Das Zusammenfügen von Lebensbausteinen, wie dies in der Gentechnik gemacht wird, hat damit nichts zu tun. Ist es möglich Bewegung in seinen Urstrukturen synthetisch zu erzeugen ? Es läuft darauf hinaus, ob die Welt synthetisiert werden kann. Die Welt ist aber das Subjekt. Also ist die Frage: Kann das Subjekt sich synthetisch erzeugen ? Möglicherweise ist die Zeugung und Vermehrung genau dieser Prozess. Möglicherweise kann das Subjekt nur auf einer bestimmten Höhe in die Reproduktion einsteigen. Der gesammte Mikrokosmos wird integriert wie latentes Material. Man braucht zur Vermehrung keine Kernfusion. Die Abweichung des Nachkommen von seinen Erzeugern zeigt, dass vollständige Reproduktion nicht gelingt, wohl aber vollständige Synthese. Die Synthese der Bewegung von Anfang an erscheint nicht möglich. Entweder, weil die ganze Zeit- und Grössenstruktur falsch ist oder, gesetzt es gäbe einen Anfang, weil man nicht zurück kann. Die frühesten Kunstwerke könnten in den Fetischen zu finden sein. Sie waren der Versuch Momente festzuhalten um Glück wieder zu erleben und um Gefahren zu bannen. Die Frage, was am Anfang stand, ist schwer zu beantworten, weil im Tier- reich Entsprechendes augenscheinlich fehlt. In früheren Gedankengängen erschien mir die Notwendigkeit nach darwinistischem Muster die Antriebskraft für die Ent- wicklung menschlichen Bewußtseins zu sein. Die Linie: ästhetischer, sexueller Höhepunkt von da zum Fetisch und von da zum Kunstwerk erscheint aber auch zwingend zum Bewußtsein zu führen. Ob eines davon oder beides oder der Vorrang von einem gewesen war, ist eine schwierige Frage. Möglicherweise berührt es die grundsätzliche erkenntnis- theoretische Frage ob die Ereignisse des Bewusstsein nach- einander entstehen können oder ob sie gleichzeitig auftreten. Also in die Frage, ob es um qualitative Sprünge geht oder um kontinuierliches Wachstum. Die Gleichzeitigkeit des Daseins im Augenblick verführt zu Gedanken, dass jedes einzelne Auftreten einer Vermittlung nur einen instrumentalen Charakter hat, so wie es eine Eins nicht gibt und dennoch die mathematischen Modelle wirklichen Produktionsschritten sehr oft näher kommen als andere geistige Instrumente. Wiederum ist im Licht der Grenzfunktionen der Gedanke nahe- liegend, dass es um Vorrang von Momenten geht, die aber alle zugleich wirksam sind. Die Bewegung vermittelt zwischen Körpern und Positionen der Körper im Raum. Das Erscheinende ist dominiert von Dingen, Objekten einer materiellen Welt. Obwohl die Strukturen der Elemente durch Bewegungsmodelle verständlich geworden sind, ist die Schlussfolgerung daraus nicht gezogen: Der Vorrang von Bewegungsstrukturen. Man kann sich nicht scharf genug gegen den Vulgärdarwinismus, den Materialismus und philosophischen Positivisusmus wenden. Es sind Geisteshaltungen, die der geschichtlichen Wende von lebensfrohen zu depressiven Kulturen folgten. Es ist offen- kundig, dass die beobachtbaren Prozesse auf der Erde und im Universum, im Mikro- und Makrokosmos aus übersprühendem ästhetischen Impulsen bestehen, deren Sinn -und Zwecklosig- keit, anders betrachtet: deren Sinn und Zweck die ästhetischen Höhepunkte sind. Aus angeblich notwendigen Bedingungen wurden diese lebensfrohen Epochen von angekrankten abgelöst. Wahr- scheinlich ist aber auch diese Wende Projektion und Spielerei, eine Variante kreativer Impulse. Vorrübergehend war der philosophische Positivismus ein Instrument zum Abschütteln obskuranter Ideologien. Aber man hat nicht bemerkt, dass zentrale Vorstellungen der mittel- alterlichen Weltanschauung in wissenschaftliche Begriffe und Weltanschauungen eingeflossen sind. Die "Notwendigkeit" steht an der Stelle des göttlichen Willens, die "Selektion" spielt das Prinzip göttlcher Gerechtigkeit. Das hartnäckige Auftauchen von Sinnfragen zeigt, dass die alten ideologischen Fallstricke sich in aufgeklärten Vorstellungen regeneriert haben. Der Sozialdarwinismus ist dem Kreuzrittertum äusserst ähnlich. Die Wertfreiheit der Wissenschaften und ihre mühelose Integration in vorwissenschaftliche gesellschaftliche Wert- vorstellungen umrahmen einen ideologischen Kosmos, der die Welt vor der Wende zur frustrierten Gesellschaft nicht kennt und nicht verstehen kann. Die Skulptur ist der Anfang, und das Nippesfigürchen im Schrank das Ende der Kunstbewegung, die vielleicht in den lebensfrohen Gesellschaften einsetzte und in den lebensmüden ihre vorläufige Talsohle erreichte. Sie scheint ein Reflex zu sein auf den Untergang des artifiziellen, orgiastischen Lebens. Der Vorrang der Bewegung enthält einen nicht beendeten Reproduktionsprozess. Es sind in ihm enthalten: Veränderung eines Dinges in einem Raum und einer Zeit. Dieses Ding ist selbst beweglich, beinhaltet daher ein Ding, welches durch Veränderung in Raum und Zeit ein grösseres Ding erscheinen lässt. Diese Wiederkehr von Dingen in Raum und Zeit ist in dem nächst kleiner werdenden Betrachtungs_ ausschnitt wiederum zu finden und von dort wieder im nächst kleineren. Im Makrokosmos sind Ansätze zu ähnlichen Strukturen zu beobachten. Das Ding erweist sich als Schein. Übrig bleiben die Spuren der von Dingen gezeichneten Bewegungen. Sie können als Linien, Flächen und Räume dar_ gestellt werden, bleiben aber isoliert berrachtet unver_ ständlich. Das Wissen beschreibt, wann eine Struktur eine Wandlung durchmacht, nicht aber die Gründe der Antriebe und Formbildungen jener Strukturen. Das Auseinanderfallen des Wann und Wozu löst sich auf, zur positiven Seite hin in eine Kette von zwingenden Ursache-Wirkungschritten, zur Totale hin ins Unbestimmte, Offene und Nichtidentische. Die Anwendung und erfolgreiche Verwertung identischer Masse und Operationen ist abhängig vom Grad der Identität, der Idealfall wäre a-a. Er tritt nie auf, wird jedoch unter bestimmten Bedingungen fast erreicht. Verschiedene Parameter entscheiden über den Identitätsgrad. Zunächst ist die Geltungsdauer einer Identitätsgleichung bedeutend. In komplexen Situationen verlaufen die Wandlungen der Elemente und Strukturen meist schneller als in einfachen. Desweiteren entscheidet die Integrationsfähigkeit des Subjekts über die Auswirkungen der vom Idealfall abweichenden Gleichungen. Flexible Organismen können wesentlich ungenauere Operationen vertragen als starre. Das beste Beispiel ist die Temperaturabhängigkeit der einfachen Organismen im Vergleich zu den Warmblütern. Da die Art der Zusammensetzung des Prozesses mit identischen und nachträglich integrierten Elementen nicht in jedem Fall festgestellt werden kann, geht die Integrationsfähigkeit in den Identitätsgrad ein. Aber aus einem weiteren Grund ist es so. Der Prozess ist immer im Flusse, hat deshalb eine abglaufene und eine zukünftige Erstreckung. Das bedeutet eine stets nicht vollständige Trennung von identischen und für identisch integrierten Elementen. Das An sich des Objekts ist von seinem vom Subjekt gesetzten Sein nicht völlig zu trennen. Der Ausgangspunkt ist bereita vermengt mit beidem. In der Todesfrage tritt das Identische mit vollständiger Deckung zwischen Subjekt und Objekt auf, wird aber dennoch fragwürdig, weil der eigene Tod nicht erfahrbar ist. Der Tod des Anderen gehört nicht hier hin. Diese vollständige Identität betrifft nicht das gesammte Subjekt, wenn es als mehr als nur ein lebendiges Wesen betachtet wird. Immerhin verbleiben die Elemente und Moleküle originär oder verwandelt innerhalb der materiellen Welt. Damit wird der einzige völlig identische Akt von nicht- identischen Momenten eingeholt. Rilke hat davon etwas umschrieben: "Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen... Und das Totsein ist mühsam und voller Nachholn,daß man allmählich ein wenig Ewigkeit spürt.- Aber Lebendige machen alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden... Die ewige Strömung reißt durch beide Bereiche alle Alter immer mit sich und übertönt sie in beiden." Die Erfahrung des Totenreichs, das Nirvana der Inder und die Himmelfahrten zu den Göttern, dem Gott usw. sind Tröstungsversuche einer an Irrationalem erkrankten Seele, die sich daran klammert, dass mit dem Tod nicht alles vorbei sein kann. Die Weiterexistenz der Materie ist aus subjektiver Perspektive eine nicht verifizierbare Hypothese und ein Grenzeffekt der Grenzfunktionen. Weil die psychologische Selbstbefriedigung mit den Vorstellungen von dauerhafter Materie nicht widerlegbar ist, wird sie auch in Zukunft eine grosse Rolle spielen. Der starke Typus braucht sie nicht. Die Verflüssigung von emotional besetzten Begriffen, letztlich die Wandlungsfähigkeit von Stimmungen, war häufig Thema der Philosophie. Der Rat Buddhas, vom Begehren abzulassen um dem Leiden zu entgehen, ist vergleichbar dem Loslassen in der Psychoanalyse, die ebenfalls die Ver- härtungen der Emotionen lösen will. Hinter den Neurosen steht das verdinglichte Denken, in welchem Bewegung als Mittel gesehen wird, mit dem Dinge zwischen Dingen ausge- tauscht werden. Der Versuch mit einem universalen Energie- begriff die Welt zu erklären, beruht ebenfalls auf diesem Denken. Umgekehrt ist es zutreffend. Die psychologischen Beschädigungen zeigen das verkehrte Denken ebenso wie die ständig scheiternden Versuche Hochkulturen zu erhalten. Der Grundfehler der gängigen Kosmologie ist die Vertauschung von Ursache und Wirkung: Bewegte Strukturen bringen Dinge hervor nicht umgekehrt wie im Maschinenprozess, in dem Dinge Bewegungen vermitteln. Die Energie in der maschinellen Produktion bewegt Dinge im Raum nach den vorgesehenen geometrisch bescheibbaren Figuren. Die Energie kommt von aussen und bleibt dem Produkt äusserlich. Das materielle Ding im Produkt ist ohne Steuerungszentrum, es wird von aussen definiert. Im Lebensprozess treten Energien gestalt- bildend von innen her auf. Das Steuerungszentrum besteht aus Bewegungsstrukturen, die von innen her entstanden, gewachsen sind. Die materielle Gestalt im Lebewesen ist ein Produkt dieser Strukturen. Das Leben ist Erhaltung, Wachstum und Wandlung von Bewegungsstrukturen, die in den materiellen Formbildungenn sichtbar werden. Das Maschinenprodukt ist die Folge von Bewegungsstrukturen, die von äusseren Formen geprägt worden sind, und die auslaufen ohne in Verbindung zum Produkt zu verbleiben. Für das Ding sind diese Bewegungen äusserlich. Materie und Bewegung sind im Maschinenprodukt kein lebendiger Zusammenhang. Genau dies spiegelt sich im kosmologischen Weltbild wider. Der maschinenmässig inter- pretierte Kosmos verlangt einen, dem Menschen in seiner Produktion vergleichbaren Konstrukteur, der in den religiösen Vorstellungen halluziniert wird. Die menschliche Produktion ist eine Art Umkehrung der Lebensprozesse, symbolisch ein Negativbild zum Positivbild, eine Invertierung, die alle grundlegenden Kategorien erfasst. Gefährlich wird sie als Verengung des Bewusstseins, denn die Unfreiheit der Produkte schlägt als unfreies Weltbild auf seinen Urheber zurück. Die mechanisch positive Auffassung des Universums geht vom allmählichen Abbau eines ursprünglich extremen Energie- gefälles aus. Am Ende der kosmologischen Entwicklung steht demnach der Wärmetod. Das Universum ist zuletzt ein fast unendlich dünnes Vakuum ohne Aktivität. In dieses Modell eingebettet ist das biologische Geschehen in jedem Einzel- wesen ein Aufbau von Strukturen und Bündelung von Energien. Genährt werden diese Lebensprozesse unter anderem vom Abbau der Sonnenenergie. Der Wachstumsprozess ist ein dem einfachen Energiegefälle gegenläufiger Prozess. Das kosmologische Weltbild klammert die entcheidende Frage aus: wo und wann die Bündelung der ursprünglichen Energie- konzentration geschah. Die Ursachen des kosmologischen Welt- bildes liegen vor allem in der Generalisierung von Zerfalls- prozessen der nichtlebenden Objekte und der Maschinen- produktion. Die Maschine produziert mit zugeführter Energie Wandlungen an nichtlebenden Objekten. Sowohl die Produkte wie auch die Maschinen verschleissen allmählich. Es gibt in dieser Vorstellung kein Werden, kein Wachstum und nichts Neues. Die Frage stellt sich, ob es berechtigt ist, die Prinzipien des schmalen Produktionsbereichs als vorrangig und wesensbestimmend für den Kosmos zu sehen. Das im kosmologischen Weltbild ausgeklammerte Werden kommt wieder ins Weltbild herein, wenn die abgebrochenen Gedanken fort- gesetzt werden. Ohne Werden ist keine Energiekonzentration möglich. Die Bedingungen für das mechanische Weltall sind lebendige Prozesse. Die Entstehung sämtlicher Objekte, die mit den Begriffen Energie, Materie usw. identifiziert werden, hängt von ihnen ab. Die Grenzfunktionen machen Projektionsvorgänge wahrscheinlich für die Kosmologie. Deshalb ist die Inter- pretation der Entwicklung des Universums als Leben frag- würdig. Der Vorzug der Vorstellung lebensähnlicher Vorgänge im Kosmos liegt darin, dass wesentlich viel- schichtigere Strukturen berücksichtigt werden als in der mechanisch aufgefassten Kosmologie. Sollten aber wesentlich komplexer aufgebaute Strukturen im Kosmos wirken als es die organischen Lebensvorgänge sind, so wird, an ihnen gemessen, der Bereich der Organismen einfacher und als Modell der Kosmologie nicht sehr geeignet erscheinen. Die Grenzfunktionen und der Vorrang des Nichtidentischen legen genau dies nahe. Ästhetische Impulse sind Ausdruck des Werdens. Sie sind auf allen Ebenen zu finden, werden aber in der arbeitsteiligen Gesellschaft auf elementare Bereiche zurückgedrängt. Arbeit ist Weg zur Bequemlichkeit, deshalb zielt sie seit undenklichen Zeiten zur Mechanik. Automatische Produktion verschafft Freiheit von Arbeit und ästhetischen Impulsen, ist lebensfördernd und vernichtend in einem. Es sind aber vorrangig nicht die Giftstoffe und Nebenwirkungen der Produktion, die zu gefährlichen Entwicklungen führen sondern die bequeme, abwelkende Lebensart, die mit dem arbeits- teiligen Leben einhergeht. Der bürgerliche Kunstbetrieb und Kunstbegriff zeichnet das Dilemma auf: arbeitsteilige Spezial-Produkte höchster Leistungsfähigkeit und Ent- vitalisierung in Einem. Gegenwärtige Kunst will schocken und aufklären, nicht aufreizen, stimulieren oder gar extatisch befriedigen. Letzteres kann sie auch nicht, daher ist es ein Künstlerinstinkt, beim Schock zu bleiben um authentisch zu werden. Die Maschinenstürmer und Naturschützer sind dennoch auf dem Holzweg. Ihre harmonische neue Welt ist die alte kleinbürgerliche in Miniaturausführung. Wahrscheinlich vergeistigt sich die ästhetische Produktion wie alle Auseinandersetzungen und wird unsichtbar, wobei völlig offen bleibt, ob diese Entwicklung nur ein Nieder- gangssymptom bleibt oder ob daraus etwas Neues wird. Vergeistigung, Geist und Seele galten in vorwissenschaftlicher Zeit als Argument gegen die Universalität der Materie. Der im bisher dargelegte neue Gegensatz ist hingegen intermateriell. Energie und Bewegung sind nicht jenseits der materiellen Welt angesiedelt sondern sie sind diese Welt selbst verschiedener Perspektive. Bewegung betrifft beide Erscheinungsweisen: Energie ebenso wie Materie. Bewegte Strukturen sind überall zu finden. Man könnte Bewegung auch als Zeitstruktur beschreiben. Hier wird der Versuch unternommen, in den bewegten Strukturen den Motor des Universums zu sehen, der sich in der Welt von Energie und Materie realisiert. Diese Bewegungen können nur indirekt erschlossen werden. Sie sind selbst zum grossen Teil die Welt des Nichtidentischen. Im Gegensatz zu den Vor- stellungen von Geistern und Göttern werden diese Strukturen nicht als etwas aufgefasst, was jenseits von Materie und Energie existiert sondern, was mit ihnen eins ist und aus den Bedingungen der subjektiven Perspektive entsteht. Der Versuch Bewegung oder in anderer Variante, Werden zu beschreiben, stösst auf mehrere Hindernisse, die in der objektiven Perspektive begründet sind: Nach gängiger Vorstellung werden materielle Dinge bewegt durch ihnen innewohnende oder von außen herangebrachte Energien. Die Figuren ihrer Veränderungen werden demnach von Gesetzen bestimmt die irgendwo begründet sind, aber keinen definitiven Ort im Raum haben. Der Grund dieser objektiven Perspektive liegt in der Bewältigung des Lebens und der Selbstdefinition des Subjekts, was ein und daselbe ist. Daher sind alle im gängigen Weltbild gefassten Modelle znächst Projektionen des Subjekts und Werkzeug zum Leben. Die objektive Perspektive ist Teil einer sich nicht selbst erkennenden subjektiven Perspektive. Diese Projektionen versperren den Blick auf das Werden und die Bewegungen. Die erste Grenzfunktion läßt es fast als aussichtslos erscheinen, dieser Beschränkung zu entgehen. Die gesammte Geschichte der Religionen und Wissenschaften zeigt diese Beschränkung. Wenn die Hypothese zutrifft, dass es außerhalb des Subjekts mehr gibt als das Subjekt, so wird es in den, dem Subjekt nicht ohne Weiteres zugänglichen Breichen liegen: Nichtidentisches, Werden, Bewegung. Während das physikalische Weltbild den Abbau von Energie- gefällen und den Zerfall von Objekten erklärt, könnten Bewegungs - und Werdensmodelle die Energieentstehung und ihre aufbauenden Strukturen beschreiben. Allerdings würden auch dann die Grenzfunktionen wirksam, das heißt die Modelle sind zum Nichtidentischen hin aufbrechend. Erkenntnis findet seine Grenze in der objektiven Perspektive. Unter anderem ist dies sichtbar in der Definition der Objekt- welt. Sie gilt als weitgehend unbelebt, das heisst verfügbar für subjektive Tätigkeit. Ohne diese Anfangshypothese, die längst in den Instinkten verankert ist und nicht erst bewusst werden muss, gelänge kein Eingriff ins Objekt. Die aus diesen Eingriffen resultierenden Ergebnisse sind oft gefährlich und unberechenbar. Sie haben erneute Eingriffe zur Folge, sodass die Welt der Subjekte irgendwohin driftet ohne dass es besonders auffiele. Tiere gehen zugrunde ohne zu wisssen warum. Dies nicht nur, weil sie zu Über- oder Unter- bevölkerung sich entwickeln sondern auch innersubjektiv erschlaffen, erkranken, degenerieren ohne zu ahnen wieso. Leben ist ähnlich dem Drogenkonsm, es belohnt mit Reizen alle denkbaren Extreme, Schädliches ebenso wie Nützliches, ohne dass Instanzen da wären, die nützlich und schädlich- in moralischer Wendung: gut und böse, unterscheiden könnten. Dieser Mangel hat zur Intelligenz und zuletzt zur Philosophie geführt. Für Nietzsche war es das zentrale Thema. Die Grenze des Objekts zu seiner Umgebung erscheint dicht. Aber die Analysen der Naturwissenschaften zeigen dennoch Übergänge. So sind die Abstrahlungen und die Energieaufnahme der Objekte, ihre Bewegungen im Raum, ihre relative geometrische Instabilität und ihre nur begrenzte Haltbarkeit in der Zeitstrecke Fragezeichen und Hinweise auf Undichtheit der Grenze. Vom Subjekt gilt dies in erhöhtem Masse. Einmal kann das Subjekt sich nicht völlig als Objekt erfahren, sodass die Dichte der Grenze von Objekten nicht auf das Subjekt übertragbar ist, zum andern ist die subjektive Perspektive für das Subjekt existenziell, es muß sich als absolut erfahren um Mittelpunkt für sich zu sein. Dass dies nur selten gelingt, verweist darauf, dass die Reste des Mittel- punktseins immerhin zum Überleben der meisten ausreichen. Dies gilt gewiss auch für Tiere, möglicherweise für alle lebendigen Aggregate bis hinab zu den vermuteten lebens- ähnlichen Strukturen der außerorganischen Bereiche. In der Regel des mittleren statistischen Tageslebens der Menschen reicht die Dichtigkeit der Grenze aus um im Lebens- strom einigermassen von Generation zu Generation zu kommen. Erkenntnistheoretisch reicht dieses Ungefähr nicht aus. Vielmehr könnten Zusammenhänge bestehen zwischen Dichtigkeit der Grenze, Aufweichung des Mittelspunktgefühl und der Fruchtbarkeit der Linien. Ich vermute, dass Dichtigkeit der Grenze und Mittelpunkts- dichte in Zusammenhang stehen, sodass die Erfahrung der Objekte als kalkulierbare Lebenselemente in dem Masse erfolg- reich ist, in dem zugleich am Gegenpol der Mittelpunkt des Subjekts sich bündelt. Diese Polarität ist allerdings bezüglich des Bewusstseins zweifach denkbar. Sie könnte streng konventionell, fast un- bewusst verlaufen, wie dies am Tier möglicherweise zu finden ist: Es ist ganz hier und nur sich selbst und findet streng von ihm definierte Objekte dort. Die Entwivklung der Wissenschaften weist in eine andere Richtung: DasSubjekt ist hier in einer sich verlierenden Dichte, es zweifelt und findet dort Objekte vor in relativ- istischen Strukturen. Interessant ist das Bewusstsein der subjektiven Grenze, die im positivistischen Weltbild das Subjekt in sich aufhebt und eine völlig geregelte Objektivität als Welt gelten lässt. Das Todesbewusstsein ist das oberste Gebilde dieser Weltauf- fasssung. Es findet sich früh bei Epikur formuliert: Wenn Du bist, ist der Tod nicht, wo der Tod ist, bist du nicht. Was tröstend gemeint war, ist in letzter Konsequenz die Auf- lösung des Subjekts in Objektivität, die sich in Form absoluter Dichtigkeit darstellt und erscheint. Grenze mit dieser Dichte führt zum Abbruch der Vermittlung und zur Auflösung der Kohärenz der Welt und macht damit das Subjekt absurd. Das Paradoxon zwischen subjektiver und objektiver Persektive ist so zugunsten des Objekt gelöst. Dies ist eine nicht tragfähige Konstruktion, was häufig zur Gegenwehr in Gestalt der Reaktivierung alter religiöser Vorstellungen führt, ein Weg der an dem Stand der Erkenntnis vorbei ins vorgeschichtliche Denken führt. Erkenntnis- theoretisch ist es wertlos. Die Dichtigkeit findet seine Grenze an der subjektiven Perspektive, die nicht in die objektive aufgelöst werden kann, denn der Tod des Erkennenden ist für die anderen nur ein objektiver Prozess und berührt die subjektive Perspektive nicht. Das Subjekt existiert für sich endlos. Da Erkenntnis nur von Lebenden erfahren wird, ist das Ende des Bewußstsein der Menschen zwar objektiv projeziert unausweichlich aber nur objektiv, weil eben dies nur Subjekte denken, und nur solange sie denken auch ein Ende des Bewusstseins gedacht werden kann, das heisst die Auflösung der subjektiven Perspektive bleibt unwirklich. Das Nichtidentische wird hier besonders deutlich, denn die absolute Dichte der Grenze wäre das mathematische a=a, absolute Identität. Dies würde zum Paradox des Epikuräischen Todes führen, also zur Nichtsschwelle und damit zum a # a. Die mit Nichtidentischem aufgelöste Dichte führte sofort zum a # a. (a ungleich a)In beiden Fällen behielte der unmittelbare Augenblick Oberhand, also die subjektive Perspektive. Diese selbst löst sich auf ins Paradoxon der Subjekt-Objekt Polarität: das Nichtidentische setzt sich durch. Die subjektive Perspektive zeigt das optimal Identische, denn nichts Objektives kann so gewiss sein wie das Ich im Augen- blick. Aber es ist zugleich sich selbst unerkennbar und bewegt, also hochgradig nichtidentisch. Die Grenze ist daher nicht dicht. Dies ist auch objektiv zu sehen: Das Bewusst- sein ragt hinab in die nichtbewussten Bereiche und von dort in die organische Basis. Möglicherweise gibt es Verbindungen zur Molekularebene, die Gedächtnismoleküle weisen in diese Richtung. Man weiss nicht, ob die indische Philosophie etwas Gültiges gefunden hatte in der Vorstellung eines kosmischen Bewusstseins. Dagegen spricht die Stellung des Kohärenten, welches möglicherweise eine innersubjektive Konstruktion ist und im Universum nicht existiert. Die Nichtdichtigkeit der Grenze führt wiederum zum Paradoxon: Das Nichtidentische weist zur Nichtdichte und zugleich zur Kohärenz, die als Folge von Vermittlungen produziert wird. In ihr sind Identisches und Nichtidentisches ineinander. Lebewesen unterscheiden sich nach konventioneller Auffassung dadurch von unbelebter Materie, dass sie sich selbst steuern können und die Ergebnisse ihrer Eingriffe in Objekte durch Assimilation und Selbstveränderung variieren können. Die naturwissenschaftliche Spekulation versuchte zwar im neun- zehnten Jahrhundert diese Variationen in determinierte Strukturen einzuziehen, aber es verlief letztlich ungekehrt, der Determinismus wurde in die Unschärfe und Wahrscheinlich- keitsrechnung eingezogen. Weil die Zerstrahlung jeglicher Bündelung zum Nichtidentischen hin immer deutliche wird, stellt sich die Frage, wie die Konstruktion der Welt überhaupt möglich sein kann, wenn man sie determinitisch, mechanisch und von mysteriösen Naturgesetzen gelenkt be- greifen will. Naheliegend ist, dass die glättenden Bewegungen der Subjekte, also die Bildung von Wiederholungen und Identität auch im Objektiven gelten. Es existieren daher nur Subjekte, die sich selbst steuern. Sie finden sich vor einmal in sogenannt leblosen Anhäufungen, die aus kleineren Subjekten zusammengesetzt sind, und zum andern als Subjekte die selbst aus Subjekten aufgebaut sind. Dieses Bild entspricht zugleich den Grenzfunktionen und ist daher möglicherweise nur und ausschließlich subjektive Projektion. In diesem Falle blieben entweder die Objekte unerkennbar oder aber Projektionen, die ein und dasselbe sind wie die Objekte. In diesem letzteren Fall wäre der Kosmos das Ich. Der Kohärenzzusammenhang der Welt und die Annahme des Nichtidentischen sind einander widersprechende und sich teils neutralisierende Konstrukte Sie sind das grosse Paradoxon der Existenz. Jede menschliche Tätigkeit, auch das Denken und das stille nur in sich leben wie im Schlaf, ist Produktion eines Dritten, welches dem betrachtenden Bewusstsein in drei Teile zerfällt: Das Objekt, das Subjekt und das unerkenn- bare Nichtidentische. Dieses durchzieht Objekt und Subjekt. Das Subjekt versucht diese Prozesse, - denn Objekt und Subjekt sind Prozesse,- zu begreifen, zu glätten und zu wiederholen. Es versucht permanent eine, bildlich gesagt, ausstrahlene Kugel oder einen auseinander fliessenden Strom kontrollierbar zu halten. Es gelingt ihm offenbar durch Ausdehnung und Wachstum. Dies dürfte der zentrale Prozess sein, der in allem gilt, in den Elementarbausteinen, den Atomen, Molekülen, Lebewesen, kosmischen Objekten und im ganzen Universum. Querverbindungen zwischen den auseinander driftenden Strahlenspitzen könnte die sich ausdehnende Kugel in einer Organisation zusammenhalten. Materielle Brücken scheiden aus, Energiefelder kämen in Frage. Möglich wäre auch eine simultane Produktion. Man sieht eine Struktur und produziert ein verkleinertes Modell im Gehirn. Dies immer weiter ins Mikrokosmische gedacht. Es gäbe dann neben dem Wachstum ins Grosse eine ins Kleine. Die Lebewesen zeigen Ansätze dazu. Sie wachsen ins Grosse und sind strukturiert im Kleinen, den Chromosomen. Weil keine Abbilder der Welt im Gehirn möglich sind, ist der Begriff einer simultanen Produktion nicht als Produktion verkleinerter Modelle zu begreifen sondern als eine bestimmte Produktion, die zu bestimmten aber völlig vom Original ver- schiedenen Produkten führt. Diese sehen aus wie simultane Produkte und können als simultane Prozesse interpretiert werden. Aber sie sind ein Funktionszusammenhang ohne gleiche Teile. Sichtbar ist dies daran, dass innerhalb der Steuerungs- zentren der Lebewesen kein Modell oder Abbild zweimal auf- taucht. Die Chromosen und ihr Leseprozess sind nicht in größeren Strukturen noch einmal zu finden. Ebenso wird es im Gehirn keine zweite Umwelt geben, die als Spiegelbild der ersten entstehen würde. Der von Sartre in den Mittelpunkt gerückte Begriff des Absurden findet vor der sprachlichen Form seine Grundlage in kindlichen Erfahrungen. Dem kindlichen Bewusstsein ist der Zusammenhang der Welt noch ungewiss. Die Gegenstände seiner Welt stehen unverbunden nebeneinander und die Beziehungen untereinander erstaunen es. Der Erwachsene kann Derartiges erleben, wenn er fremde Gesichter sieht und sich wundert über das Nebeneinander vertrauter und unverständ- licher Elemente im Gesicht und der Mimik des Fremden. Der Kohärenzzusammenhang sowohl der Welt wie auch des Ichs könnte eine gigantische Täuschung sein hinter der nur das Modell einer Strahlenkugel gedacht werden kann, deren Elemente auseinander treiben und deren Zentrum etwas völlig Ungewisses ist, welches wie in einer Invertierung im Subjekt aus weiss schwarz macht, aus Unbestimmtem Bestimmtes. Dieses Gedankenbild verlangt nach einer Tätigkeit, einem Tun und Täter, der kaum anders denn als Ich verstanden werden kann. Jedes nach aussen verlagerte Zentrum ist weiter weg und unwahrscheinlicher. Diese Welt von aussen gesehen wäre eine Strahlenkugel, die in sich selbst neue hervorbringt und diese wieder neue, ins Kleinere und Kleinste, ins Grössere und Grösste gehend. Und jede fühlt sich wie alle umfassend, als Täter und Mittelpunkt der Welt in einem. Diese Welt von ausserhalb jeden Zusammenhanges gesehen wäre nahe am Alles und Nichts, - und würde selbst dieser Verallgemeinerung entgleiten. Die Möglichkeit einer ja nein Entscheidung kann im Modell der Invertierung einer Form, als positiver und negativer Abdruck der Gestalt dargestellt werden. Wenn die Lebensprozesse universal gültig sind, ergeben sich kaum übersehbare Möglich- keiten von Invertierungen auf allen mikro- und makro- kosmischen Ebenen. Die Eingriffsmöglchkeiten komplexer Strukturen in einfachere kleinere und umgekehrt in noch komplexere grössere Gebilde gilt im genannten Fall universaler Lebensprozese ebenfalls universal. Invertierungen und Eingriffe könnten zu Werkzeugen der Analyse geformt werden. Die Undurchdringlichkeit der Vermittlungen würde vielleicht etwas mehr erhellt, als es zur Zeit möglich ist. Leibnitzens Monaden, die in sich die P1erzeptionen des ganzen Univrsums enthalten, sind ein vielleicht tragfähiges Modell für den Produktionsprozess. Eine Kugel produziert in sich neue Kugeln, diese wiederum tun das gleiche. Während dieser Produktion lösen sich die grösseren älteren Kugeln auf. Alle aber dehnen sich beständig aus, sodass die älteren wieder den Raum der abgestorbenen einnehmen. Im Gleichgewichtszustand dieses Modells bleiben die Zahl der Kugeln innerhalb einer Schwankungsbreite im Mittel konstant, der von ihnen ausgefüllte Raum bleibt auch innerhalb einer Schwankungs- breite im Mittel gleich gross. Die Generationenfolge bliebe auch gleichlang. Jede Kugel enthält eine ganze Welt, in der jeweils die anderen enthalten zu sein scheinen. Die Produktion der anden Kugeln in der einen, die hier als Subjekt betrachtet wird, ist aber nur scheinbar. Die Kugel löst sich auf und findet sich zugleich in einer neuen wieder, die wieder alle Kugeln zu enthalten scheint. Jeder Vermitt- lungsakt erzeugt eine neue Kugel mit dem gerade geschehenen Schritt zerfällt, und wieder eine neue erzeugt usw. Das heisst es gibt nur Geburtsakte, die als Geschehen in einer Welt bestehend aus Subjekt und Objekt erscheinen. Das äussere Geschehen wäre ein Schein. Es geschieht alles nur innen. Ob aber dies nur in einer einzigen Kugel geschieht, wie die subjektive Perspektive verlangt, oder in vielen, bleibt zunächst offen. Implosion und Explosion geschehen bildlich zugleich, sodass immer kleinere Kugeln und zugleich immer grössere entstehen. Die Organismen zeigen diese Struktur: Sie entwickeln immer größere Zellverbände und immer kleinere Strukturen in den Zellkernen. Dieses Modell enthält allerdings eine unzulässige Quantifizierung. Es gibt keine gleichen Kugeln. Ein anderes Bild: Zwei Menschen nehmen sich wahr. Jeder erzeugt ein Modellbild des anderen in sich, welches vom anderen abweicht. Das Gesammtbild. welches er daraus bildet, ändert sich ständig. Aber es ist keine Veränderung der Objekte, sondern er produziert eine Welt, die sogleich wieder durch eine Neuproduktion abgelöst wird. Die Neuproduktion liegt innerhalb der davorliegenden und außerhalb. Das heisst, dieses Modell der Welt wird vervielfältigt in eine neue grössere und eine neue kleinere Struktur. Die Annahme einer Konstanz wird mitproduziert, aus Ungleichem wird Gleiches gesetzt. Die Anpassung der differierenden Modelle wird in neuen über- geordneten Modellen scheinbar geglättet. Eine solche Pro- duktion bringt zwangsläufig Vermehrungen und Expansionen in allen Richtungen und Dimensionen hervor. Wenn die Welt sich physikalisch ausdehnt, so wäre dies dafür ein Indiz. Wachstum ist ebenfalls ein Indiz. Wäre es universal, so würden auch Energie und Materie zunehmen. Das Enthropiemodell wäre unzutreffend. Abnormes Verhalten wird im Volksmund damit kommentiert, dass einer nicht ganz dicht ist. Darin steckt eine Ahnung von Zusammenhängen im Kopf, die nicht begriffen werden, von denen man aber etwas spürt derart, dass die Grenzen der Persönlich- keit wie undicht erscheinen. Nichtdichtigkeit ist ein Paradoxon, welches aus dem Vorrang des Nichtidentischen her- rührt und mit Nichtdichtheit der Grenze beschrieben werden kann. In einem durch und durch belebten Kosmos verhalten sich die ausserhalb des Subjekts gelegenen Objekte nicht passiv sondern ragen mit ihren aktiven Elementen ins Nichtidentische hinein. Dort entfalten sie Wirkungen, die als absurd erscheinende das Subjekt beeinflussen. Nichtdichtigkeit bedeutet Verschränkung zunächst getrennter Gestalten, genauer sind es eigentlich bewegte Strukturen die sich ver- schränken. Dieses Modell kann an den Perversionen illustriert werden. Die Welt verläuft nicht in den Bahnen der definitor- ischen Vorstellungen und Modellen. Die Einsicht in die Welt elektromagnetischer Felder und Wellen hat darüber belehrt, wieviel im Unsichtbaren zunächst nicht definierbarer Bereiche möglich ist. Mit dem Weltbild der theoretischen Physik enden die Überraschungen aber nicht. Weil jede Aktivität mit dem Subjekt sich vermittelt, werden sowohl vom Nichtidentischen der Objektseite her wie auch aus dem Subjekt kommend sich Prozesse entfalten, die zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt und nicht einmal denkbar sind. Überraschungen sind Ausdruck ästhetischer Ereignisse und kreativer Impulse, die zum Elementaren des Universums gehören. Sie sind in jedem Falle tiefer und notwendiger als die positivistischen Modelle. Leben ist ohne Technik, Physik und Verdinglichung denkbar, aber nicht ohne ästhetische Höhepunkte. Eine durch und durch auf Mechanik, Physik und Elektrik fixierte Epoche wie die heutige, hat ihre Probleme damit. ---------